Kunstausstellung auf Föhr

Arme Kunst, reiche Eindrücke

Arme Kunst, reiche Eindrücke

Arme Kunst, reiche Eindrücke

DN
Föhr
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Zierliche Blättertierchen: Regine Ramseiers „Laubläufer“. Foto: mkdw/Salome Weber

Zwei neue Ausstellungen im Museum Kunst der Westküste auf Föhr rücken die Natur und das einfach Leben in den Fokus.

Zwei neue Ausstellungen im Museum Kunst der Westküste   auf Föhr  rücken die Natur und das einfach Leben  in den Fokus.

Miesmuscheln, die an Bäumen hängen, Föhrer Pferdehaar kunstvoll verwebt, Berge von Rosenblüten und Wolken voller Pusteblumen: Die neue Ausstellung „Pure Nature Art“ im Föhrer Museum Kunst der Westküste (MKDW) zeigt Naturmaterialien in der zeitgenössischen Kunst. Eine recht neue Richtung, denn erst in den 1960er-Jahren hielten solch einfache Dinge Einzug in die Museen. In den lichten Räumen des Kunsthauses verteilen sich über zwanzig Naturschönheiten von sechs Künstlern: Bethan Huws, Christiane Löhr, Alastair Mackie, David Nash, Regine Ramseier und Herman de Vries.  

Diese Kunstform passt gut zu einer Insel. Denn weshalb kommt der Gast? Er sucht Entschleunigung, und liebt die Reduktion auf das, was da ist. Viele der Künstler machen nichts anderes, als die Strandbesucher auch: Sie bedienen sich an dem, was sie  in der Natur finden. Die gelernte Tischlerin Regine Ramseier lässt Tausende von verblühten Löwenzahnblüten unter der Decke schweben. Die Bodeninstallation des Niederländers Herman de Vries, einem 86-jährigen Pionier der Naturkunst, empfängt den Besucher mit dem Duft von unzähligen Blüten der Damaszena-Rose, noch bevor er sie zu seinen Füßen als dicken, roten Teppich liegen sieht.

Eine Hommage an das einfach Leben

Die Materialien leben und reagieren auf Hitze, Licht und Feuchtigkeit, wie David Nashs Riesenmuscheln aus alter Esche oder seine Kuppeln aus Korkeichenrinde. „Die Künstler arbeiten mit Stoffen, die bewusst nicht besonders wertvoll sind und die zeigen, dass Alltägliches zu Kunstwerken gemacht werden kann“, sagt die Kuratorin  Katrin Hippel.

Dieses Reduzierte beruhigt die Nerven in einer Zeit, die so unglaublich aufgeregt ist und von allem und jedem ein Statement fordert. Und es trifft gut den Ursprung dieser Kunstform, die auf die italienische Arte Povera-Bewegung (arme Kunst) zurückgeht, die Mitte der 1960er das klassische Kunstwerk von seinem Sockel herunterholen und Einfaches zur Kunst erklären wollte. Christiane Löhr, 1965 geboren, war eine Schülerin des Mitbegründers der Bewegung. Die Kölnerin zaubert aus Samen, Kletten oder dem Schweif Föhrer Gäule fragile Installationen. Und wer einmal Alastair Mackies  geschliffene Sepiaschalen bewundert hat, sieht den Flutsaum seiner Urlaubsinsel beim nächsten Mal mit anderen Augen.

Rückbesinnung gelingt auch mit den Bildern des niederländischen Malers Jopie Huisman. „Hommage an das einfach Leben“ heißt die zweite Ausstellung im MKDW, wo erstmals außerhalb der Niederlande die Arbeiten des friesischen Malers gezeigt werden, dem, 1922 geboren und 2000 gestorben, in seiner Heimatstadt Workum, in Ijsselmeer-Nähe, ein ganzes Museum gewidmet ist. Die Bilder stammen hauptsächlich aus der Privatsammlung des MKDW-Gründers und Stifters Frederik Paulsen, dem Huismans Identifikation mit seiner friesischen Herkunft derart gefiel, dass er anfing, ihn für sein Unternehmen zu sammeln. In den Niederlanden ist der Mann eine Legende. Ein Lumpensammler und Altmetallhändler, mit 16 Jahren das erste Bild, ein Autodidakt, was die Malerei angeht, zeitlebens zu verliebt in seine eigenen Bilder, um sie zu verkaufen, vielleicht auch einfach nur zu verliebt in seine Heimat, die er nicht aus der Hand geben wollte. Er wurde einer der bedeutendsten realistischen Maler der Niederlande. Seine Welt gibt es jetzt auf Föhr zu sehen. Undine Bischoff

„Pure Nature Art – Naturmaterialien in der zeitgenössischen Kunst“ und „Jopie Huisman – Hommage an das einfach Leben“, MKDW, Hauptstraße 1, Alkersum/Föhr. Eröffnung am heutigen Sonnabend, 17.30 Uhr, bis 7. Januar 2018.

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