Von der Mutter wegen Futtermangels verlassen

Schafflunder Jungstörche vor Hungertod gerettet

Schafflunder Jungstörche vor Hungertod gerettet

Schafflunder Jungstörche vor Hungertod gerettet

Helga Böwaldt/shz.de
Schafflund
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Die geretteten Jungstörche werden versorgt. Foto: Böwadt/shz.de

Der ausgehungerte Nachwuchs von „Rabauke“ ist auf dem Weg nach Süderstapel. Die Altvögel fanden kein Futter.

Die Erleichterung ist Dörte Stielow, Storchenmutter in Schafflund, deutlich anzumerken, als Jörg Heyna behutsam zwei Jungvögel lebend aus dem Horst holt. Ihre letzte Nacht war sehr unruhig gewesen, denn gegen 5.30 Uhr beobachtete sie aus dem Schlafzimmerfenster, wie ein fremder Storch im Nest herumhackte. „Er will die Jungen töten“, war ihr erster Gedanke.

Seit am Nachmittag zuvor die Altvögel das Nest verlassen hatten, waren die kleinen Störche sich selbst überlassen. Nach der Attacke des fremden Storches sei das Elternpaar zwar nach rund 14 Stunden zurückgekehrt, das Weibchen habe etwas Futter ausgewürgt, aber danach seien sie wieder verschwunden. Für Dörte Stielow, die schon länger beobachtet hat, dass die etwa drei Wochen alten Jungen nicht ausreichend mit Futter versorgt werden und zu lange der prallen Sonne ausgesetzt sind, steht nach dieser aufregenden Nacht der Entschluss fest: „Diesmal mache ich kurzen Prozess – alle Jungstörche müssen jetzt gehen, sonst haben sie keine Chance.“

Kurzerhand informiert sie die Gebietsbetreuer des Nabu für Weißstörche, Jörg Heyna und Regina Kolls, sowie Jörn Voigt, der bereits mehrfach mit seinem Teleporter zu Hilfe geeilt ist: „Die Rettungskette funktioniert prima.“

Spannend wird es, als sie von oben ins Nest blicken, denn es gibt keine Kameraüberwachung. Wie viele Störche werden es sein – und sind sie am Leben? Regina Kolls ist auf alles gefasst: „Wir hatten vor Kurzem zwei Störche, die mit einer Stromleitung kollidierten. Sie mussten eingeschläfert werden.“

„Hier bei uns fehlt das Nahrungsangebot“

Doch hier in Schafflund gibt es Grund zur Hoffnung. Nachdem Dörte Stielow die entkräfteten Tiere mit Wasser versorgt, treten sie ihre Reise nach Süderstapel an, um dort aufgepäppelt zu werden. Sobald sie sich bis etwa Mitte Juli entwickelt haben, erfolgt die Umsiedlung nach Bergenhusen – und, wenn alles gut geht, können sie im Herbst in den Süden fliegen.

Doch wie geht es für andere Störche weiter? „Wir haben aktuell über 80 Jungstörche im Kreis“, erklärt Jörg Heyna. „Eine hohe Zahl aufgrund guter Bedingungen. Allerdings sollte man bei dieser anhaltenden Trockenheit den Vögeln Wasser bereitstellen.“ Die Nahrungssuche wird immer schwieriger. Normalerweise bleiben die Elternpaare zwei bis drei Stunden weg, wenn es länger dauert, gibt es Versorgungsprobleme für die Jungen. Heyna zeigt ein erschreckendes Foto aus Esperstoft: „Der Altvogel frisst sein eigenes Junges – aus Futtermangel.“

„Hier bei uns fehlt das Nahrungsangebot“, weiß auch Dörte Stielow zu berichten. Die Vögel müssten zu lange nach Mäusen, Fröschen oder Insekten suchen. Und wenn, wie im Falle des seit vier Jahren in Schafflund beheimateten Storchenpaares, sich nur das Weibchen um die Fütterung kümmert, wird es richtig eng. Dem Männchen, der über die Region hinaus bekannt gewordene „Rabauke“, fehlt offenbar diese Prägung. „Aber dieses Jahr hat er sich recht normal verhalten“, sagt die Storchenmutter, die Tag und Nacht ihre Störche im Blick hat. Seit 1962 ist der Horst in Schafflund durchgehend besetzt. Wie reagiert das Storchenpaar nach der Rettungsaktion auf das leere Nest? „Ich denke, sie werden bleiben“, meint Dörte Stielow.

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