Wirtschaftsstandorte

Wie sehen Gewerbegebiete der Zukunft aus?

Wie sehen Gewerbegebiete der Zukunft aus?

Wie sehen Gewerbegebiete der Zukunft aus?

Silke Schlüter/shz.de
Nordfriesland
Zuletzt aktualisiert um:
Das Gewerbegebiet Ost in Husum. Foto: Volkert Bandixen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Regionale Kooperation Westküste liefert Leitfaden für neue Gewerbegebiete und die Erweiterung bestehender Gewerbeflächen.

Wir haben uns so sehr an die typisch-tristen Gewerbegebiete in städtischen Randlagen gewöhnt, dass es schon ein wenig Phantasie braucht, sich vorzustellen, dass diese auch ganz anders aussehen könnten. Den Grund dafür, warum es so und nicht anders kommen muss, liefert die Regionale Kooperation (RK) Westküste unter dem Stichwort Flächenverbrauchsreduzierung: Laut einem Gewerbeflächenmonitoring wurden an der zwischen 2014 und 2019 pro Jahr im Durchschnitt 46 Hektar Gewerbeflächen in Anspruch genommen beziehungsweise vermarktet.

Gewerbeflächen der Zukunft

Deutlich zu viel, meinen die Experten, weshalb nun die in der RK vertretenen Kreise Nordfriesland, Dithmarschen, Pinneberg und Steinburg gemeinsam Ideen für „Gewerbegebiete der Zukunft“ entwickelt und in einem Leitfaden zusammengetragen haben.

„Gestapeltes Gewerbe“ in Hochbauten, zentrale Anlieferstellen mit autonom fahrenden Carriern, Sammel-Parkhäuser mit ebenso autonomen Bus-Shuttle-Systemen und E-Scootern kommen darin ebenso zur Sprache wie eigene Kindertagesstätten und die Ansiedlung von Ärztehäusern, Bildungseinrichtungen, Hotels und Gastronomie. Allerdings lohne sich das nur in Gewerbegebieten, die mindestens fünf Hektar umfassen, so der Tenor.

Flächenverbrauch reduzieren

„Die Anforderungen an Gewerbegebiete wandeln sich spürbar. Digitalisierte Geschäftsmodelle, integrierte Mobilität, Veränderungen in der Arbeitswelt und Umbrüche bei Energie und Klima sind hier die wesentlichen Treiber. In der Folge müssen sich Planer und Entscheider mit der branchenspezifischeren Ausgestaltung von Gewerbeflächen ebenso befassen wie mit einem reduziertem Flächenverbrauch und dem Wunsch, die Attraktivität von Arbeitsplätzen zu steigern. Hierfür bietet der Leitfaden zahlreiche Anregungen“, sagte der RK-Vorsitzende Stefan Mohrdieck bei der Präsentation der 38 Seiten starken Broschüre.

Gemeinsame zentrales Parkhaus

Dr. Paul Raab, der das Leitfadenprojekt geleitet hatte, machte deutlich: „Unsere Vorschläge erlauben an vielen Stellen ein nachhaltigeres Vorgehen. Wir schlagen zum Beispiel vor, den Flächenverbrauch zu reduzieren, indem in größeren Gewerbegebieten nicht mehr jeder Betrieb eigene Parkplätze vorhält, sondern ein gemeinsames zentrales Parkhaus geschaffen wird.“

Hier und da seien Gewerbebauten sinnvoll, in denen Produktion und Logistik auf mehreren Etagen übereinander angeordnet sind, statt wie bisher in mehreren Gebäuden nebeneinander.

Bäume, Hecken und begrünte Fassaden

Ein weiterer wichtiger Punkt sei, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, in dem man dem Gewerbegebiet einen Park- oder Campus-Charakter zugestehe. „Bäume, Hecken und begrünte Fassaden dienen der Landschaftsgestaltung und der CO2-Reduktion, indem mehr Pflanzen Fotosynthese betreiben“, erklärte Raab, der auch die soziale Infrastruktur im Blick hat: So lasse sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur dadurch verbessern, dass man die Arbeit ins Homeoffice holt: „Man könnte, andersherum, auch Kitas oder Grundschulen in Gewerbegebieten ansiedeln.“

Ebenso ambitioniert beleuchtete er gemeinsame Ver- und Entsorgungssysteme, Fernwärmekonzepte mit zentraler Energieerzeugung oder die Nutzung von Restwärme oder sogar von Restprodukten: „Was für den einen Abfall ist, kann für einen anderen Betrieb auf dem Gelände ein wertvoller Rohstoff sein“, so Raab.

Der Geschäftsführer der WEP Wirtschaftsförderungsgesellschaft relativierte das Gesagte ein wenig: „Natürlich lassen sich nicht alle unsere Vorschläge in einem einzigen Gewerbegebiet umsetzen. Sie zeigen aber, was grundsätzlich möglich ist. “Wenn nur einige Maßnahmen in neuen oder bestehenden Gewerbegebieten umgesetzt werden, wird dies dazu beitragen, dass sich die Wirtschaftsregion an der Westküste positiv von anderen Wettbewerbern absetzt. sagte Dr. Harald Schroers.

Wenn nur einige Maßnahmen in neuen oder bestehenden Gewerbegebieten umgesetzt werden, wird dies dazu beitragen, dass sich die Wirtschaftsregion an der Westküste positiv von anderen Wettbewerbern absetzt.

Dr. Harald Schroers, WEP-Geschäftsführer

Somit sei der Leitfaden eher als Orientierungshilfe und Ideenkatalog zu verstehen, der allen Wirtschaftsförderern und Planern für die Gewerbeflächenentwicklung unter sich verändernden Rahmenbedingungen an die Hand gegeben werden sollte. 

Mehr lesen