Leitartikel

„Digitaler Diebstahl“

Digitaler Diebstahl

Digitaler Diebstahl

Apenrade/Aabenraa
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Ein Leitartikel von Chefredakteur Gwyn Nissen über die Probleme von illegaler Internet-Piraterie.

Kostet der Streamingdienst für die Lieblingsserien zu viel? Kann man sich den Musikdienst im Internet nicht leisten? Ist das Foto-Kunstwerk unerschwinglich? Dann gibt es günstige Alternativen, die auch von einigen genutzt werden. Nur sind diese meist illegal und haben Folgen – in einigen Fällen auch für den Nutzer.

Eine Studie der Wirtschaftsorganisation Dansk Erhverv zeigte kürzlich, dass bereits über ein Drittel der dänischen Bevölkerung illegale Filme oder Musik aus dem Internet heruntergeladen hat. 12 Prozent innerhalb des vergangenen Jahres. Das sind über eine halbe Million Bürger, die sich am Eigentum anderer vergriffen haben.
Denn Musik, Filme, Bücher, Artikel und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Dahinter stehen Autoren, Filmemacher, Musiker, Journalisten und Fotografen, die jedesmal leer ausgehen, wenn ihre Werke einfach mal so aus dem Netz geholt werden.

Es war doch nur ein Film oder ein Album, mögen einige denken, doch wenn es nicht nur 12 Prozent der Dänen sind, sondern auch 12 Prozent der Weltbevölkerung, dann reden wir von hunderten von Millionen Menschen, die sich an anderen bereichern. Und zwar nicht nur an den hochgehaltenen Stars, sondern auch an den vielen unspektakulären Jobs, die es am Filmset, bei der Videoproduktion oder in der Musikbranche gibt. Auch die wollen bezahlt werden – und auch die Medien müssen ihre Journalisten zahlen.
Es ist digitaler Diebstahl. Nicht weniger und nicht mehr. Wir gehen auch nicht zum Kiosk und nehmen einfach eine Zeitung mit oder in den Elektronikmarkt und stecken uns dort eine CD oder eine DVD ein. Nur weil es leicht ist, etwas aus dem Netz zu kopieren, ist es nicht legal.

Eigentlich müssten die meisten es inzwischen wissen, denn das Internet ist nicht mehr neu. Es gibt daher keine Entschuldigung dafür, dass man illegal Inhalte aus dem Netz holt. Auch nicht, wenn es „nur einmal“ ist.

Einige belassen es auch nicht bei dem einen Mal. Das zeigt die europäische Polizeiaktion vor einigen Wochen gegen TV-Piraten, die günstige TV-Abos verkauft hatten. Statt 500 bis 600 Kronen für ein Abo mit den Lieblingssendern, haben die Piraten die Abos für 90 Kronen angeboten. Wenn etwas so günstig ist, dann weiß man, dass dahinter nur kriminelle Machenschaften stehen können. Trotzdem haben über zwei Millionen Menschen in Europa dank dem „guten“ Angebot der Piraten „schwarz“ gesehen – darunter auch Dänen.

Drei der Piraten kommen sogar aus Dänemark und werden sich nun vor Gericht verantworten müssen. Eins ist aber, die Hintermänner zu entlarven. So richtig scheint es den Nutzern erst bewusst zu werden, wenn auch sie belangt werden. Das passiert leider noch zu selten.

Statt weiter zu hoffen, dass man unter dem Radar der digitalen Polizei verschwinden kann, sollte man schon gleich die schlechten Online-Gewohnheiten ablegen. Man kann ja zum Beispiel testen, wie es beim Bäcker ankommt, wenn man sich am Sonntag kurz mal vier Brötchen ausleiht.

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