Leitartikel

„Langsamer als das Tempolimit erlaubt“

Langsamer als das Tempolimit erlaubt

Langsamer als das Tempolimit erlaubt

Apenrade/Aabenraa
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Es gibt viele Gründe vom Gas zu gehen: Der eigene Geldbeutel, mehr Sicherheit im Straßenverkehr und der Klimaschutz. Beim Autofahren das Klima schützen? In ihrem Leitartikel denkt Journalistin Kerrin Trautmann darüber nach, wie das funktionieren könnte und fragt sich, warum Deutschland noch nicht auf diese Idee gekommen ist.

In den vergangenen Jahren sind die Fahrerinnen und Fahrer auf der Autobahn in Dänemark mit 120,7 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen, in Deutschland lag die Geschwindigkeit im Schnitt bei 124,7 Kilometer pro Stunde.

Obwohl es in Dänemark im Gegensatz zu Deutschland ein Tempolimit von 130 gibt, sind es nur 4 km/h Unterschied. Die Differenz hat sich im vergangenen Jahr allerdings vergrößert. Nicht weil die Deutschen gemerkt haben, dass das Schnellfahren das Einzige ist, was ihnen noch nicht verboten wurde und jetzt richtig aufs Gas drücken, sondern weil die Bürgerinnen und Bürger in Dänemark langsamer fahren als sie dürften.

Wegen der steigenden Preise für Diesel und Benzin haben die dänischen Autofahrerinnen und Autofahrer im vergangenen Jahr das Tempo auf Autobahnen gedrosselt. Dies geht aus dem Geschwindigkeitsbarometer der Verkehrsbehörde hervor.

Demnach wurde trotz der geltenden Tempolimits von 110 und 130 Kilometern pro Stunde eine langsamere Durchschnittsgeschwindigkeit von 111,6 (2019: 113,6) und 118,5 (2019: 120,7) km/h gemessen.

Tempolimit hat höheren Effekt auf das Klima als gedacht

Während die Menschen in Dänemark in erster Linie Geld sparen wollen, kann sich die deutsche Politik nicht zu einem Tempolimit durchringen. Dabei haben neue Untersuchungen ergeben, dass das Drosseln der Geschwindigkeit einen größeren Effekt auf das Klima hat als bisher angenommen. Allein auf den dänischen Autobahnen haben die Menschen laut Berechnungen durch ihre angepasste Fahrweise im Vergleich zu 2019 rund 41.000 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht dem Ausstoß von 19.000 Autos.

Eine Studie des Umweltbundesamtes zeigt übereinstimmend: Wird die Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde auf deutschen Autobahnen begrenzt, können jährlich rund 6,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Die 2,6 Millionen Tonnen, von denen zuvor die Rede war, reichten der deutschen Politik nicht als Begründung aus. Ein zusätzliches Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf den Landstraßen würde der Studie zufolge das Einsparpotenzial auf acht Millionen Tonnen erhöhen.

Wie der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, gegenüber der „Tagesschau“ zugibt, lösen die möglichen Einsparungen nicht die Klimaherausforderungen im Verkehr, „aber sie sind auch keine Kleinigkeit.“ Zwar wird zurzeit um jedes Grad Raumtemperatur gekämpft, aber die eingangs erwähnten 4 Kilometer Geschwindigkeit mehr scheinen in Deutschland unverzichtbar zu sein.

30 Prozent der deutschen Autobahnstrecken verfügen heute bereits über ein permanentes Tempolimit. Wann die deutsche Politik ausgerechnet haben wird, dass es sich auch auf den übrigen Straßen lohnen wird, bleibt ungewiss. Bis dahin müssen die Autofahrerinnen und Autofahrer wie in Dänemark selbst vom Gas gehen. Wer will in Zukunft nicht gerne als Klimaschützerin statt als lahme Ente betrachtet werden, wenn man ganz entspannt auf der rechten Spur Benzin spart?

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