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Beschlussvorlage: Merkel will Lockdown bis zum 15. Februar – Schulen weiter zu

Beschlussvorlage: Merkel will Lockdown bis zum 15. Februar

Beschlussvorlage: Merkel will Lockdown bis zum 15. Februar

Christian Ströhl, dpa, afp und mao/shz.de
Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bespricht sich heute erneut mit den Länderchefs und -chefinnen. Foto: Markus Schreiber, dpa

Die Verlängerung des Lockdowns in Deutschland gilt als ausgemacht. Doch wie streng wird er dieses Mal?

Die Menschen in Deutschland müssen sich auf eine Fortsetzung des Lockdowns bis in den Februar hinein einstellen. Laut „Bild"-Zeitung will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen verlängerten Lockdown bis 15. Februar. Das gehe aus einer Beschlussvorlage des Bundes hervor, die dem Boulevardblatt vorliegt.

Private Zusammenkünfte sollen weiterhin „im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet" sein, wie der „Spiegel" berichtet.

Schulen sollen ebenfalls bis zum 15. Februar „grundsätzlich" geschlossen bleiben, da es zunehmend Hinweise gebe, dass das mutierte Coronavirus „sich auch stärker unter Kindern und Jugendlichen verbreitet, als das bei dem bisher bekannten Virus der Fall ist".

Der Bund will Unternehmen verpflichten, so weit wie möglich ein Arbeiten im Homeoffice anzubieten. Laut „Spiegel" heißt es in der Beschlussvorlage, das Bundesarbeitsministerium werde eine Verordnung erlassen, wonach die Arbeitgeber überall dort, „wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen müssen".

Berater plädieren für härtere Maßnahmen

In einer Experten-Anhörung vor den Beratungen plädierten laut Medienberichten am Montagabend mehrere Wissenschaftler für härtere Lockdown-Maßnahmen. Sie hätten die drohende Gefahr durch das mutierte Virus beschrieben, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nach der Expertenrunde. Die einzige hilfreiche Konsequenz sei die weitere Reduzierung der Kontakte und Einschränkung der Mobilität. Auch der „Spiegel" berichtete darüber.

Verlängerung des Lockdowns gilt als sicher

Bereits vor den Bund-Länder-Beratungen zeichnete sich ab, dass der bereits verschärfte Lockdown länger laufen soll – bisher sind die Maßnahmen bis Ende Januar vereinbart. Bundeskanzlerin Merkel sprach sich laut mehreren übereinstimmenden Medienberichten für eine Verlängerung bis 15. Februar aus.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte dem „Münchner Merkur": „Wir müssen den Lockdown bis Mitte Februar verlängern." Bundesweit liegt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen nun bei 134, wie das Robert Koch-Institut (RKI) bekannt gab. Der Höchststand lag am 22. Dezember bei 197,6. Ziel von Bund und Ländern ist ein Niveau von unter 50.

Auch der Ärzteverband Marburger Bund dringt auf eine weitere Verlängerung des Lockdowns, um schwere Corona-Fälle nicht nur in Intensivstationen abzuwenden. Die Vorsitzende Susanne Johna sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die derzeitigen Kontaktbeschränkungen scheinen mehr und mehr zu wirken." Der eingeschlagene Weg sollte daher vorerst weiter beschritten werden, bis die Infektionszahlen ein beherrschbares Niveau erreicht hätten. „Wir brauchen in den Kliniken weiter dringend eine Entlastung." Gingen die Covid-19-Fälle zurück, helfe das Ärzten, aber auch Patienten mit verschobenen Eingriffen.

Welche konkreten Maßnahmen bahnen sich an?

Laut „Business Insider" will das Kanzleramt eine bundesweit einheitliche nächtliche Ausgangssperre einführen. Als Vorbild sollen Frankreich oder andere Nachbarstaaten dienen. Offen sei aber noch, von wann bis wann sie zeitlich gelten und ob sie erst ab einer bestimmten Inzidenz in Kraft treten soll. In Bayern gibt es bereits eine Ausgangssperre. Sie gilt dort von 20 Uhr bis 6 Uhr. In anderen Ländern gibt es aber Widerstand gegen eine bundesweite Regelung – etwa in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein.

Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sprach sich gegen eine abendliche Ausgangssperre aus. „Ich kann einer Ausgangssperre abends nichts abgewinnen, weil ich nicht weiß, was das bringen soll. Draußen sind die Ansteckungsmöglichkeiten sehr viel geringer als drinnen", sagte er den Funke-Zeitungen. „Restaurants, Kneipen und Kinos sind ohnehin zu – was soll eine Ausgangssperre da bringen?"

Ebenfalls im Gespräch ist die Einführung einer schärferen Maskenpflicht beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr. Laut Beschlussvorlage sollen nur noch „sogenannte OP-Masken oder sogar virenfilternde Masken der Standards KN95 oder FFP2" erlaubt sein. Diskutiert werde auch über eine Einengung des teils bestehenden 15-Kilometer-Ausgangsradius in Corona-Hochburgen.

Homeoffice als wichtiger Hebel

Für viele Beschäftigte ist Homeoffice seit Monaten Realität. Doch nach übereinstimmender Auffassung der Minister und Experten steckt hier aber noch viel Potenzial. Die Bundesregierung betont, dass beim ersten Lockdown im Frühjahr der Homeoffice-Anteil höher als jetzt gewesen sei.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, dass auch über schärfere Regeln beim Thema Homeoffice gesprochen werden solle. Er verwies auf neu in Kraft getretene gesetzliche Möglichkeiten, nun bestimmte Verordnungen zu erlassen. „Das betrifft tatsächlich verbindliche Regeln in Bezug auf die Möglichkeit des Homeoffice als Angebot für die Beschäftigten, wo immer das betrieblich möglich ist."

SPD-Chefin Saskia Esken sprach bei „Anne Will" am Sonntagabend wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) von der Homeoffice-Pflicht: Man werde in den Unternehmen möglicherweise Homeoffice anordnen müssen, sagte sie. Auch Scholz forderte, die Betriebe in Sachen Homeoffice mehr in die Pflicht zu nehmen, es könne dort „nicht bei Appellen" bleiben, sagte er in dem „Bild"-Talk. „Wir müssen da noch einen Schritt weiter machen." Von einer Homeoffice-Pflicht wollte er aber nicht sprechen: Es werde immer darauf ankommen, „dass das betrieblich auch geht. Wir wollen ja pragmatisch bleiben und nichts Unmögliches verlangen".

Widerstand gegen Homeoffice-Pflicht

Unter Regierungsleuten gilt es laut „focus.de" als durchaus realistisch, dass eine Pflicht eingeführt wird, sollten alle Appelle nicht helfen. Angepeilte Zielmarke: Die Hälfte der Beschäftigten sollte es mindestens sein, die zu Hause bleibt. Gegen die Pflicht gibt es allerdings Widerstand in der Wirtschaft.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, etwa warnte vor einer Homeoffice-Pflicht. „Dies ist eine Scheindebatte, denn die Unternehmen haben einerseits seit Langem die Covid-19-Arbeitsschutzbedingungen zu beachten und andererseits weitreichend das Homeoffice ermöglicht", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Dass Menschen auch jetzt im Büro sind, hängt nicht nur mit Arbeitsprozessen und Aufgaben zusammen, sondern ebenso mit den Bedingungen der Beschäftigten zu Hause und dem Wunsch nach geordneten Arbeitsmöglichkeiten."

Auch IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hält nichts von Plänen, die Unternehmen zu Homeoffice-Regelungen zu verpflichten. „Je kleiner der Betrieb und je weniger gut vorbereitet auf die Digitalisierung, desto schwieriger sind die Homeoffice-Möglichkeiten für Beschäftigte. Denn manche kleineren und mittleren Betriebe sind weder technisch noch organisatorisch noch mental in der Lage, das Thema Homeoffice umzusetzen", sagte er der „Welt".

