Leitartikel

„Arbeitszettel statt Visionen“

„Arbeitszettel statt Visionen“

„Arbeitszettel statt Visionen“

Apenrade/Aabenraa
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Die Wünsche aus Nordschleswig sind nachvollziehbar, aber wer sich in Dänemark entweder mit dem Auto oder der Bahn bewegt, weiß auch, das die Probleme andernorts noch größer sind, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Auf den ersten Blick ist der Infrastrukturvorschlag der Regierung und der Dänischen Volkspartei mit nordschleswigscher Brille gesehen enttäuschend: Die neue Heerwegautobahn soll zwar in Hadersleben beginnen, doch darüber hinaus geht der südliche Teil Dänemarks leer aus.

Dabei gibt es genügend vernünftige Projekte: zum Beispiel den Ausbau der Westküstenverbindungen von der Grenze bis in die nördlich gelegenen Urlaubsregionen, die feste Verbindung zwischen Alsen und Fünen, die Doppelspur auf der Bahnstrecke zwischen Pattburg und Tingleff (das einzige Nadelöhr zwischen Ostjütland und Hamburg) und schließlich den zukunftsweisenden Ausbau der Autobahn E45 südlich von Kolding.
Die Wünsche aus Nordschleswig sind nachvollziehbar, aber wer sich in Dänemark entweder mit dem Auto oder der Bahn bewegt, weiß auch, das die Probleme andernorts noch größer sind.

Etwa rund um Kopenhagen, im nahe gelegenen Dreiecksgebiet zwischen Kolding und Vejle oder entlang der Ostjütischen Autobahn. Über Fünen hinweg oder in Nordjütland unter dem Limfjord. Viele dieser Problemzonen möchte die Regierung mit DF jetzt ausbessern –  sollte der blaue Block nach einer Folketingswahl in den kommenden Monaten an der Macht bleiben. Dabei dreht es sich keinesfalls um einen visionären Infrastrukturplan, sondern eher um einen Arbeitszettel, den wir alle von zu Hause kennen: nämlich Aufgaben, die schon längst hätten erledigt werden müssen.

Das gilt auch für die nordschleswigschen Wünsche, aber wir müssen eben noch warten. Wir sind noch nicht dran. Es sei denn, die Regierung lässt einige Projekte fallen – zum Beispiel eine Umgehungsstraße in Mariager, die niemand bis auf DF-Verkehrssprecher Kim Christiansen, der dort wohnt, möchte. Das Geld von hier würde übrigens fast reichen, um die Doppelspur in Nordschleswig fertigzustellen. Aber vielleicht kommt das Ganze doch noch anders.

Wenige Wochen vor der Folketingswahl einen solchen Plan vorzulegen, ähnelt zu sehr einem verfrühten Weihnachtsgeschenk, das die Wähler – wenn überhaupt – nur mit Skepsis annehmen werden. Denn sie wissen: Auch der rote Block hat nach der Wahl einen Verkehrsplan. Und vielleicht beinhaltet der mehr brauchbare Geschenke für Nordschleswig. 

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