Pandemie

Zahl der Corona-Infizierten in Schleswig-Holstein mehr als verdoppelt

Zahl der Corona-Infizierten in Schleswig-Holstein mehr als verdoppelt

Zahl der Corona-Infizierten in SH mehr als verdoppelt

dpa/lno
Kiel
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ARCHIV - 13.02.2020, Schleswig-Holstein, Wenningstedt/Sylt: Spaziergänger wie hier am Strand von Wenningstedt auf Sylt nach Sturmtief «Sabine» wird es in nächster Zeit wohl weniger geben. Foto: Carsten Rehder/dpa

Die Corona-Epidemie breitet sich auch in Schleswig-Holstein rasant aus: Binnen weniger Tage stieg die Zahl der registrierten Infizierten um mehr als das Doppelte. Seit Montag sind Schulen und Kitas geschlossen, die Nord- und Ostseeinseln sind abgeriegelt, das öffentliche Leben lahmgelegt.

Die Zahl der Corona-Infizierten in Schleswig-Holstein hat sich innerhalb weniger Tage mehr als verdoppelt. Bis einschließlich Sonntag wurden 124 Fälle im nördlichsten Bundesland erfasst, wie das Gesundheitsministerium am Montag in Kiel mitteilte. Am Freitag waren es noch 60 Fälle gewesen. Mit massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens will die Landesregierung die wachsende Ausbreitung des neuartigen Coronavirus eindämmen oder zumindest verlangsamen.

An der deutschen Grenze zu Dänemark wird seit 8.00 Uhr kontrolliert, Touristen und andere Reisende ohne gravierenden Grund dürfen nicht mehr ins Land. Pendler und der Güterverkehr sind davon ausgenommen. Dänemark hatte seine Grenze zu Deutschland bereits am Sonnabend weitgehend geschlossen.

Seit Montag sind Schulen und Kitas landesweit generell geschlossen. Es gibt eine Notversorgung für Kinder von Eltern, die in besonders kritischen Infrastrukturen arbeiten und keine andere Betreuung organisieren können. „Unser erster Eindruck ist, dass es sehr gut funktioniert und der Bedarf sehr gering ist“, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums in Kiel zur Situation an den Schulen.

Sonderurlaub für Landesbedienstete

Wegen der besonderen Situation gewährt Schleswig-Holstein seinen Landesbeschäftigten Sonderurlaub. Eine entsprechende Regelung für Beamte und Angestellte, die zur Betreuung ihrer Kinder zu Hause bleiben müssen, habe die Landesregierung getroffen, sagte Regierungssprecher Peter Höver am Montag. Der Umfang betrage bei Beamten zunächst zehn Arbeitstage pro Kind beziehungsweise 20 Arbeitstage bei Alleinerziehenden. Zuvor hatten die „Kieler Nachrichten“ darüber berichtet.

Bei Angestellten sieht die Regelung in solchen Fällen zunächst drei Arbeitstage vor. Sie kann jeweils um weitere drei Tage verlängert werden. „Diese Regelung ist eine Auffanglösung, wenn die Dienstleistung tatsächlich nicht möglich ist“, sagte Höver. „Die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten, hat Vorrang.“

Öffentliches Leben steht still

Bis zum 19. April sind alle öffentlichen Veranstaltungen untersagt. Betroffen sind Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Kino und Museen, Fitnessstudios, Schwimmbäder, Saunen und Angebote der Volkshochschulen, Musikschulen und andere öffentliche und private Bildungseinrichtungen. Gleiches gilt für Zusammenkünfte in Sportvereinen, Freizeiteinrichtungen und Spielhallen sowie das Prostitutionsgewerbe. Für Besuche in Kliniken gelten strenge Regeln. Zugelassen ist nur ein Besucher pro Patient und Tag. Ausnahmen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche.

Restaurants müssen die Kontaktdaten ihrer Besucher registrieren. Dadurch sollen bei Infektionen Kontaktpersonen ermittelt werden können. Zwischen den Tischen muss mindestens zwei Meter Abstand sein.

Inseln gesperrt

Das Land hat seit 6.00 Uhr am Montag alle schleswig-holsteinischen Nord- und Ostseeinseln sowie die Halligen in der Nordsee für Touristen gesperrt. Das bestätigten die zuständigen Polizeileitstellen. Hintergrund ist der Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte bei der Bekanntgabe der Entscheidung nach einer Kabinettssitzung am Sonntag Urlauber aufgefordert, den Heimweg anzutreten.

Noch im Laufe des Montags wollte Günther (CDU) nach einer weiteren Kabinettssitzung weitergehende Regelungen für den Tourismus in ganz Schleswig-Holstein mitteilen.

Zu den vom Touristenstopp betroffenen Nordseeinseln gehören Sylt, Amrum und Föhr, die Halbinsel Nordstrand sowie die Halligen Hooge und Langeneß. In der Ostsee ist die beliebte Ferieninsel Fehmarn für Touristen bis auf weiteres gesperrt.

Sechs Krankenhausmitarbeiter infiziert

Die Situation wird auch am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein schwieriger (UKSH). Nachgewiesen wurde eine Infektion mittlerweile bei sechs Mitarbeitern des UKSH. Darunter ist eine Kinderärztin, deren Fall bereits in der vergangenen Woche bekannt geworden war, wie ein UKSH-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Alle Betroffenen seien häuslich isoliert. Unterdessen behandelt die Klinik derzeit einen Covid-19-Patienten.

Über die aktuelle Zahl der Infizierten, die in Schleswig-Holstein insgesamt mit der neuartigen Lungenerkrankung in den Krankenhäusern liegt, konnte das Ministerium keine Angaben machen. „Über die meldepflichtigen Positivfälle hinaus ist zusätzliche Statistik-Pflege den Gesundheitsämtern und den in der medizinischen Versorgung Beschäftigten im Moment nicht zuzumuten“, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Vergangene Woche hatte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) erklärt, es würden zwei Infizierte in Krankenhäusern behandelt.

Todesfälle von Corona-Infizierten gibt es in Schleswig-Holstein laut Ministerium bisher nicht. Ein erster Fall in Hamburg war am Montag bekannt geworden.

Finanzministerin: Schleswig-Holstein kann Schulden machen

Bei der Eindämmung der Pandemie spielt die Haushaltspolitik für Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) eine untergeordnete Rolle. „Die Gesundheit der Bevölkerung muss immer wichtiger sein als die schwarze Null“, sagte Heinold am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „In Notsituationen wie dieser kann das Land Schulden machen.“

Die Landesregierung vertraue zum einen darauf, dass die vom Bund beschlossenen Maßnahmen helfen, sagte Heinold. „Zum anderen werden wir als Land auf den Weg bringen, was notwendig ist.“ Dafür setze die Landesverfassung einen guten Rahmen. „Damit sind wir als Landesregierung voll handlungsfähig.“

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, sollen Bürger im Norden nur in dringenden Fällen persönlich auf den Polizeiwachen erscheinen und stattdessen für die Erstattung von Anzeigen die Online-Wache nutzen. Wer ein Rezept für verschreibungspflichtige Medikamente braucht, soll dies telefonisch beim Arzt anfordern. Wenn vorhanden, sollen Patienten zudem Botendienste ihrer Apotheken annehmen.

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