Leitartikel

„2020 gemeinsam feiern“

2020 gemeinsam feiern

2020 gemeinsam feiern

Nordschleswig/Sønderjylland
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Das deutsch-dänische Grenzland gibt anderen Regionen in Europa Hoffnung. Hoffnung, dass man in Zukunft gemeinsam feiern kann, so wie es Mehrheiten und Minderheiten 2020 tun werden, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen zum Jahreswechsel.

Jedes neue Jahr hat etwas Besonderes, aber mit Blick auf 2020 erwartet uns wahrhaftig ein ganz besonderes Jahr. Es ist ein Jahr der Jubiläen: Die Dänen – allen voran die Mehrheitsbevölkerung in Nordschleswig – feiern groß „Genforeningen", die Eingliederung Nordschleswigs 1920 in den Staat Dänemark, während die deutsche Minderheit im Landesteil ihren 100. Geburtstag feiert.

Die Grenzziehung 1920 war die Geburtsstunde der Minderheiten nördlich und südlich der Grenze. Damals waren die Minderheiten nicht unbedingt zufrieden mit dem Ergebnis, wären viele Deutsch-Nordschleswiger doch lieber ein Teil Deutschlands geworden, während die Dänen in Südschleswig sich nach Dänemark sehnten. Doch die Grenze lag nach dem demokratischen Volksentscheid fest.

Rückblickend muss man feststellen, dass die beiden Minderheiten 1920 nicht verloren, sondern gemeinsam mit der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung gewonnen haben. Die damalige Volksabstimmung und die Grenzziehung hat sich als ein Geschenk an unsere Region erwiesen. Krieg, Hass, Skepsis, Misstrauen, Kontrollen – nichts hat über die Jahre an dem Verlauf der Grenze rütteln können. Sie sorgt seit 100 Jahren für Stabilität im deutsch-dänischen Grenzland – auch in Zeiten, in denen sich Anhänger von offenen europäischen Grenzen und Fürsprecher von neuen Zäunen offensichtlich gegenüberstehen.

Durch Zusammenarbeit, Respekt, gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung haben unser Grenzland zu dem gemacht, was sie heute ist – eine Vorzeigeregion.

Natürlich kann die deutsche Minderheit daher gemeinsam mit der Mehrheitsbevölkerung auch „Genforeningen" feiern, vor allem wenn es im gegenseitigen Respekt geschieht und sich nicht zu einer nationalen Manifestation ausartet. Denn der Erfolg dieser Region ist eine Gemeinschaftskooperation von Mehrheiten und Minderheiten – alle haben gleichermaßen dazu beigetragen, dass das deutsch-dänische Grenzland Modellcharakter hat.

Deshalb ist es auch wichtig, dass die historische Richtigkeit des dänischen „Genforeningen" von der deutschen Minderheit nicht infrage gestellt wird. Es ist und bleibt eine gefühlte und gelebte Wiedervereinigung – aber das mindert nicht die Bedeutung als nationales Gedenkjahr. Das sollte die Minderheit respektieren.

Als ich vor wenigen Wochen im serbischen Novi Sad bei einer Minderheiten-Medien-Konferenz gemeinsam mit meinem Flensburger Kollegen Frank Jung über unsere mediale Zusammenarbeit zwischen „JydskeVestkysten", dem „SHZ", „Flensborg Avis" und „Der Nordschleswiger" – und überhaupt über die friedlich-freundliche Koexistenz in unserem Grenzland – berichtete, kamen anschließend drei Jugendliche auf mich zu. Der Beitrag hätte ihnen Hoffnung gegeben. Hoffnung, dass auch in Serbien und auf dem Balkan Mehrheiten und Minderheiten in Zukunft gemeinsam feiern können.

2020 gibt es genügend Anlässe zu feiern. Jeder für sich, aber auch gemeinsam, denn das macht unser deutsch-dänisches Grenzland zu etwas Besonderem – in einem besonderen Jahr.

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