Flucht und Einwanderung

Der Brückenbauer aus Syrien

Der Brückenbauer aus Syrien

Der Brückenbauer aus Syrien

Lisa Strobel/shz.de
Schleswig
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Anwar Alrahwan Foto: Lisa Strobel/shz.de

Wie Integration von Flüchtlingen in Firmen gelingt. Anwar Alrahwan aus Syrien arbeitet als Bauingenieur beim Landesbetrieb.

Anwar Alrahwan plant Brücken. Ein Zufall oder Bestimmung? Damit der junge Syrer, der 2016 aus seinem Heimatland geflüchtet ist, in Deutschland arbeitstechnisch Fuß fassen konnte, musste zwischen ihm und dem Landesbetrieb für Straßen und Verkehr auch erst eine Brücke geschlagen werden. Wie Unternehmen Flüchtlinge integrieren können, wurde am Donnerstag beim Unternehmertreff der Industrie- und Handelskammer (IHK) im Schleswiger Plessenhof vorgestellt. Anschließend wurde an Themen-Tischen diskutiert. Dort berichtete auch der syrische Bauingenieur von seiner persönlichen Erfahrung.

„Ich wollte nicht rumsitzen, sondern arbeiten“, erzählt Anwar Alrahwan. Anfangs wohnte er in einem Flüchtlingsheim und hatte noch keine Aufenthaltsgenehmigung – das hielt ihn aber nicht davon ab, direkt Bewerbungen zu verschicken. Nach nur vier Anschreiben landete er bereits den Volltreffer, erzählt der 27-Jährige. „Vielleicht war es Glück oder Zufall, ich weiß es nicht. Aber die Zusage für ein Praktikum beim Landesbetrieb für Straßen und Verkehr hat mir einfach zu 100 Prozent zugesagt“, erzählt er. Bei dem Praktikum in Flensburg bekam der studierte Bauingenieur Einblick in den Straßenbau, aber auch in den Aufgabenbereich des Amtes. „Viele Vorschriften und Fachbegriffe kannte ich so nicht. Aber die Kollegen haben mir mit viel Geduld alles erklärt“, berichtet der Syrer. Zufällig traf er eines Tages auch einen alten Bekannten hinter einer Bürotür wieder: „Mein ehemaliger Professor Fadi Kanan aus Syrien arbeitet im selben Betrieb. Das war eine schöne Überraschung!“

Dann wurde der junge Syrer in einer Abteilung eingesetzt, die Brücken plant. „Dort habe ich gemerkt: Das ist mein Ding.“ Als schließlich mehrere Stellen für Bauingenieure ausgeschrieben wurden, bewarb er sich einfach und bekam seinen Traumjob in der Brückenplanung. „Anwar hat uns einfach überzeugt. Selten haben wir jemanden gesehen, der so motiviert und engagiert ist“, sagt Sonja Stryi vom Landesbetrieb. Alrahwans Frau, die ebenfalls Bauingenieurin ist, konnte erst einige Zeit später nach Deutschland kommen. „Jetzt lernt sie erstmal Deutsch,“ sagt Anwar Alrahwan und fügt hinzu: „Die Sprache ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt.“

Bevor man einen Flüchtling im Unternehmen beschäftigt, sollte man sich überlegen, welches Sprachniveau oder welchen Abschluss derjenige mitbringen sollte, sagt Sonja Stryi. Unterstützung finde man bei der Arbeitsagentur, aber auch intern im Unternehmen sei es wichtig, Ansprechpartner zu benennen – sowohl für die Geflüchteten als auch die anderen Mitarbeiter. „Integration klappt, wenn alle offen miteinander sind“, sagt sie. Stefan Wesemann von der IHK fügt hinzu: „Wir bringen hier beim Unternehmertreff die wichtigen Akteure zusammen. Hilfe gibt es sowohl vom Kreis als auch von der Arbeitsagentur oder der Ausländerbehörde.“ Unterstützt wird das Netzwerk von der Initiative „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“. Dort können sich Unternehmer kostenlos beraten lassen, bekommen Informationen und Kontakte zu anderen, die bereits Erfahrungen mit Geflüchteten im Betrieb gemacht haben. Beispielsweise Fassadentechnik Matzen oder die Firma Jöhnk Landmaschinen aus Böklund haben sich getraut und Flüchtlingen einen Arbeitsplatz gegeben. „Wir haben großes Glück, dass wir hier in Frieden leben dürfen, deshalb finde ich es persönlich wichtig, auch den Geflüchteten eine Chance und Möglichkeit auf Arbeit zu geben“, sagt Horst Bröge von Jöhnk Landmaschinen.

Das zeigt wiederum: Brücken bauen zwischen Geflüchteten und Unternehmern muss kein Zufall sein.

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