Diese Woche in Kopenhagen

„Die klimatische Bedrohung “

„Die klimatische Bedrohung “

„Die klimatische Bedrohung “

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Kopenhagen
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Der Klimawandel ist ein ernstes Problem. Wir erleben nur die Anfänge von ihm. Wir hinterlassen jedoch eine karge Landschaft und eine karge Zukunft, wenn wir nicht bald der Dringlichkeit entsprechend, mit voller Kraft und Bewusstsein handeln, meint der Leiter des Kopenhagener Sekretariats der deutschen Minderheit in Dänemark, Jan Diedrichsen.

Es ist eine Freude, wenn sich Leser des Nordschleswigers nach einer Kolumne bei mir melden. Entweder direkt, wie jüngst beim Deutschen Tag. Und ja: die Begrifflichkeit „Raubtierkapitalismus“ ist falsch gewählt und wird der Gattung des Raubtiers nicht gerecht. Ein Raubtier frisst nur bis es satt ist (siehe Kolumne vom 30. Oktober: „Zähmt endlich das Biest“), wie mir zu Recht in Tingleff erläutert wurde. Per Mail landen zum Teil kritische Nachfragen bei mir. Unlängst wurde ich sehr höflich und eloquent darauf aufmerksam gemacht, dass ich zwar viel über wichtige sicherheitspolitische Krisen, über die Migration und andere tagesaktuelle Probleme berichte, aber das schwerwiegendste, das alles andere überschattende Problem, welches die Menschheit bereits an den Rand des Abgrundes gedrängt hat, vernachlässige: Den Klimawandel.

Die freundliche Leserin erläutert:

„Der Klimawandel hat Auswirkungen auf sämtliche Weltregionen. Das Eis der Polkappen schmilzt ab, und der Meeresspiegel steigt. In einigen Regionen kommt es häufiger zu extremen Wetterereignissen und zunehmenden Niederschlägen, während andernorts verstärkt extreme Hitzewellen und Dürren auftreten. Diese Auswirkungen werden sich in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich verschärfen.

Heftige Regenfälle und andere extreme Wetterereignisse werden immer häufiger. Das kann zu Überflutungen und Verminderung der Wasserqualität führen, in manchen Regionen aber auch die Verfügbarkeit von Wasserressourcen beeinträchtigen.

Folgen für Europa! In Süd- und Mitteleuropa kommt es häufiger zu Hitzewellen, Waldbränden und Dürren. Im Mittelmeerraum breitet sich Trockenheit aus, wodurch die Region noch anfälliger für Dürren und Waldbrände wird. In Nordeuropa wird das Klima dagegen deutlich feuchter, und winterliche Überschwemmungen könnten zur Regel werden. Die städtischen Gebiete, wo heute vier von fünf Europäern leben, leiden unter Hitzewellen, Überschwemmungen oder einem Anstieg des Meeresspiegels, sind aber oft kaum zur Anpassung an den Klimawandel in der Lage.

Unter den am schwersten vom Klimawandel betroffenen Ländern sind viele arme Entwicklungsländer. Die dort lebenden Menschen sind oftmals stark von ihrer natürlichen Umwelt abhängig und verfügen am wenigsten über die zur Bewältigung der klimatischen Veränderungen nötigen Ressourcen.“

Falls Sie nun meinen, dass diese alarmierende Zusammenfassung von einer Öko-Verrückten stammt, dann irren sie sich gewaltig. Das Zitat – so enthüllt die Dame am Ende ihres Schreibens – stammt von der Europäischen Kommission.

Natürlich ist uns allen irgendwie bewusst, dass der Klimawandel eine Tatsache ist, dass die Folgen sich immer deutlicher manifestieren und sich in den kommenden Jahren noch verschärfen werden. Die Wissenschaft ist bis auf wenige Ausnahmen erschreckend einig. Die Mail hat mich ins Grübeln versetzt.

Wenn die Klima-Bedrohung so groß ist, warum fallen unsere Reaktionen so verhalten aus? Mich beschleicht das Gefühl einer kollektiven Verdrängung – der weit verbreiteten Verdrängungen der Tatsache ähnlich, dass wir als Menschen alle sterblich sind.  

Ich habe etwas nachrecherchiert und den neuen Klima-Bericht und die Ergebnisse des aktuell in Ägypten tagenden Artenschutzgipfels der UNO (irgendwie nicht wirklich in den Medien präsent) zur Hand genommen. Beim Lesen der Expertenkommentare, der eindringlichen, ja verzweifelten Apelle der Aktivisten, wird einem mulmig. Demnach verharmlosen oder verdrängen wir das Jahrtausendproblem:  Der Umgang mit der Natur und dem Raubbau an den Ressourcen ist seit der Industrialisierung und vor allem in den letzten Jahrzehnten regelrecht selbstmörderisch.
Vielleicht ist selbstmörderisch gar der falsche Ausdruck; es kommt, metaphorisch gesprochen, eher einem Mord, denn einem Selbstmord gleich.

Einem Mord an den Lebensbedingungen und -chancen der uns nachfolgenden Generationen. Wir erleben – unserer kurzen Lebenszeit auf Erden geschuldet – nur die Anfänge des Klimawandels. Wir hinterlassen jedoch eine karge Landschaft und eine karge Zukunft, wenn wir nicht bald der Dringlichkeit entsprechend, mit voller Kraft und Bewusstsein handeln.

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