ABWERBEVERSUCHE

Unseriöse Haustürgeschäfte: Stromkundin spielt Lockvogel

Unseriöse Haustürgeschäfte: Stromkundin spielt Lockvogel

Unseriöse Haustürgeschäfte: Stromkundin spielt Lockvogel

Hagen Wohlfahrt/shz.de
Niebüll/Leck
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Bei der Akquise von Strom- und Gaskunden wird offenbar nicht immer mit offenen Karten gespielt. Foto: Jan Woitas

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Der Energiemarkt ist hart umkämpft. Auch im Privatkundensektor. Immer wieder wird über unlautere Praktiken berichtet. Eine Verbraucherin in Leck setzte sich zur Wehr und verständigte ihren örtlichen Versorger.

Immer wieder einmal warnen die Stadtwerke Nordfriesland vor Vertretern, die Kunden des regionalen Versorgers an der Haustür günstigere Strom- oder Gasverträge versprechen. 

Abwerbeversuche also. Das ist prinzipiell nichts Strafbares. Und dennoch ärgert man sich bei den Stadtwerken, weil es bisweilen nicht mit rechten Dingen zugehen soll. 

 

Regionalität kommt an 

So soll der Außendienst-Mitarbeiter eines überregionalen Anbieters aktuell und in den vergangenen Wochen und Monaten bei Kundengesprächen immer wieder behauptet haben, er arbeite mit den Stadtwerken Nordfriesland zusammen. Möglicherweise ein Täuschungsversuch, weil vielen Verbrauchern heutzutage Regionalität wichtig ist. 

 

Dass an der Haustür tatsächlich mit falschen Behauptungen getrickst wird, haben die Stadtwerke nach eigenen Angaben jetzt selbst miterlebt. Eine Kundin half dabei entscheidend mit. 

Wie beim „Handwerker-Test“ 

Man kennt diese Filme aus TV-Verbrauchersendungen, in denen Handwerker mit versteckter Kamera auf die Probe gestellt werden, ob sie Kunden, beispielsweise bei der Waschmaschinen-Reparatur, übers Ohr hauen oder ob sie ehrliche Arbeit abliefern. 

Ein wenig erinnert die Episode daran, auch wenn keine versteckte Kamera im Spiel war. Die Stadtwerke-Kundin hatte Zweifel an den Aussagen eines Stromverkäufers, der ihr - einfach so und mit dem Hinweis auf eine angebliche Zusammenarbeit mit ihrem bisherigen Versorger - einen um 20 Prozent günstigeren Abschlag versprach. 

Kundin stellt sich zur Verfügung 

Die Frau bot dem Unternehmen mit Sitz in Niebüll an, bei einem weiteren Termin dabei zu sein - konspirativ sozusagen, als Mithörer im Nebenraum. 

Als es zu dem erneuten Besuch kam, fragte die Kundin den Stromverkäufer explizit danach, ob es denn wirklich stimme, dass er mit den Stadtwerken kooperiere. 

Zeuge hört mit 

Der Mann habe dies bestätigt und ergänzt: „Ja, das ist alles unser Netzgebiet“, schildert Mithörer Martin Kleiber von den Stadtwerken den Gesprächsverlauf. 

„Ihm ging es eindeutig darum, Kunden abzuwerben“, sagt zudem die Frau aus Leck, die namentlich nicht genannt werden möchte.

 

Die Behauptungen des Mannes sollen kein Einzelfall sein. Ähnliche Berichte soll es aus Neukirchen, Niebüll, Langenhorn und Bredstedt geben. Es kam auch zu Vertragsabschlüssen. 

Vorwurf zurückgewiesen 

Der Stromverkäufer (Name der Redaktion bekannt) bestreitet indes die Vorwürfe. „Das ist doch Quatsch. Warum sollen wir so etwas sagen?“, so seine Reaktion beim Anruf von shz.de.

Überregionaler Versorger prüft intern 

Konfrontiert mit den Vorgängen, teilte der überregionale Energieversorger mit: Die Außendienst-Mitarbeiter würden regelmäßig und intensiv geschult. „Wir haben bereits eine interne Prüfung angestoßen und werden dem Sachverhalt weiter nachgehen“, so ein Sprecher des Konzerns. 

„Die von Ihnen beschriebenen Verhaltensweisen entsprechen allerdings in keiner Art und Weise unserem hohen Qualitätsanspruch. Sollte sich das tatsächlich so zugetragen haben, können wir uns dafür nur entschuldigen.“ 

Keine Anzeige erstattet 

Ob ein Betrugsversuch vorliegt, ist nicht geklärt. Die Stadtwerke haben dem Vernehmen nach keine Anzeige erstattet. „Wir wurden nicht geschädigt, bedauern aber, dass unsere Kunden so irregeführt werden“, heißt es aus der Zentrale. 

„Unsere Mitarbeiter haben schnell reagiert“, so Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Jan Schulz, der regelrecht begeistert ist, dass sich die Verbraucher direkt an den Kundenservice seines Unternehmens gewandt haben. 

 

Es sei umgehend über die Social-Media-Kanäle und mit Plakaten vor den Praktiken gewarnt worden. Zudem seien Betroffene beim Widerruf der abgeschlossenen Verträge unterstützt worden. 

 

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