Leitartikel

„Finger weg“

Finger weg

Finger weg

Apenrade/Aabenraa
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Es sollte kein Problem sein, für 30 Minuten nicht erreichbar zu sein. Warum es Journalistin Kerrin Trautmann trotzdem schwerfällt, auf ihrem Weg zur Arbeit nicht auf ihr Smartphone zu schauen, darüber denkt sie in einem Leitartikel nach.

Das Handy ist ein ständiger Wegbegleiter. Es ist Telefon, Fotoapparat, Taschenlampe, E-Mailpostfach, MP3-Player, Messengerdienst, Nachrichtenportal, Navigationsgerät, Wetterbericht und Kochbuch in einem.

Egal, wo wir hingehen, es ist immer dabei. Bewusst oder unbewusst geht der Griff im Laufe des Tages immer wieder zum Smartphone, auch wenn es nicht klingelt. Die Angst, ohne Mobiltelefon unerreichbar für soziale und geschäftliche Kontakte zu sein und etwas zu verpassen, hat sogar einen Namen: Nomophobie. Dieses Wort setzt sich aus den englischen Begriffen „No-Mobile-Phone-Phobia“ zusammen.

Besonders gefährlich wird diese Nomophobie beim Autofahren. Schnell mal eine Nachricht lesen, eine Freundin oder einen Freund ohne Freisprechanlage anrufen oder einfach mal checken, wie es bei der Lieblingsmannschaft steht. Im vergangenen Jahr starben laut Zahlen der dänischen Straßenbehörde Vejdirektoratet im Straßenverkehr 130 Personen. Jeder dritte Todesfall kann laut Behörde auf Unaufmerksamkeit zurückgeführt werden. Deshalb gilt in Dänemark ein verschärftes Gesetz beim Handygebrauch am Steuer.

Laut der Umfrage einer Versicherungsgesellschaft beantworten rund 38 Prozent der Befragten, dass sie ihr Handy während der Fahrt nutzen. Und das, obwohl Umfragewerte zeigen, dass 85 Prozent der Bevölkerung ein solches Verhalten missbilligten. Schaut man im Straßenverkehr auf die anderen Fahrerinnen und Fahrer, sieht man nicht selten, dass hinter dem Steuer der Blick zuweilen von den Straßen auf ein Smartphone abschweift.

Das ist nicht nur gefährlich, sondern auch teuer. Wer erwischt wird, dem drohen in Dänemark umgerechnet 270 Euro Strafe und ein „Klip“ im Führerschein. In Dänemark sind 2020 etwas mehr als 25.000 Autofahrerinnen und Autofahrer, 70 pro Tag, wegen der Benutzung eines Mobiltelefons belangt worden.

Die meisten Menschen wissen, dass es falsch ist, im Straßenverkehr zum Handy zu greifen, haben es aber dennoch griffbereit. Vielleicht ist es deshalb die beste Lösung, es ins Handschuhfach, in eine Tasche oder in den Kofferraum zu legen, um sich mit der Nomophobie zu konfrontieren. Denn was ist wirklich so wichtig, dass es nicht 30 Minuten warten kann?

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