Diese Maßnahmen scheinen vom Tisch zu sein

Eine Reduzierung des Bus- und Bahnverkehrs wird es wohl nicht geben, da man dann eher vollere Züge und Busse im übrigen Verkehr fürchtet. Die Verkehrsministerkonferenz (VMK) hat sich vor den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Krise eine deutliche Empfehlung gegen das Herunterfahren von Öffentlichem Nahverkehr und Fernverkehr ausgesprochen. „Mobilität ist auch in der Corona-Krise ein hohes Gut der Daseinsvorsorge, von daher sehen wir ein Herunterfahren des ÖPNV oder Fernverkehrs kritisch", sagte die VMK-Vorsitzende, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), nach einer Sonderkonferenz am Montag. Ziel sei es, dass Fahrgäste mehr Abstand voneinander halten können.

Bei Schulen und Kitas zeichnet sich bislang eine Fortschreibung der bestehenden Maßnahmen ab. Schulen sollen laut Entwurf bis zum 15. Februar grundsätzlich geschlossen bleiben. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rief die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten auf, die Schließungen von Schulen und Kitas zu verlängern. „Die Infektions- und Sterbezahlen bewegen sich weiter auf einem hohen Niveau, zudem sind die Risiken durch Mutationen des Coronavirus aktuell nur schwierig einzuschätzen", sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem „RND“. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte klare Pläne für den Schulbetrieb. „Wir erwarten von der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundeskanzlerin, dass endlich ein an Infektionszahlen gebundener Hygienestufenplan für den Schulbetrieb vorgelegt wird", sagte er der „Rheinischen Post".

Mehrheit der Bevölkerung für Lockdown-Verlängerung

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen unterstützt eine Verlängerung des Corona-Lockdowns über den 31. Januar hinaus. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 40 Prozent sogar für eine Verschärfung der bestehenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aus, weitere 21 Prozent sind für eine Beibehaltung der bisherigen Beschränkungen. Nur 13 Prozent plädierten für ein Ende des Lockdowns, 17 Prozent für eine Lockerung. 8 Prozent machten keine Angaben.

Angst vor Mutationen

Zur Frage, warum die Bund-Länder-Beratung am Dienstag so kurzfristig angesetzt wurde und warum die Lage so dränge, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei „Anne Will": „Was wir gar nicht einschätzen können, ist das britische Virus. Das ist der Grund, warum wir jetzt tagen." Dieses Mal werde man auch Wissenschaftler aus Großbritannien dabeihaben. „Da wird es darum gehen: Welche Erkenntnisse habt ihr." In Großbritannien hat sich eine wohl ansteckendere Mutation des Coronavirus stark verbreitet, die inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen wurde. Auch in Südafrika ist eine vergleichbare Variante aufgetaucht.

Es bestehe die Gefahr, dass sich die Dynamik noch einmal beschleunige, wenn sich die Virus-Mutationen weiter ausbreiteten, sagte Altmaier. „Deshalb müssen wir jetzt – und das ist explizit meine Meinung als Wirtschaftsminister – auf der Ministerpräsidentenkonferenz die Weichen so stellen, dass wir in den nächsten Wochen die Infektionswelle endgültig brechen und ein erneutes Hochschießen der Dynamik bis Ostern verhindern."

FDP fordert Zustimmung des Bundestages

Die FDP will laut einem Medienbericht unterdessen die Bundesregierung per Gesetz dazu verpflichten, die Zustimmung des Bundestages für Corona-Maßnahmen vor Beratungen mit den Bundesländern einzuholen. „Beabsichtigt die Bundesregierung, bundesweit einheitliche infektionsschutzrechtliche Maßnahmen der Länder im Rahmen der Bund-Länder-Koordination herbeizuführen, ist sie verpflichtet, die Zustimmung des Deutschen Bundestages zuvor einzuholen", zitiert das „RND“ aus einem Gesetzentwurf der FDP-Bundestagsfraktion. Und weiter: „Kann eine Zustimmung wegen Gefahr im Verzug nicht erlangt werden, ist unverzüglich die nachträgliche Genehmigung durch den Deutschen Bundestag einzuholen."

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