Kardels Tagebuch: 1914-1918

Einträge von August 1918

Einträge von August 1918

Einträge von August 1918

Harboe Kardel
Frankreich
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Kardels Tochter Elsbeth Kardel Knutz hat unserer Zeitung die eigenhändig abgetippten Tagebücher zur Verfügung gestellt, sodass Der Nordschleswiger bis zum Ende der Aufzeichnungen bis 2018 Kardels Tagebucheintragungen abdrucken kann. Die Einträge sind immer am 1. eines Monats 100 Jahre später abrufbar.

3. August 1918.

Dienstag gab`s eine Feier mit Musik und einem Komiker aus Köln. Um 1 Uhr war ich müde, und als einer sagte: „Schade, dass kein Bier mehr da ist“, sagte ich: „ Das ist gut. Denn so kommen wir jedenfalls rechtzeitig nach Hause“.

Mittwoch Abend Besichtigung des Armeeflugzeugparks in Essigny le petit .Ach, all die schönen Mädchen in den Schreibstuben.

Um 11.30 kam ich in La Capellean.

Johannes kommt mit den anderen Herrn auf keinen grünen Zweig. Er will es auch nicht. Er steht allein.

Die Rückfahrt war ziemlich schwierig. Von Tilloloytrampte ich nach Roye sur Matz. Ein Wagen war nicht da.

 

5. August 1918. Im Biwak.

Ich bin lange nicht in einer solch düsteren Stimmung gewesen wie in diesen Tagen, obgleich es mir äußerlich gut geht. Der Grund ist dieser: Unsere offensive ist missglückt. Der Krieg scheint sich also ins unendliche ausdehnen zu wollen. In dieser Einöde habe ich keine Ablenkung und bin meinen Grübeleien schutzlos ausgeliefert.

Wie soll`s nur noch werden? Dunkel und unheilsschwanger liegt die Zukunft vor uns. Wird Gott nicht bald einsehen haben und die Welt erlösen von dem Fluch, der auf ihr lastet?

Nun bin ich auch noch zur 4. Batterie besetzt. Nach 3 Jahre muss ich die gute 6. Batterie verlassen. Weshalb immer dieser Wechsel? Davon ist keiner erfreut.

 

12. August 1918.

Zum erstenmal war ich in der Stellung der 4. Batterie am Südwestausgang von Cuvilly. Lt. Stern war auch vorne, da rechts von uns bei Montdidier, große Angriffe der Franzosen in Gange waren; weshalb „Erhöhte Alarmbereitschaft“ angeordnet war.

Bei uns war alles ruhig.—Deshalb wundert es uns, das wir kurz vor 4 Uhr, am 10.8. von Hauptmann Eggers, einem Rendsburger Fabrikanten, den Befehl durchs Telefon bekam: „Stellung sofort räumen, Protzen sind bestellt, Treffpunkt der Batterien Fresnières, um 4 Uhr fängt Infanterie an zu räumen.“ 

Um 5 Uhr kamen die Protzen unter Peters`Führung, und kaum waren sie da, als das feindliche Vorbereitungsfeuer mit voller Wucht einsetzte, auf unsere Stellungen, auf Straßen und Dörfer: Der feindliche Großangriff dehnte sich auch auf unsere Front aus. 

Ich bekam den Befehl, zunächst mit 3 Geschützen, 4 Munitionswagen und dem Telefonwagen zurückzugehen. Lt. Stern wollte mit dem Tankgeschütz nach kommen. Im Trab ging`s durch Cuvilly, in das regelmässig die dicken Geschosse hineinsausten.-- Hindurch!

Vor uns zu beiden Seiten der Straße Orvillers-Cuvillyziehen Geschwaden übers Land. Nun ist die Straße erreicht, und ich will nach rechts einschwenken auf die Straße nach Schloss Sorel. Da reißt, 100 m vor mir, eine Granate die ganze Straße auf. –Links an dem mannstiefen Trichter vorbei geht unser Weg, und als der nächste Schuss kommt, ist meine Kolonne schon vorbei. Auch nach Schloss Sorel pfefferte man rein. 

Zwischen Sorelund Biermontwird es ruhiger. Kurz vor dem Dorfeingang von B. krepiert eine Granate neben der Spitze meiner Kolonne, tötet ein Vorderpferd und verwundet seinen Reiter beim ersten Geschütz, und auch mich am Oberschenkel.

Nachher kommt Stern nach, am Auge verwundet. 

Humpelnd bringe ich die Batterie bei Fresnièresin Stellung, dann löst Martens mich am Abend des 10.8.ab. Ich versuche, mich in Candorzu kurieren, es geht aber nicht wegen feindlichen Feuers und hinzutretendem Darmkatarrh.

Es ist ein trauriges Dasein, das ich hier in Candor als verletzter führe.

Vorne wird offen auf Franzosen und feindliche Batterien geschossen. Wie gut könnten wir`s alle haben, wenn kein Krieg wäre!

 

16. August 1918.

Am 13. 8.kam ich in Le Plessisins Lazarett.Lt.Henningsenaus Gravenstein war auch hier. Nachher kamen Lt. Sönnemann3/Res.17,-- Lt. Bolle2/Res.17,--und Lt.Hofmann4/50.

