Diese Woche in Kopenhagen

„Nur bei einem ausdrücklichen ‚Ja‘ ist Sex für Beide schön“

Nur bei einem ausdrücklichen Ja“ ist Sex für Beide schön

Nur bei einem ausdrücklichen „Ja“ ist Sex für beide schön

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:

Wenn kein Einvernehmen vorliegt, dann ist zukünftig von einer Vergewaltigung die Rede. Das hat das Folketing beschlossen. Ein wichtiger Schritt meint Walter Turnowsky.

Am Donnerstag wurde endgültig in Paragrafen gegossen, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Sex ohne Einvernehmen ist nicht zulässig, ja kriminell.

Die Nachricht ist angesichts des Corona-Shutdowns und der Støjberg-Kommission ein wenig untergegangen.

Doch vielleicht hat sie letztlich eine größere Bedeutung als die Nachrichten, die die gelben Breaking-News-Balken auslösen. Sie hat es zumindest für die kleine Gruppe Menschen, die vor Christiansborg Innenministerin Astrid Krag (Soz.) nach der Abstimmung einen Blumenstrauß überreichten.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ein Video gepostet, in dem etliche Frauen und Männer den Beschluss feiern.

Und auch im Folketing ging es ungewohnt emotional zu.

„Wir schulden den vielen Opfern Dank, die in den vergangenen Jahren öffentlich von ihren Erfahrungen erzählt haben“, sagte der Radikale Justizsprecher Kristian Hegaard.

Es war ein weiter Weg bis hierher. Zunächst gab es eine weit verbreitete Skepsis gegenüber dem Vorschlag. „Braucht man dann einen unterschriebenen Vertrag, vor einem Geschlechtsverkehr?“, lautete eine häufig gestellte polemische Frage.

Auch im Folketing überwog zunächst die Skepsis. Mehrere der Justizsprecher der Parteien betonten wie Hegaard, die vielen Berichte von Frauen, die vergewaltigt worden sind, hätten die Einstellung vor und hinter den dicken Mauern von Christiansborg geändert.

Am Donnerstag konnte der Vorsitzende des Folketings, Henrik Dam Kristensen (Soz.), dann feststellen: Für den Antrag haben 96 gestimmt, dagegen null und Enthaltungen hat es ebenfalls keine gegeben.

Der Entschluss wurde als historisch gewürdigt. Amnesty spricht von einem Gesetz mit einer Reichweite wie die Einführung des freien Schwangerschaftsabbruchs 1973. Die Sprecherin der Einheitsliste, Rosa Lund, verglich die Entscheidung mit der Einführung des Wahlrechtes für Frauen. Das war 1915.

Doch bei aller Sektlaune sollte man nicht vergessen, dass trotz dieses Gesetzes bei weitem nicht allen Opfern einer Vergewaltigung Gerechtigkeit widerfahren wird. Der Richterverband hat darauf hingewiesen, dass die Beweislage häufig schwierig sei. In Fällen von Vergewaltigung stehe sehr oft Aussage gegen Aussage. Dies gilt gerade dann, wenn eben nicht Gewalt angewendet wurde.

Denn das Gesetz zielt unter anderem auf die vielen, vielleicht sogar die Mehrzahl der Fälle, wo Frauen bei einer Vergewaltigung erstarren, nicht imstande sind sich zu wehren. Wie auch im „Nordschleswiger“ beschrieben, ist das eine ganz natürliche Reaktion der Verteidigung im Fall eines Übergriffes oder einer Vergewaltigung. 

Bisher war die Gesetzeslage, dass die Frau (oder der Mann) sich zumindest verbal wehren mussten, bevor von einer Vergewaltigung die Rede ist. Wenn auch zukünftig nicht alle Täter verurteilt werden können, so wissen jetzt alle: Wenn kein „Ja“ gesagt worden ist, dann ist es eine Vergewaltigung, ein Verbrechen.

Dass ein „Ja“ nicht unbedingt laut ausgesprochen werden muss, sondern auch durch nonverbale Reaktionen erfolgen kann, sollte jeder gesunde Mensch eigentlich verstehen können. 

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Allan Søgaard-Andersen
„Bekymret for det ekstreme højre“

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Hurra, der Kindersegen ist ausgeblieben!“