Fehmarnbelt

Bedroht die Tunnelbaustelle den Schiffsverkehr?

Bedroht die Tunnelbaustelle den Schiffsverkehr?

Bedroht die Tunnelbaustelle den Schiffsverkehr?

Henning Baethge/shz.de
Berlin
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Die Reederei Skandlines befürchtet wegen der Platznot während der Baustelle im Belt Schiffskollisionen. Foto: picture alliance/ Carsten Rehder/dpa

Im Gerichtsprozess warnt die Fährlinie Scandlines vor erheblichen Gefahren – Schleswig-Holstein widerspricht.

Mehr als hundert Schiffe fahren jeden Tag durch den Fehmarnbelt. Hinzu kommen fast genauso viele Fähren, die täglich die Meerenge zwischen dem deutschen Puttgarden und dem dänischen Rødby kreuzen. Und bald wird es noch enger: Wenn der deutsch-dänische Fehmarnbelt-Tunnel in Bau geht, werden Schwimmbagger im Belt eine breite Rinne auf dem Ostseegrund ausheben, Schuten-Verbände den ausgehobenen Sand abtransportieren und kurz darauf Schlepper riesige Betonteile für den Absenktunnel über das Meer manövrieren.

Jede Menge Verkehr also – doch kann die Seestraße überhaupt so viele Schiffe verkraften? Vor allem um diese Frage ging es gestern am zweiten Tag des Belttunnel-Prozesses vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Reederei rechnet mit Unfällen – und klagt gegen Bau

Die Reederei Scandlines, die die Fähren zwischen Puttgarden und Rødby betreibt, fürchtet große Gefahren für die Schifffahrt wegen der Tunnelbaustelle und hält Unfälle für unvermeidbar. Sie lehnt den 18 Kilometer langen Ostseetunnel deshalb ab und klagt in Leipzig. "Der Absenktunnel ist nicht realisierungsfähig, weil er inakzeptable Sicherheitsrisiken nach sich zieht", erklärte Scandlines-Anwalt Herbert Posser. Er berief sich dabei zum einen auf eine eigene Simulation, die zeigt, dass Fähren auf ihrer Passage nach Lolland bei möglichen Ausweichmanövern schnell in gesperrte Baustellenbereiche zu geraten drohen.

Zum anderen geht Scandlines davon aus, dass in der Bauphase des Tunnels mindestens alle drei Jahre eine Kollision im Belt droht, und stellte einen Vergleich mit einer Empfehlung des Bundesverkehrsministeriums an: Demnach dürfen Meereswindparks schon dann nicht genehmigt werden, wenn nur alle 50 Jahre ein Aufprall eines Schiffs droht. Posser forderte daher eine Verlegung der Tunneltrasse weiter nach Osten: "Das ist durchaus eine Option."

Land richtet Leitzentrale für den Belt ein

Das Land Schleswig-Holstein, dessen Baugenehmigung für den Tunnel in Leipzig auf dem Prüfstand steht, wies die Bedenken allerdings als "nicht haltbar" zurück. Vielmehr werde der Schiffsverkehr auch in der viereinhalbjährigen marinen Bauzeit gut beherrschbar bleiben, sagte Gerhard Müller-Hagen, Leiter der Verkehrszentrale Travemünde: "Es geht hier um stark geregelten Verkehr – der ist sehr gut vorhersehbar und sehr lange planbar", sagte er. Um den Schiffsverkehr während des Tunnelbaus besser überwachen zu können, soll in Travemünde eine eigene Leitzentrale für den Belt entstehen und zwei Wachschiffe für die Baustelle eingesetzt werden.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier räumte gestern zwar ein, dass durch einen Schiffsunfall im Belt "erheblicher Schaden für Mensch und Umwelt" entstehen könnte. Gleichzeitig fragte er aber, ob nicht Scandlines die Routen ihrer Fähren etwas nach Westen verlegen könnte, um in der Tunnelbauzeit mehr Platz für eventuelle Ausweichmanöver zu bekommen. Diesen Vorschlag wies die Reederei als "unzumutbar" zurück: "Das wäre eine zu starke Einschränkung des Geschäftsbetriebs", sagte Anwalt Posser. Morgen und in der nächsten Woche wird in Leipzig weiterverhandelt. Insgesamt gibt es sieben Klagen gegen den Belttunnel.

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