Heute Nacht verstarb hier ein Fliegerleutnant, der einen Bauchschuss hatte.

 

20. August 1918.

Besonders gestern ging es heißher. Lt. Fennerist gefallen, ebenso Schmieding.

Offizier-Stellvertreter Bölck 3/17 ist schwer verwundet. Die Artillerie scheint große Bravour gezeigt zu haben. Trotzdem musste sie zurück. Geschütze scheinen auch verloren zu sein. Hier sehe ich zu viel des Jammers. Fast schäme ich mich, mit meiner Krankheit hier unter den großen Verletzungen. Hier tritt mir das Elend des Krieges so recht vor Augen. Morgen kehre ich zurück—Gott sei Dank! Darf ich noch mitstreiten? Hoffentlich !

 

22. August 1918.

Gestern Abend vom Lazarett in Le plessis-patte-d`oie. Ich fuhr nach Ham, um Sachen zu kaufen. Treffe Hans Gätgens, der gerade vom Urlaub kommt. Ein Staub auf den Heerstraßen und Lastautos alles Richtung Noyon.Beim Dunkelwerden Ankunft im Biwak, nördlich Ecovilly.

Als ich vom Lazarett kam, stand die 4. Batterie bei Fresnières, dann am Walde von Avricourt. Wir wohnten in einer großen Pferdebaracke, innerhalb welcher wir uns eine schmale, längliche Grube hatten ausheben lassen, in der nachts schliefen, wir nannten sie unsern „Sarg“. Er schützt uns vor Sprengstücken, die nachts reichlich durch die dünnen Barackenwände sausten, denn die ganze Nacht hindurch wurde die nähere und weitere Umgebung unserer Batteriestellung mit Granaten bepflastert.

Die Gruppe beschuldigte uns, die eigene Infanterie mit Gelbkreuz beschossen zu haben.

In der Mulde zwischen uns und der Fifi-Waldspitze war immer ein dunkler Punkt zu sehen, das waren die Leichen unserer Küchenfperde, die dort auf dem Wege zur Stellung mit Kutscher und Wagen durch einen Volltreffer erledigt wurden.

Der Rückzug war nicht genügend vorbereitet, denn im Walde vonAvricourtblieb ein großes Pionierlager liegen, mit unheimlichen Vorräten, grösser als das, welches wir bei Lataulefanden.

 

Am 21.8. Fiel Lt. Bruse3/17 aus Güstrow, mit ihmVizewachtmeister Voss.

Vom 23. Bis 27.August war ich vorne. Nacht schliefen der „Alte“ Hans Gätgensund ich im „Sarg“.

Nun sind wir „bewegliche Tankbatterie“. Heute Morgen erkundeten wir Tankpunkte. In der Nacht gab es Artillerie-Feuer, Regen und Gewitter, eine nette Mischung.

Über uns weg schießen die Französischen Fernkampfgeschütze nach Campagne. Gef. Bagage ist schon fort nach unserm neuen QuartierDetroit bleu bei Flavy le Martel

 

Am 28.8.passieren wir Villeselve- dort war ich vor mehr als 3 Jahren. Wir ziehen uns nämlich wieder ruhmreich zurück, diesmal scheinbar auf den Kanal bei Libermont.

Als wir abrücken wollen, bricht der Jagdwagen zusammen, wird aber notdürftig mit Draht zusammengeflickt.

Ich habe dies Nomadenleben satt, bin auch gesundheitlich ganz herunter. Es ist eine trostlose Zeit, die wir durchmachen. Die Mutlosigkeit ist groß. Der Krieg hängt allen zum Halse heraus. Jedenfalls den Frontkämpfern.

 

31. August 1918.

Am 28.8. gegen Morgen Ankunft in Dètroit bleu. Dort in der Baracke hausten Regts. Und Abt. Stab und alle Offiziere der II. Abteilung mit den Kraftfahrern.

 

Als wir am 29. 8. Abmaschieren wollen, wird die Division angehalten. So entstand ein Doppelkopf. Abends kommt der erlösende Befehl zum Abrücken: nach hinten, nach Homblières, Östlich St. Quentin. In Quentin war vor Kleinbahnschienen Drahtverhau und Schützengräben fast nicht durchzukommen. Dort Biwak im Walde, eine kalte, kurze Nacht. Auf dem Biwaksplatzwird ein Baum abgesägt, und die Honigvorräteeines Bienenschwarmsbeschlagnahmt.

Schön war der Marsch am nächsten Tag nach Bohain. Auf dem Marsche, scheisst General von Mutius uns an, weil wir an einer haltenden Kolonne vorbeimarschieren.-

In Fontaine notre Damegrüßte uns zum ersten Mal wieder dasnichtsoldatische Leben. Kommen unter auf einer Ferme 1,5 km westlich Bohain, Strasse Brancourt. Aber es ist doch eine Verbesserung. Ich bin krank, der Darm will nicht.

Gestern Abend Tanz im Helferinnen-Heim. Alle Offiziere der Abteilung waren da. Hauptmann W. war sehr lustig. Es war ein schöner Abend.

Martens holte eine leichte Feldhaubitze 16. Mit denen habe ich einmal geschossen, im Oktober, 456 Schuss, zum ersten und letzten Mal.

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