Von Afrika nach Nordschleswig
Aus Tansania heimkehren
Aus Tansania heimkehren
Aus Tansania heimkehren
Snapchat, Schulstress und Konsum – die junge Nordschleswigerin Janni Moshage Moldt hat das alles für eine Weile eingetauscht gegen ein Leben auf einer Farm in Afrika. Mit Elefanten, lachenden Kindern, traumhaften Sonnenuntergängen – und in Dänemark ungekannter Armut. Dritter und letzter Teil.
Wie ich es in den vergangenen Wochen schon so oft erklärt habe, so war es schwer, dorthin zu reisen, aber noch schwerer, wieder zu Hause anzukommen.
Als ich nach Tansania reiste, war mein Kopf voller Neugier, Energie und positiver Erwartungen – Erwartungen darüber, wie anders alles sein würde, ob ich mich zu Hause fühlen und ob die Menschen, die ich treffen würde, umgänglich sein würden.
Und ich könnte es ganz kurz machen und schreiben: Alles an Tansania übertraf meine Erwartungen um ein Vielfaches. Sowohl im Positiven wie im Negativen.
Dankbar für die kleinsten Dinge
Als ich dann wieder in Dänemark landete nach meiner Tour über den Äquator, begann ich, so einiges zu begreifen.
Wenn man sich nun vorstellt, jeden Tag und den ganzen Tag lang von einer Schar lieber, dankbarer Kinder umringt zu sein, einen Alltag mit vielen Entbehrungen zu leben, und doch alles zu haben, was man braucht. Im Schnitt zehn Kilometer am Tag zu laufen, aber gar nicht weiter darüber nachzudenken. Dankbar zu sein für die kleinsten Dinge, an die du früher nie auch nur einen Gedanken verschwendet hast.
Kein Grund für Stress
Es ist fast so, als wäre ich in Afrika daran erinnert worden, dass es in Ordnung ist, dass man das, was man heute nicht besorgen kann, vielleicht ja dann morgen schafft – oder an einem anderen Tag.
Ich lernte, dass es gar keinen Grund gibt, sich wegen etwas Stress zu machen, das man nicht ändern kann. Das klingt doch eigentlich ganz klar und einfach, oder? Und doch ist es so unwahrscheinlich schwer für uns, das auch zu leben.
Doch die Dinge brauchen nun mal ihre Zeit, und das muss nicht immer schlecht sein. Große Veränderungen kommen nicht von einem Tag auf den anderen, und das ist doch auch okay.
Zu Fuß statt mit Mamas Auto
Wenn man nun also feststellt, dass das Leben gar nicht so angestrengt sein muss, wird man auch dankbarer und nimmt die Dinge nicht mehr selbstverständlich.
Sich zweimal täglich die Zähne zu putzen, überall hingefahren zu werden, krüsch zu sein und bestimmtes Essen einfach wegzuwerfen, „einfach so“. Oder die Tatsache, eine schwere Schultasche über der Schulter zu tragen, voller Bücher und Hefte, die viele Kinder als Bürde ansehen.
Doch in Wirklichkeit ist es nicht selbstverständlich, und niemand sollte darüber auch nur nachdenken müssen.
Denn viele Kinder haben kein einziges Schulbuch, weil dafür die Mittel fehlen. Die Schulhefte sind mit Drähten geflickt, und aus den Kugelschreibern wird der letzte Tropfen Tinte gepresst. So ist es einfach. Und dadurch habe ich viel gelernt. Denn weshalb sollte man sich unnötig sorgen, stressen oder frustrieren, wenn man daran letztlich nichts ändern kann? Stattdessen heißt es, es zu akzeptieren, tief durchzuatmen und damit zu leben.
Höher, weiter, schneller – und wozu?
Hier in Dänemark sind wir sehr darauf bedacht, up to date zu sein, neu und modern, größer und effizienter zu werden. Ist doch schön, dass wir dafür die Ressourcen haben. Aber ist das wirklich nötig?
In Tansania habe ich gelernt, dass die allermeiste Arbeit mit den Händen ausgeführt wird. Die Menschen renovieren und konstruieren Straßen und Gebäude und mehr mit der Kraft der eigenen Hände, ihrer Körper und dem, was die Natur an Werkzeug bietet. Sie tragen Rohstoffe, Brennholz und Lebensmittel in Stapeln auf ihren Rücken oder Köpfen. Sie gehen täglich viele Kilometer, als ob das gar nichts wäre – denn es ist gar nichts, wir sind einfach nur zu faul geworden.
Ein anderer Mensch geworden
Ich wurde oft gefragt, wie es ist, wieder zurück zu sein, und ob ich mich schon daran gewöhnt habe. Ich kann ehrlich sagen, dass ich nicht glaube, dass ich mich jemals daran gewöhnen werde. Und ich glaube ganz ehrlich auch nicht, dass ich jemals wieder dahin zurückkommen werde, wo ich „war“, als ich losreiste.
Vieles hat sich verändert, sowohl persönlich als auch zukunftsbezogen. Persönlich merke ich ganz deutlich, dass ich ein wesentlich entspannterer Mensch geworden bin. Ich schätze, was ich habe, und ich sehne mich nicht mehr nach Größerem und mehr, wie ich es früher tat.
Alles geben, um denen zu helfen, die nicht privilegiert sind
Ich bin dankbar und froh und will um alles in der Welt weiterhin freiwillige Arbeit leisten, ausgeben, was ich habe, für die, die nicht haben, und ich will die vielen privilegierten Möglichkeiten, die ich habe, nutzen, um mich als Mensch zu entwickeln und das zu erreichen, was ich will. Besonders, weil ich weiß, dass viele andere das nicht können, finde ich, dass ich es ihnen schuldig bin, meine Privilegien nicht als gegeben hinzunehmen. Das wäre nicht ehrlich.
Nach meiner Zeit auf Jebsens Kaffeefarm bin ich inspirierter und motivierter als früher. Ich habe vielmehr das Gefühl, dass meine Stimme Gewicht hat und dass ich etwas für andere Menschen erreichen kann. Zumindest, dass ich für sie da sein kann, wenn ihnen eine helfende Hand fehlt. Dafür könnte ich dankbarer nicht sein.
Afrika hat mein Leben auf den Kopf gestellt, und ich bin bereit dafür, anzugehen, was meine neue Sicht auf das Leben, die neue Energie und die Erinnerungen im Gepäck zu meinem künftigen Leben und meinen Entscheidungen in Zukunft beitragen.
Es kann nur gut werden.