Kulturkommentar

„Mit Liebe auf Tour dem Hass entgegentreten“

Mit Liebe auf Tour dem Hass entgegentreten

Mit Liebe auf Tour dem Hass entgegentreten

Nina Stein
Nina Stein
Kopenhagen
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Konzert
Konzerte sind ein Ausdruck der Lebensfreude. Doch in der Vergangenheit haben Attentate dieses Gefühl überschattet. Foto: Anthony Delanoix/Unsplash

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Mit seiner Welttournee „Love On Tour“ begeistert Harry Styles Millionen Fans. In Kopenhagen wurde das Konzert im vergangenen Jahr, aufgrund einer Schießerei in der Nähe des Veranstaltungsortes, abgesagt. Am nächsten Sonnabend tritt er zum ersten Mal wieder in Dänemark auf – diesmal in Horsens. Warum das ein wichtiges Zeichen ist, erklärt Praktikantin Nina Stein in ihrem Kulturkommentar.

Am 13. und 14. Mai kommt Harry Styles mit „Love On Tour” in die CASA Arena nach Horsens. Es ist das erste Konzert von Harry Styles in Dänemark, nachdem er am 3. Juli vergangenen Jahres sein Konzert absagen musste. Grund dafür war ein Anschlag in einem 650 Meter entfernten Einkaufszentrum, bei dem ein Mann drei Menschen tötete und 27 weitere verletzte.

Harry Styles transportiert mit seiner Persönlichkeit Nächstenliebe, Gütigkeit und Diversität. „Treat People With Kindness“ (auf Deutsch: Behandle Menschen mit Freundlichkeit) lautet seine Philosophie, die auf jedem seiner Konzerte und unter seinen Fans zu spüren ist. Es ist ironisch, dass gerade eines dieser Konzerte aufgrund behördlicher Anweisungen abgesagt werden musste, weil ein Mensch wahllos auf seine Mitmenschen geschossen hat.

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen seit Anschlag auf ein Konzert in Manchester

Es ist nicht das erste Konzert in Europa, das von einem Anschlag direkt oder indirekt betroffen war. Im Mai 2017 verübte ein islamistischer Selbstmordattentäter einen Anschlag auf ein Konzert von Ariana Grande in Manchester. Der Attentäter zündete wenige Sekunden nach Ende des Konzertes einen Sprengsatz an seinem Körper und tötete 22 Menschen, darunter mehrere Kinder und Jugendliche. Im Nachhinein stellten die Behörden Sicherheitsmängel fest. Seitdem wurden die Sicherheitsvorkehrungen bei vielen Konzerten verschärft.

Auch bei „Love on Tour” sind nur Taschen in DIN-A4-Größe erlaubt und intensive Kontrollen vorgeschrieben. Das Kopenhagener Attentat fand jedoch nicht in der Arena, sondern im 650 Meter entfernten Einkaufszentrum statt.

Die Sicherheitsbedenken waren an diesem Tag zu groß, um das Konzert von Harry Styles nach der Bluttat stattfinden zu lassen. Einen Nachholtermin gab es für die Royal Arena in Kopenhagen nicht, das ist wohl auch der ausgebuchten Welttournee von Styles geschuldet. Auf Twitter teilte Styles kurz nach dem abgesagten Konzert mit, er habe „ein gebrochenes Herz”.

Tausende Fans wurden mit einem Ereignis zurückgelassen, das sie nun auf andere Art in Erinnerung behalten werden. Dabei wäre es vermutlich besser gewesen, hätte man den Fans einen Platz gegeben, um sich über das Ereignis auszutauschen und somit zu verarbeiten. Und sie nicht mit ungeordneten Gefühlen von unbefriedigter Vorfreude, Überforderung und Trauer zurückzulassen.

 

Liebe ist stärker als Hass

Verschärfte Einlasskontrollen sind ein notwendiger Schritt für die Sicherheit der Zuschauerinnen und Zuschauer. Viele mögen genervt von den strengeren Taschenvorschriften und längeren Wartezeiten sein, letztlich gewährleisten sie das unbeschwerte Konzerterlebnis.

Es ist richtig, dass Harry Styles auch nach Tragödien wieder auf Tour geht und mit seinen Songs Liebe und Gütigkeit verbreitet. Es wäre auch richtig gewesen, würde er dies in Kopenhagen tun. Um an diesem Ort, der Wunden im Land hinterlassen hat, das Erlebte zu verarbeiten und neue Erinnerungen zu schaffen.

Die Bluttat in Kopenhagen hat den Atem der Musikszene für einen Moment stocken lassen. Doch Kopenhagen wird davon nicht bestimmt. Kopenhagen ist bunt und ebenso wie ganz Dänemark ein Ort, an dem Menschen sich mit Freundlichkeit begegnen. Umso wichtiger ist es auch, dies der Welt zu zeigen.

Konzerte sind ein Ausdruck der Lebensfreude. Sie sind dazu da, um zu singen, zu tanzen und sich seinen Vorlieben hinzugeben. Sie sind Orte, um mit seinen Mitmenschen das Leben zu feiern.

Wir können keine Gewalttaten voraussehen und uns daher nur bedingt gegen sie schützen. Verschärfte Kontrollen sind ein Mittel, um uns auf Veranstaltungen dieser Art sicher zu fühlen. Und sie sind wichtig. Doch es wäre fatal, wenn wir weitergehen würden und unser Leben von solchen Taten bestimmen lassen.

Wir sollten Hass keine Chance geben, sondern ihm trotzen. Dies tun wir, wenn wir weiter auf Konzerte gehen und da weitermachen, wo wir aufgehört haben – deshalb ist das Event in Horsens nicht nur ein besonderes Ereignis für die Fans, sondern für ganz Dänemark.

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