Leitartikel

„Kinderhort Folketing“

„Kinderhort Folketing“

„Kinderhort Folketing“

Apenrade/Aabenraa
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Es gibt Arbeitsplätze, da können Eltern ihre Kinder nicht mitnehmen. An anderen wiederum schon. Doch wie sieht es im Folketing aus – dem vielleicht bedeutendstem Arbeitsplatz der Nation? Geht nicht, meint Chefredakteur Gwyn Nissen. Ins Büro auf Christiansborg zwar schon – aber nicht in den Plenarsaal.

Viele von uns waren sicherlich schon einmal in der Situation, dass niemand die kranke Tochter oder den  angeschlagenen Sohn zu Hause pflegen konnte. Wenn dann auch noch gleichzeitig die Arbeit  ruft, ist guter Rat teuer.

So musste das eine oder andere Kind mit in die Redaktion. Mit Matratze und Decke in einer Ecke. Dafür haben wir Platz, und auch der Job macht es möglich, es sei denn, man muss noch auf einen Termin. Auch in anderen Jobs lässt es sich machen, in Ausnahmefällen das Kind mit auf die Arbeit zu nehmen.

Die konservative Folketingspolitikerin Mette Abildgaard und ihre Tochter Esther Marie wurden am Dienstag allerdings aus dem Sitzungssaal hinausbeordert.  Folketingspräsidentin Pia Kjærsgaard  (Dänische Volkspartei) gab der Politikerin kurz vor Sitzungsbeginn einen entsprechenden Bescheid.

Wie hättest du entschieden?
Genau darüber scheiden sich jetzt die Geister. Die Kritik richtet sich teils an Pia Kjærsgaard, die sich allerdings in einer Zwickmühle befindet. Denn egal, welche Entscheidung sie als Folketingspräsidentin getroffen hätte, hätte man sie im Nachhinein kritisieren können. Es gibt nämlich keine klaren Regeln  für Kinder im Folketingssaal während der Arbeitszeit.      
Aber stellen wir uns einfach mal vor, dass Politiker – und das hier ist jetzt keine Diskussion über Frauenrechte – ihre Kinder mit nach Christiansborg nehmen. Das tun sie sicherlich jetzt schon in ihre Büros, was kein Problem ist. Aber was wäre, wenn jetzt eine Handvoll kleiner schreiender Kinder  während einer wichtigen Debatte im Plenarsaal sitzen würde?  Oder stellen wir uns vor, dass Politiker im britischen Parlament oder im Bundestag ihre Kinder mitnehmen würden.

   Aber, mag mancher denken, im dänischen Folketing geht das doch – ist doch irgendwie hyggelig. Aber nein: Irgendwie passt es nicht zur Ernsthaftigkeit der Arbeit eines Politikers oder einer Politikerin. Auch wenn es im Plenarsaal manchmal wie  im Kindergarten zugeht.
Es gibt eben Jobs, da lässt es sich nicht machen, gleichzeitig Kinder zu betreuen.  Das gilt für Mann und Frau an der Supermarktkasse. Die Pilotin. Für den Busfahrer. Die Schaffnerin. Und sicherlich noch in vielen anderen Berufen. Abildgaard bezeichnete es als  Ausnahmefall. Aber in einem solchen hätte sie – oder Mann – auch absagen können.  Ausnahmsweise.

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