Diese Woche in Kopenhagen

„Der Countdown zur Wahl läuft“

„Der Countdown zur Wahl läuft“

„Der Countdown zur Wahl läuft“

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Kopenhagen
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Der Vorsitzende der Dänischen Volkspartei Kristian Thulesen Dahl Foto: Henning Bagger/Ritzau-Scanpix

Das Modell Roter Block versus Blauer Block hat ausgedient. Die Annäherung der Sozialdemokratie an DF hat den roten Block gesprengt und damit quasi den Genossen nach der Wahl allein DF als realistische Option zur Macht übrig gelassen, meint der Leiter des Kopenhagener Sekretariats der deutschen Minderheit in Dänemark, Jan Diedrichsen.

Anlässlich des Parteitages von Dansk Folkeparti, am vergangenen Wochenende, wurden zahlreiche unterschiedliche Signale ausgesandt – sozusagen nach links und rechts gleichermaßen. Parteichef Kristian Thulesen Dahl hat erklärt, er tendiere zu Lars Løkke Rasmussen als neuen und alten Regierungschef. Aber, er richtete gleichermaßen eine deutliche Offerte an Mette Frederiksen, die sozialdemokratische Kandidatin.

Sie habe ja seine Telefonnummer, sollte sie ihm ein Angebot unterbreiten wollen, dass er nicht ablehnen könne. Damit hat der clevere DF-Parteichef alles gesagt – nämlich gar nichts. Dass er damit völlig ausgeschlossen haben sollte, selbst Regierungschef zu werden und sich nur als Königsmacher sieht, kann man getrost vergessen. Zwar hat Thulesen Dahl genau dies gesagt; er wolle Einfluss und nicht um jeden Preis den Staatsministerposten. Doch er hat natürlich – wie jeder Spitzenpolitiker – die Ambition auf das höchste aller Ämter. Er spielt seine Karten geschickt, denn er weiß, nur bei einer gigantischen Wahl für DF wäre eine Regierung unter seiner Führung eine Option, wohlwissentlich eine eher unwahrscheinliche.  

Doch welche Konstellation ist am realistischsten? Noch mal vier Jahre mit Lars Løkke Rasmussen oder doch die mit hoher Selbstdisziplin sich mehrmals politisch gehäutete Mette Frederiksen? Dass der politische Querdenker von der Partei Alternative, Uffe Elbæk, der sich selbst zum Spitzenkandidaten erkoren hat, ins Staatsministerium einziehen sollte, ist derweil noch weit unwahrscheinlicher als ein Regierungschef namens Thulesen Dahl. Dennoch, selten war die Ausgangslage so offen und machtpolitisch verzwickt. 

Ein Blick auf die Umfrageergebnisse ist keine große Hilfe. Zum einen sind diese Umfrageergebnisse seit den Erfahrungen der letzten Wahlen immer mit Vorsicht zu genießen. Zum anderen, gilt die reine Wahlarithmetik nicht mehr. Roter Block vs. Blauer Block ist ein Modell, das in der dänischen Politik ausgedient zu haben scheint. Die Schnittmengen sind nicht mehr in Stein gemeißelt. In der Flüchtlings- und Ausländerpolitik, steht die Sozialdemokratie fest im blauen Lager und Mette Frederiksen hat deutlich gemacht, über alles könne man nach einer Wahl reden, nur darüber nicht. Welches quasi eine Zusammenarbeit mit den Sozialliberalen von Radikale Venstre ausschließt.

Dass auch die Alternative sich nicht in den roten Block unter dem Banner von Frederiksens Sozialdemokraten einordnen lässt und die Sozialisten der Einheitsliste auch öffentlich davon abgerückt sind, automatisch auf einen Sozialdemokraten als Regierungschef zu setzen, muss den Strategen um Mette Frederiksen einiges Kopfzerbrechen machen.

Die Annäherung der Sozialdemokratie an DF hat den roten Block gesprengt und damit quasi den Genossen nach der Wahl allein DF als realistische Option zur Macht übrig gelassen. Thulesen Dahl weiß das natürlich und hat dies mit dem Verweis auf seine, Mette Frederiksen bekannte, Telefonnummer, süffisant auf den Punkt gebracht. 

Doch wann kommt die Wahl? Die Möglichkeit des dänischen Regierungschefs, selbst den Wahltermin festzulegen, ist ein großer taktischer Vorteil. Die Wahl zum Europaparlament – diese findet vom 20. bis 22. Mai in allen Mitgliedsstaaten statt – spielt in der Wahlplanung eine nicht unerhebliche Rolle. Lars Løkke Rasmussen hat selbst ausgeschlossen, dass die Wahl noch 2018 ausgeschrieben werden wird. Das lässt nur ein kurzes Zeitfenster für 2019 zu, wenn man nicht mit dem Wahlkampf zum Europaparlament allzu sehr ins Gehege kommen möchte. Letztmöglicher Wahltermin ist der 17. Juni 2019. 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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