Freizeit

Spielesammler: Adrenalindusche und zweierlei Glück

Spielesammler: Adrenalindusche und zweierlei Glück

Spielesammler: Adrenalindusche und zweierlei Glück

Hadersleben/Haderslev
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Bei Piet Schwarzenberger zu Hause sind mehrere Regale vom Boden bis zur Decke mit Spielen gefüllt.
Bei Piet Schwarzenberger zu Hause sind mehrere Regale vom Boden bis zur Decke mit Spielen gefüllt. Foto: Karin Riggelsen

Piet Schwarzenberger liebt Spiele. Mittlerweile hat er über 800 Stück in seiner Sammlung. Am beglückendsten findet der 53-jährige Konrektor der Deutschen Schule Hadersleben die Spiele, bei denen die Kooperation zählt. Auch fünf Favoriten stellt er hier vor.

Sie stapeln sich in Regalen vom Boden bis zur Decke. Im Flur und im  Gästezimmer sind sie Blickfang Nummer eins: die mehr als 800 Spiele aus  Piet Schwarzenbergers  Sammlung. Ein weiteres ist gerade hinzugekommen –   seine neueste Entdeckung,   das Strategiespiel „Die Tavernen im Tiefen Thal“.„Das ist sehr hübsch gemacht“, findet der 53-Jährige. Mit Spielplänen, Würfeln und Karten geht es darum, erfolgreich eine Gaststätte zu betreiben. „Es gibt ein Grundspiel mit mehreren Varianten, sodass man sich das Spielniveau selbst aussuchen kann.“ Den  vergangenen Sonnabendabend  haben er und seine Frau deshalb damit verbracht, für eine Taverne – ganz spielerisch – neue, zahlungskräftige Gäste zu gewinnen.

Zum Stressabbau nur bedingt geeignet

„Ich liebe Aufbauspiele“, erzählt der stellvertretende Schulleiter der Deutschen Schule Hadersleben, „wo man zwar auch gegeneinander spielt, weil etwa nur bestimmte Ressourcen vorhanden sind, aber wo es nicht in erster Linie darum geht, den anderen plattzumachen. Außerdem mag ich lieber interaktive Spiele als etwa Multiplayer-Solospiele, bei denen man nebeneinander sitzt und jeder sein eigenes Ding macht.“

Ich haue zwar nicht die Steine vom Tisch, wenn ich verliere, aber der Wille zu gewinnen ist immer da.

Piet Schwarzenberger

Eine  Freizeitbeschäftigung zum Stressabbau ist das Spielen für Piet Schwarzenberger nur bedingt. „Es ist ja eher eine Adrenalindusche, weil ich beim Spielen sehr mitgehe. Ich haue zwar nicht die Steine vom Tisch, wenn ich verliere, aber der Wille zu gewinnen ist immer da. Aber selbst wenn ich verloren habe, ist es dann für mich ein gutes Spiel gewesen, wenn es mich reingezogen hat und sich ein Belohnungsgefühl einstellt, weil ich Entscheidungen  getroffen habe, die nicht dumm waren.“

 

Beim Brettspiel „Jenseits von Theben“ schlüpfen die Mitspielenden in die Rolle eines Archäologen.
Beim Brettspiel „Jenseits von Theben“ schlüpfen die Mitspielenden in die Rolle eines Archäologen. Foto: Karin Riggelsen

Piet Schwarzenberger wurde in Berlin geboren, fühlt sich aber als Bremer, wo er im Alter von vier Jahren hinzog, wo er zur Schule ging und den Zivildienst ableistete. In Berlin studierte er anschließend auf Lehramt  Physik und Geschichte, mit Auslandssemester in Aarhus. Der Aufenthalt in Dänemark legte den Grundstein dafür, dass er neun Jahre später seine dänische Frau kennenlernte. Es folgten ein Referendariat in Cottbus, wissenschaftliche Mitarbeit an der Technischen und der Freien Universität Berlin und eine Lehrerstelle in Stralsund. Seit mehr als fünf Jahren ist er stellvertretender Schulleiter an der  Deutschen Schule Hadersleben.

Also kann er es gut wegstecken, wenn er ein Spiel als verloren abhaken muss? „Grundsätzlich empfinde ich es als Gewinn, überhaupt gespielt zu haben. Aber es gibt doch Situationen, in denen ich der Verlierer war,  an die ich mich noch lebhaft erinnere, obwohl sie schon lange zurückliegen.“ Geärgert hat er sich etwa, dass ein Gegenspieler einen destruktiven Spielzug wählte, obwohl es eine Alternative gab.

„Jemand hat mal gesagt, das perfekte Spiel gibt dem Sieger das Gefühl, es habe an seinem Können gelegen, und dem Verlierer, er habe einfach nur Pech gehabt. Beide sollten Lust auf eine neue Partie haben. Dabei muss es bei vielen kooperativen Spielen, die heute auf dem Markt sind, ja gar keinen alleinigen Gewinner mehr geben.“

Kurzlebiger Markt

Die Grenzen zwischen den Spielekategorien seien heute ja unglaublich fließend. Inklusive der Tendenzen, das Handy oder das I-Pad einzubeziehen. Überhaupt sei der Markt mittlerweile sehr kurzlebig. „Es gibt jedes Jahr mehr als 5.000 Neueinträge in der weltgrößten Spieledatenbank“, weiß Piet Schwarzenberger. Was nicht verkauft wird, verschwindet relativ schnell wieder.

