EU-Bürgerinitiative

Neue Hoffnung für Europas Minderheiten

Neue Hoffnung für Europas Minderheiten

Neue Hoffnung für Europas Minderheiten

dodo
Apenrade/Aabenraa
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Bereits über 1,1 Millionen Unterschriften wurden gesammelt. Foto: Eric Lalmand

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Nach MSPI hat eine weitere EU-Bürgerinitiative die Grenze von einer Million Unterschriften erreicht. Die Hoffnung ist groß, dass sie bei der EU auf mehr Gegenliebe stößt als ihr Vorgänger.

Die Europäische Union soll Regionen, die sich durch nationale, ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Eigenheiten auszeichnen, besondere Aufmerksamkeit widmen. Kurz gesagt: Regionen in Europa, in denen Minderheiten leben, sollen künftig von der EU direkt gefördert werden, statt es den einzelnen Ländern zu überlassen, ob sie Gelder in die Minderheitenregionen geben.

Diese Forderung stellten die Szekler, die ungarische Minderheit aus Siebenbürgen in Rumänien, bereits 2013 mit ihrer Bürgerinitiative „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“. Doch erst 2019 wurde sie von der EU angenommen, und das Sammeln von einer Million Unterschriften (wobei mindestens sieben EU-Länder eine bestimmte Schwelle erreichen müssen) konnte beginnen.

Hilfe durch Corona

Anfang Mai vergangenen Jahres, kurz vor Ende der Deadline, sah es schlecht aus für die Initiative. Lediglich 800.000 Stimmen waren zu diesem Zeitpunkt gesammelt. Durch die Corona-Pandemie bekam die Unterschriftensammlung zweimal eine Verlängerung, wodurch das Ziel mittlerweile klar erreicht werden konnte. 1.152.279 Unterstützer haben unterschrieben. Bereits in zehn Ländern (Spanien, Schweden, Lettland, Litauen, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Rumänien und Irland) wurde die notwendige Mindestanzahl vor Ablauf der Frist am 7. Mai erreicht.

Obwohl die nötige Zahl an Unterschriften bereits gesammelt werden konnte, werben die Initiatoren der Kampagne weiterhin energisch um Unterstützung.

Der BDN unterstützt

Auch der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) erhielt eine E-Mail mit der Bitte, weiter für die Initiative zu werben.

„Wir fordern dazu auf, die Initiative zu unterstützen, und das machen wir natürlich sehr gerne. Wir wollen unbedingt unsere Solidarität zum Ausdruck bringen. Es ist wichtig, jetzt eine breite Masse dahinter zu versammeln, um im politischen Prozess auch etwas bewirken zu können. Die Minority Safepack Initiative hat gezeigt, dass es nicht allein reicht, die eine Million Unterschriften zusammenzubekommen“, sagt der Koordinator des BDN, Thore Naujeck.

Hoffen auf besseren Ausgang als bei MSPI

Er hat Hoffnung, dass die neue Bürgerinitiative bei der EU auf mehr Gegenliebe stoßen wird als MSPI.

„Die jetzige Initiative ist zum einen konkreter, zum anderen zielt sie nicht rein auf die Minderheiten ab, sondern auf die Entwicklung der Regionen, in denen diese leben. Da davon aber auch Teile der Mehrheitsbevölkerungen profitieren werden, hoffe ich, dass es eine breitere Unterstützung bei den EU-Politikern geben wird“, so Naujeck.

Im Vergleich dazu habe MSPI das Problem, dass es unkonkreter sei und viele Politiker in der EU mit Minderheitenpolitik überhaupt nichts anfangen können und es sogar mit Flüchtlingspolitik gleichsetzen. „Das sehen wir doch auch hier in Dänemark. Einige wissen vielleicht noch, dass es irgendwo eine dänische Minderheit gibt, von einer deutschen Minderheit in Dänemark haben viele aber noch nie gehört“, sagt der BDN-Koordinator aus eigener Erfahrung.

Auch der Filmemacher László Pesty, der für die Kampagne zur Unterstützung der Unterschriftensammlung verantwortlich ist, hofft, dass es diesmal einen besseren Ausgang geben wird als bei MSPI. Doch er stellt sich auch auf einen harten und steinigen Weg ein.

Im Interview mit dem Medium „Visegrád Post“ sagte er: „Das EU-Parlament unterstützte MSPI. Die EU-Kommission lehnte es jedoch ab. Wir erleben eine ernsthafte Entkoppelung zwischen der Öffentlichkeit und den verantwortlichen Bürokraten. Die EU-Kommission verlässt sich auf einen sehr technokratischen Ansatz. Es ist unsere Aufgabe, uns auf die bürokratischen Herausforderungen vorzubereiten, vor allem aber die paradoxen Mechanismen zu durchschauen, mit denen wir rechnen müssen. Wenn wir Erfolg haben, werden nicht nur die Initiative Sign It Europe und die 50 Millionen Europäer, die als Minderheiten direkt betroffen sind, davon profitieren. Europa in seiner Gesamtheit kann sein Vertrauen in die demokratischen Institutionen zurückgewinnen. Akademische Ideologie mag auf dem Papier gut aussehen – auf Entwürfen, die in verschiedenen Büros in Brüssel herumliegen. Es ist aber eine andere Sache, nach diesen Werten zu leben, sie zum Leben zu erwecken. Ein solcher Fortschritt erfordert Konflikte und eine ehrliche, manchmal raue Kommunikation. Wir sind für diese Herausforderung bereit.“

Hier geht es zur Bürgerinitiative.

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