Katastrophe

Nach Seilbahnunglück: Kleiner Eitan soll zurück nach Italien

Nach Seilbahnunglück: Kleiner Eitan soll zurück nach Italien

Nach Seilbahnunglück: Kleiner Eitan soll zurück nach Italien

dpa
Tel Aviv
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Nach der Seilbahn-Katastrophe Ende Mai 2021 hat das Familiengericht in Tel Aviv die Rückkehr des einzigen Überlebenden nach Italien angeordnet. Foto: Vigili del Fuoco/dpa

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Ein Junge verliert bei einem Seilbahnunglück in Italien seine ganze Familie. Zwischen den Verwandten entbrennt ein Streit. Heimlich bringt ihn der Großvater nach Israel. Nun hat ein Gericht entschieden, wo der Junge vorerst leben soll.

Im mutmaßlichen Entführungsfall um den kleinen Eitan, den einzigen Überlebenden der Seilbahn-Katastrophe vom Lago Maggiore, hat das Familiengericht in Tel Aviv die Rückkehr des Jungen nach Italien angeordnet.

Der in Israel lebende Großvater muss zudem rund 19.000 Euro an Gerichtskosten übernehmen, hieß es in einem Auszug aus dem Urteil am Montag.

Der Junge, der bei dem Unfall am Pfingstsonntag in diesem Jahr beide Eltern, den kleinen Bruder und zwei Urgroßeltern verloren hatte, war Mitte September von seinem Großvater mütterlicherseits heimlich und entgegen einer richterlichen Anordnung nach Israel geflogen worden. In dem Verfahren hatte die Tante väterlicherseits, Aya Biran-Nirko, die Rückkehr des Sechsjährigen mit ihr nach Italien gefordert. Sie war zuvor als Vormund des Jungen eingesetzt worden.

Das Urteil des Gerichts in Tel Aviv ist lediglich eine Entscheidung über den aktuellen Aufenthaltsort des Jungen. Es ist keine Entscheidung darüber, wer langfristig die Vormundschaft für ihn erhält. Ein entsprechendes Verfahren darüber ist derzeit in Mailand anhängig und soll am 1. Dezember fortgesetzt werden.

Eitan wurde Medienberichten zufolge in Israel geboren, zog aber kurz nach der Geburt mit seinen Eltern nach Italien. Er hat demnach einen israelischen und einen italienischen Pass. Die Tante hatte zu dem Verfahren gesagt, Pavia in der Lombardei sei die Heimat des Jungen, der im September in Italien hätte eingeschult werden sollen.

Die in Israel lebende Familie seiner Mutter hatte laut den Berichten dagegen argumentiert, die Eltern hätten konkret einen Umzug zurück nach Israel geplant. Sie hätten sich Schulen für den Jungen angeschaut und sich um einen von der Regierung bezuschussten Kauf einer Wohnung bemüht. Der Junge solle in Israel aufwachsen.

Das Gericht schrieb in seinem Urteil, der Großvater habe kurz nach dem Unglück im Mai zugestimmt, dass die Tante der Vormund des Jungen werde. Anschließend habe sich ein Streit entwickelt, ob es sich dabei um eine vorläufige oder eine langfristige Lösung handeln sollte. Der Großvater klagte in Italien gegen die Vormundschaft von Aya Biran-Nirko.

In dem Urteil hieß es, das Gericht akzeptiere die Argumentation des Großvaters nicht, der reguläre Aufenthaltsort des Jungen sei Israel - noch, dass er zwei reguläre Aufenthaltsorte habe, Israel und Italien. Auch wies es das Argument zurück, eine Rückkehr des Jungen nach Italien würde ihm schaden.

Das Gericht verwies in seinem Urteil auf das Haager Kindesentführungsabkommen - eine internationale Vereinbarung, der sich sowohl Israel als auch Italien angeschlossen haben. Dieses soll Kinder vor Entführungen oder Verschleppungen in andere Länder schützen. Zudem sieht es vor, Kinder so schnell wie möglich in den Staat des bisherigen und gewohnten Aufenthalts zurückzubringen. Wann das im Fall des kleinen Eitan sein wird, stand nicht in dem Gerichtsdokument.

Die Staatsanwaltschaft der italienischen Stadt Pavia hat im September Ermittlungen gegen den Großvater wegen Kindesentführung aufgenommen. Eitans Großmutter und - laut den Berichten - ein weiterer Mann stehen ebenfalls unter Verdacht. Der Mann habe den Großvater und den Jungen in einem gemieteten Auto von Pavia in die Schweiz gefahren, von wo sie nach Tel Aviv flogen, hatte die Tagezeitung «Corriere della Sera» berichtet.

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