Leitartikel

„Kommunalpolitische Wirklichkeit“

Kommunalpolitische Wirklichkeit

Kommunalpolitische Wirklichkeit

Apenrade/Aabenraa
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Nordschleswiger-Redakteur Volker Heesch kommentiert die Herausforderungen für die Kommunalpolitik angesichts der Rückkehr Dänemarks aus dem Corona-Ausnahmezustand.

Während der vergangenen Wochen hat die Kommunalpolitik im Rahmen von Video-Stadtratssitzungen und Ausschussberatungen nach dem lähmenden Stillstand aufgrund der Anti-Corona-Anordnungen der dänischen Regierung vor zwei Monaten wieder etwas Fahrt aufgenommen.

Während die ersten Wochen ganz im Zeichen von Krisenmanagement der Regierungsspitze und staatlichen Gesundheitsbehörden standen, ist seit dem Wiederanfahren des gesellschaftlichen Lebens besonders stark das dezentrale Element der Kommunen und Ausbildungsstätten wieder gefragt, denen es durch das Engagement von Verwaltungen und vor allem der Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher durchweg gelungen ist, Unterricht und Betreuung der Kinder wieder anlaufen zu lassen. In den kommenden Tagen und Wochen werden viele weitere Einrichtungen wieder in Betrieb gehen.

Über Wochen standen in der Hauptstadt Krisenmanagerinnen und -manager im Mittelpunkt der Corona-Berichterstattung, die die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie verkaufen mussten. Doch bei allem Respekt vor den Spitzenpolitikern sollte nicht vergessen werden, dass die überwiegende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern durch Einhaltung der Vorschriften den bisher günstigen Verlauf der Corona-Pandemie in Dänemark ermöglicht hat.

Und damit ist nicht gesagt, dass alle Maßnahmen des Krisenmanagements richtig waren oder sind. So zeigen Blicke in die statistischen Daten den staatlichen Serum Instituts, dass innerhalb Dänemarks sehr starke regionale Unterschiede hinsichtlich der Zahl von Infektionen mit dem Corona-Virus Covid 19 zu beobachten sind.

Viele Anti-Virus-Maßnahmen sind für betroffene Menschen wie Bewohner von Pflegezentren mit großen Härten verbunden. Vor diesem Hintergrund könnten längst in Kommunen mit teilweise verschwindend geringen Corona-Infektionszahlen dezentrale Lockerungen, was die Wiederöffnung von Einrichtungen angeht, ermöglicht werden. Gerade das Agieren der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Eltern im Bereich von Schulen und Kindergärten zeigt schließlich, dass man sehr umsichtig und mit Bewusstsein für Sicherheitsmaßnahmen zu Handeln in der Lage ist – so wie in den vielen systemrelevanten Bereichen, die seit Beginn der Coronakrise weiterarbeiten mussten.

Nach zwei Monaten Coronakrise geht es darum, sich wieder ganz der kommunalpolitischen Wirklichkeit zu widmen. Es muss jetzt darum gehen, die sich abzeichnenden negativen finanziellen und sozialen Konsequenzen der Corona-Ausbremsung zu meistern. Gefragt sind Konzepte, den vielen arbeitslos gewordenen Mitbürgern zu neuen Beschäftigungen oder Bildungsangeboten zu verhelfen.

In Nordschleswig stehen die Kommunen mit dem Fremdenverkehr als wichtigem Wirtschaftszweig vor der Herausforderung, die bevorstehende Hauptsaison halbwegs abwickeln zu können. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, wann die deutschen Urlauber wieder über die dänische Grenze gelassen werden. Kopenhagen muss rasch reagieren und darf das Thema geschlossene Grenzen nicht für Symbolpolitik missbrauchen.

Statt Einreisestopp an den Grenzen mit wirtschaftlichen und menschlichen Konsquenzen im hauptstadtfernen deutsch-dänischen Grenzland sollten aktuell besser Corona-Brennpunkte bekämpft werden, die beispielsweise im Großraum Kopenhagen mit desolaten sozialen Verhältnissen verknüpft sind.

Gerade die Kommunalpolitik, trotz der vielen Rettungsschirme für Wirtschaft und Institutionen, wird in den kommenden Monaten und Jahren den Bürgern gegenüber vertreten müssen, wo angesichts zu erwartender Mindereinnahmen bei den Steuern Abstriche im öffentlichen Service vorzunehmen sind. Es ist damit zu rechnen, dass abhängig von der Wirtschaftsstruktur die wirtschaftlichen Negativfolgen der Krise in den Kommunen unterschiedlich stark ausfallen. Darauf müssen sich die traditionell finanziell ohnehin nicht glänzenden nordschleswigschen Kommunen einstellen.

 

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