Gespielt hat der heutige Konrektor schon immer: Kinder- und Kartenspiele früher in der Familie, dann Brettspiele in der Jugend mit Freunden. „Mein erstes Abo galt der Zeitschrift ,Spielbox‘ mit jeweils einem Spiel im Heft.“ Während des Studiums nahm er an offenen Spieleabenden teil und hatte Kontakt zu einem Vielspieler. Und schließlich entstand ein immer größerer Freundeskreis aus Menschen mit Lust am Spielen.

Kein Wunder. Denn Spielen ist Glück. In zweierlei Hinsicht. „Es geht ja einerseits um das Glück, das man mit Würfeln oder Karten erreicht, und andererseits kann ein kooperatives Spiel extrem beglücken, wenn etwas  in Zusammenarbeit gelingt und man Raffinesse entwickelt.“

Das Spiel „Die Tavernen im Tiefen Thal“
Das Spiel „Die Tavernen im Tiefen Thal“ Foto: Karin Riggelsen

  

Und bei Einladungen der Deutschen Bücherei Tingleff oder der Nordschleswigschen Gemeinde hat er  einem älteren Publikum schon mal ausgewählte Spiele vorgestellt. „Nicht umgesetzt ist bislang die Idee, in der Bildungsstätte Knivsberg eine Spielesammlung anzulegen oder in der Deutschen Nachschule Tingleff  Spiele-Abende zu veranstalten, um die Jugendlichen sozusagen anzufixen.“

Damit würde der Lehrer in Nordschleswig vielleicht eine neue Generation von ebenso leidenschaftlichen Spielern generieren, wie er selbst einer ist.

„Ich liebe auch die Schachteln“

Piet Schwarzenberger kann sich nicht nur für die Spiele selbst begeistern, sondern auch für deren  Verpackung. „Ich liebe auch die Schachteln. Sie wecken die Erwartung auf  eine eigene kleine Welt – mit einem Grundgesetz, also der Spielanleitung, und gesellschaftlichen Akteuren, den Spielfiguren und Spielern.“

Beim Spiel „Die Tavernen im Tiefen Thal“ geht es darum, erfolgreich eine Gaststätte zu betreiben.
Beim Spiel „Die Tavernen im Tiefen Thal“ geht es darum, erfolgreich eine Gaststätte zu betreiben. Foto: Karin Riggelsen

 

 

 

 

Fünf Favoriten

„Pandemie“
„Sehr passend ist zurzeit ,Pandemie‘. Ein kooperatives Brettspiel, bei dem es darum geht, Seuchen mit vereinten Kräften rechtzeitig in den Griff zu kriegen. Jeder Mitspieler übernimmt eine spezielle Funktion, etwa als Arzt oder Forscher. Und nur durch kluges Zusammenspiel können die Spieler ein Gegenmittel für die Seuchen entwickeln – und letztlich gemeinsam gewinnen.“

„Die Quacksalber von Quedlinburg“
„Ein sehr coronafreundliches Spiel ist ,Die Quacksalber von Quedlinburg‘, denn jeder Mitspieler hat seinen eigenen Beutel. Die mitspielenden Quacksalber sammeln Punkte, indem sie in ihrem Kessel die besten Tränke anrühren. Landen dort mehr als sieben Knallerbsen, explodiert das Ganze. Ziel ist es, möglichst viele Siegpunkte für besonders gelungene Zaubertränke zu sammeln, ohne dass es knallt.“

„Jenseits von Theben“
„In die Rolle eines Archäologen schlüpft man in einem der schönsten Brettspiele: ,Jenseits von Theben‘. Es geht um die Suche nach wertvollen Fundstücken, um damit gute Ausstellungen zu organisieren und dadurch Siegpunkte zu sammeln. Alles, was man unternimmt, kostet Zeit, von der jeder 52 Wochen zur Verfügung hat. Haushalten ist also angesagt. 2007 war es auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres.

„Exit“-Spiele
„Für Menschen, die sich an Spiele nicht so richtig heranwagen, sind  die ,Exit-Spiele‘ richtig gut geeignet, weil man unglaublich schnell drin ist im Spiel. Es gibt sie mit    verschiedenen Storys und unterschiedlichen Levels. Man muss Rätsel lösen, um aus einer bestimmten Situation zu entkommen und um   die Ecke denken, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen. Ich finde, die Spiele sind unglaublich gut gemacht.“  

„Mensch ärgere dich nicht“
 „Ein altes Spiel wie ,Mensch ärgere dich nicht‘   lässt sich mit  eigenen Hausregeln gut aufpeppen.  Zum Beispiel mit  einem vier-  oder  achtseitigen Würfel.  Das verändert die Dynamik. Oder aber man setzt gleichfarbige Figuren ein, deren unterschiedliche Farben nur unter den Füßen der Figuren zu erkennen sind. Das erfordert natürlich wesentlich mehr Konzentration. Man kann auch – wie bei ,Malefiz‘ – kleine Barrikade-Klötzchen einsetzen, die das Weiterziehen verhindern. Und dafür nimmt man einfach etwas aus der Küche, zum Beispiel Pfefferkörner.“

 

 

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