Leitartikel

Kopenhagener Sichtweite

Kopenhagener Sichtweite

Kopenhagener Sichtweite

Peter Lassen
Peter Lassen Hauptredaktion
Apenrade/Aabenraa
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Foto: Archivbild: DN

Für Nordschleswiger-Redakteur Peter Lassen steht fest: Es gibt ein gutes Leben außerhalb von Kopenhagen. Dies werde den Menschen im Land auch immer bewusster.

Es wird viel darüber geredet, dass die Politik wesentlich mehr tun muss, um das Leben im ganzen Land so attraktiv zu gestalten wie irgend möglich. Sprich: Man muss insbesondere mehr für die Randgebiete in der tiefen Provinz tun, damit diese nicht ganz entvölkert werden. Die aktuelle Regierung hat schon ein wenig getan, um u. a. über die Ausflaggung  staatlicher Jobs mehr als nur ein Signal zu setzen.

Aber kaum läuft so etwas, da wird die starke Kopenhagener Lobby aktiv und fordert, man dürfe die Hauptstadt als Kraftzentrum des Landes nicht (noch mehr) schwächen etc. etc. Das ist insbesondere für führende Politiker, die auf Nyhavn oder in Ballerup wohnen, ein schwerer Balancegang, wenn man sowohl hier als auch dort Wähler holen und behalten will.  Die Politiker haben dann auch nicht viel bewirkt in den letzten Jahren. Aber womöglich kommt eine positive Entwicklung für das „Leben am Rande“ fast von allein – wenn man der ansonsten doch sehr auf Kopenhagen und auf das sozialliberale Café-, Beamten- und Kulturmilieu ausgerichteten Tageszeitung Politiken glauben darf. Unter der Überschrift, „Dänemark ist groß“ stellte die frühere radikale Zeitung vom Kopenhagener Rathausplatz im Leitartikel auf der Seite 1 bahnbrechend fest:  „Es gibt eine Welt außerhalb der Großstädte.“

Ja, aller Anfang ist schwer. Aber das ist doch schon mal eine Aussage, die man da nicht so erwartet hatte als „Würstchen vom Lande“. Politiken stellt fest, dass Kopenhagen jahrelang die große Attraktion gewesen sei.Wie andere kräftig urbanisierte Regionen im Lande habe die Stadt Leute quasi angesogen. Aber es scheine, dass diese Tendenz sich nun ändere, zumal im letzten Jahr mehr den Raum Kopenhagen verlassen hätten, als es Zuzügler gegeben habe. Das liege natürlich auch an der Wohnungssituation.

Aber Politiken sieht als Grund auch, dass viele die Lebensqualität außerhalb der Stadt aktiv hinzugewählt haben. Und man könne sich darüber wundern, dass nicht weit mehr  viel früher die Augen auf bekommen hätten für die „fantastischen Möglichkeiten“.

Und habe man kollektivistische Träume, müssten diese für eine große Mehrheit außerhalb der großen Städte mit den teuren Quadratmetern realisiert werden.
Gut gebrüllt, Politiken. Das Kopenhagener Blatt meint zudem, dass Dänemark ein so, kleines Land ist, dass man nicht von Randgebieten sprechen könne oder sollte.
Die nächste Phase des Wohlfahrtsstaates müsse die Rückeroberung von Leben und Land in allen Regionen sein, die nur darauf warten, ernst genommen zu werden – in einem digitalisierten Zeitalter, wo Arbeit nicht an feste Adressen gebunden sei.

Man kann der Kopenhagener Sichtweite nur beipflichten: Das erfordert visionäre Lokal- und Landespolitiker – aber insbesondere Bürger und „Graswurzeln“, die   handeln.

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