Diese Woche in Kopenhagen

Royaler Glanz – Frankreichs Präsident nahm Kopenhagen im Sturm

Royaler Glanz – Frankreichs Präsident nahm Kopenhagen im Sturm

Royaler Glanz – Frankreichs Präsident nahm Kopenhagen im Sturm

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Kopenhagen
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Foto: Statsministeriet/Ritzau Scanpix

Präsident Macron, der von einigen Pro-Europäern beinah als neuer Messias verehrt wird, besuchte in der vergangenen Woche Dänemark. Ihm wurde das volle Programm geboten. Doch neben dem französischen Glanz stellen sich einige politische Fragen, meint der Leiter des Kopenhagener Sekretariats der deutschen Minderheit in Dänemark, Jan Diedrichsen.

Der französische Präsident Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron ist derzeit auf dem politischen Parket ein Akteur der Sonderklasse. Er schafft es, den französischen Pathos auszuleben, wie seit François Mitterrand kein anderer.

Er hat es vermocht, mit seiner aus dem Boden gestampften politischen Bewegung – La République en Marche  – die Parteienlandschaft in Frankreich zu revolutionieren. Die Bilanz von „En Marche“ kann sich sehen lassen, zumindest wenn man mit deren Agenda übereinstimmt. Kritik kommt vor allem aus der linken Ecke, wo man Macron nachsagt, ein Neoliberalist im Schafspelz zu sein. Während Macron seinerseits nicht müde wird,  zu wiederholen, dass sich Frankreich modernisieren müsse, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Für die europäische Politik, die derzeit an einem Scheideweg zwischen einem neuen Nationalismus oder dem weiteren Ausbau Europas steht, spricht Macron für mehr Europa und spart auch hier nicht am Pathos. Er hat mit seinen mittlerweile berühmten Europa-Reden eine Messlatte für die Diskussion über die Zukunft der EU gelegt. An Macron scheiden sich die Geister: Ungarns Orban und Italiens Salvini, die nationalistischen Hardliner der EU, haben sich ebenfalls in der vergangenen Woche getroffen und ihren gemeinsamen Widersacher gefunden: eben jenen Macron. Er steht mit seinem pro-europäischen und  solidarischen (nicht zuletzt in der Flüchtlingsfrage) Kurs sozusagen auf der anderen Seite des Zaunes. Macron hat auch prompt auf die Angriffe der Regierungschef-Kollegen geantwortet, er werde seine europäische, solidarische Herangehensweise keinen Jota ändern.

Interessante EU-Gipfel

Dafür sei es wert zu kämpfen. Diesem medialen Schlagabtausch folgend, zeichnen sich interessante EU-Gipfel ab, wenn es in den nächsten Monaten sowohl um die zukünftige Flüchtlingspolitik als auch die EU-Finanzen gehen wird. Präsident Macron, der von einigen Pro-Europäern beinah als neuer Messias verehrt wird, besuchte in der vergangenen Woche Dänemark. Ihm wurde das volle Programm geboten, inklusive allem was das Könighaus an Pomp und Pracht auffahren konnte. Es sind schöne Bilder entstanden. Das politische Establishment überschlug sich in Elogen auf Macron, und der Kampf um das beste Foto mit dem Präsidenten, schien eine offizielle Disziplin auf Christiansborg zu sein. Doch neben dem französischen Glanz stellen sich einige politische Fragen. Wo positioniert sich Dänemark zu den Vorschlägen von Macron?

Dieser pusht vehement eine weitere Vergemeinschaftung der Zusammenarbeit. Kurz gesagt: mehr Kompetenzen nach Brüssel. Etwas was sonst in Dänemark politisch eine „no go“-Forderung ist. Zumindest bei der Asyl- und Flüchtlingspolitik sind Venstre, Sozialdemokraten und Dansk Folkeparti eher bei Orban und Salvini als bei Macron anzutreffen. Lars Løkke Rasmussen hat sich in einem Punkt während der Präsidenten-Tage in Kopenhagen sehr deutlich festgelegt. Der Venstre-Regierungschef fordert die Abschaffung des dänischen Vorbehaltes zur militärischen Zusammenarbeit in der EU.  In der Ära Trump und Erdogan verliert die NATO als Verteidigungsbündnis an Strahlkraft. Natürlich fragen sich die Sicherheitspolitiker auch in Kopenhagen, wie weit dem Bündnisversprechen der NATO noch getraut werden kann. Die EU –  so wollen es zumindest Macron und einige andere Regierungschefs – soll eine eigenständige Verteidigungspolitik aufbauen.

Lars Løkke will da gerne mitmachen, müsste dafür aber den dänischen Vorbehalt kippen und die dänischen Bürger befragen. Eine Diskussion über die Vorbehalte könnte im EU-Wahljahr erneut aufflammen.

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