Leitartikel

„Kultur als Flatrate“

Kultur als Flatrate

Kultur als Flatrate

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Cornelius von Tiedemann meint, dass dem „Museum Sønderjylland“ mit dem neuen Mitgliedschafts-Modell ein großer Wurf gelungen sein könnte.

Das Museum Sønderjylland, das mit seinen zehn Museen in Nordschleswig den wichtigsten Teil der Museumslandschaft hier im Landesteil ausmacht, bietet jetzt allen, die für 300 Kronen Jahresbeitrag Mitglied werden, freien Eintritt an – immer und überall.

Die Statistik zeigt: Wenn der Eintritt ins Museum nichts kostet, kommen mehr. Seit das Nationalmuseum zum Beispiel 2016 wieder Eintritt verlangt, ist die Besucherzahl zurückgegangen – wenn auch nicht in als wirklich dramatisch zu bezeichnendem Ausmaß. Zugleich hat das Museum hunderttausende Male Eintritt kassiert. Und: Jugendliche und Kinder kommen noch immer kostenlos ins Museum.

Mit der „Flatrate“, die das Museum Sønderjylland nun einführt, geht es einen dritten Weg. Und es klingt eigentlich ganz schlau, können so doch viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Es kommt Geld in die Kassen, das da ist und nicht so sehr von Erfolg und Misserfolg einzelner Ausstellungen abhängt. Es gibt den neuen Mitgliedern das Gefühl, etwas quasi gratis zu bekommen – und doch die Kultur zu fördern. Es ist ein hervorragendes Geschenk. Und es verankert den Museumsbetrieb mehr bei den Bürgern, die sich als Mitglied einer Institution natürlich viel verbundener fühlen denn als zahlender Gast.

Noch liegen die Besucherzahlen für 2019 nicht vor, im vergangenen Jahr waren sie für das Museum Sønderjylland leicht angestiegen – nach allerdings teils enttäuschenden Vorjahren. Sollten die Menschen ausgerechnet im „kulturellen Freundschaftsjahr 2020“ nicht in die Museen hier im Landesteil stömen, wäre das als dramatisch zu bezeichnen. Das neue Eintrittsmodell ausgerechnet im Vorfeld eines so ereignisreichen Jahres zu testen, klingt gewagt. Doch vielleicht spekuliert die Museumsleitung auf das Weihnachtsgeschäft, und das ist gar nicht so dumm.

Worauf, neben einer ausgeklügelt kalkulierten Geschäftsstrategie, allerdings auch, besonders 2020, geachtet werden sollte, ist die Außendarstellung. So, wie das „Historiecenter Dybbøl Banke“ (das nicht zum Museum Sønderjylland gehört!) gerade für sich wirbt, sollte es jedenfalls nicht gemacht werden. In den Anzeigen und auf der Internetseite ist eine blonde Familie mit Kind und Kleinkind zu sehen, die sich staunend und lachend auf dem Schlachtfeld von 1864 umsieht – im Vordergrund ein toter oder schwerverletzter Soldat liegend, den blutigen Kopf an ein Kanonenrad gelehnt. Wünschen wir den Kollegen vom Museum Sønderjylland bei der Außendarstellung ein besseres Händchen für 2020. Schließlich ist es ein sensibles Thema, schließlich gilt es, den Frieden zu feiern und das Nationale nicht unnötig überzubetonen.

Also, auch wenn die „Flatrate“ eine möglicherweise brillante Idee ist, Besucher an sich zu binden, sind es doch die Ausstellungen und ihre Qualität, die über kurz oder lang entscheiden, ob die Menschen wiederkehren und den Museumsbesuch anderen empfehlen. Das Beispiel des Deutschen Museums, das gerade in Sonderburg neu entsteht, zeigt, wie viel Kreativität und Fachlichkeit vonnöten sind, um ein zeitgemäßes, ja vielleicht sogar zukunftsweisendes Museum zu gestalten. Wir warten gespannt – und gehen solange mit der „Flatrate“ in die tollen dänischen Museen im Landesteil!

Mehr lesen

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Hurra, der Kindersegen ist ausgeblieben!“
Amelie Petry, Wencke Andresen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Mit 18 nach Brüssel und die Trophäe aus Barcelona

Apenrade/Aabenraa Cornelius von Tiedemann begrüßt die Politik-Juniorinnen Amelie Petry und Wencke Andresen, die ihm von ihrer Reise nach Brüssel berichten – und Chefredakteur Gwyn Nissen, der aus Katalonien eine Überraschung mitgebracht hat. Walter Turnowsky befragt die Glaskugel nach dem Termin für die nächste Folketingswahl, und Helge Möller fordert Hannah Dobiaschowski in „Wer hat’s gesagt?“ heraus.