Leitartikel

„Liebens- und lebenswert“

Liebens- und lebenswert

Liebens- und lebenswert

Nordschleswig/Sønderjylland
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Im dänischen Fernsehen wird in Serien und Filmen ein falsches Bild der Provinz – darunter Nordschleswig – gezeichnet, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Wie ist es, in Dänemark in der Provinz zu leben? Ganz gut, oder? Wir haben in Nordschleswig eine wunderbare Natur, die Häuser sind günstig, wir haben eine spannende Geschichte, aktive Handelsstädte, gute Berufsmöglichkeiten (sogar in internationalen Konzernen) und ein reiches Kulturangebot. Wir haben alles, was wir brauchen – und teilen es gerne mit anderen. Wer derzeit allerdings dänisch produzierte Filme und Serien sieht, muss sich Fragen, ob das Selbstbild und die Selbsteinschätzung täuschen.

Wir haben mit „Fred til lands" (sonntags zur besten Sendezeit ausgestrahlt) gerade eine Provinz-herablassende-Serie (aus Fünen) hinter uns, da läuft schon der nächste Film über die dänischen Fernseher mit der eindeutigen Botschaft, Nordschleswig sei ein sozial belastetes und kulturarmes Randgebiet.

In „Hjælp, vildsvinene kommer" – „Hilfe, die Wildschweine kommen" – geht es eigentlich um den Wildschweinzaun. Tut es auch (und der Teil ist ganz gut gemacht), doch nebenbei scheinen die Fernsehmacher auch ein sozialrealistisches Projekt verwirklichen zu wollen, indem sie das Leben auf einem Campingplatz stereotypisch beschreiben.

Warum besucht das Filmteam eigentlich nicht das „reiche" Kollund und spricht mit den Leuten dort? Ohne Dosenbier in der Hand, Plastikstühlen und zu kurzen T-Shirts. Diese Menschen hätten genauso wenig mit dem Wildschweinzaun zu tun wie die Campinggäste. Und warum werden die tristen Bilder mit ebenso trister Western-Atmosphäre-Musik hinterlegt, als wären wir in der Wüste.  

Wer macht den Film über die vielen positiven Menschen im Landesteil, über Nordschleswigs einzigartige Natur, über unsere Erfolge, das positive Zusammenleben zwischen Mehrheit und Minderheit, über unsere besondere Kultur – über all das, was Nordschleswig lebens- und liebenswert macht?

Bis dahin muss ich mit der Sendung „Hammerslag" vorliebnehmen bei dem Makler die Immobilienpreise raten müssen. Die zeigen zumindest eine andere Wirklichkeit, nämlich, dass man im Süden Dänemarks – und in anderen Provinzgegenden – viel mehr für sein Geld bekommt, als in den überteuerten, größeren Städten. Und schließlich gibt es auch hier Spezialbier, Cocktails und Luxus-Kaffee – nur zum halben Preis. Das ist eine gute Geschichte aus dem wirklichen Leben. Wildschweine hin oder her.  

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