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Maskengegner belästigen Lehrer per Drohbrief

Maskengegner belästigen Lehrer per Drohbrief

Maskengegner belästigen Lehrer per Drohbrief

Frank Jung/shz.de
Schleswig/Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
66 Lehrer der Bruno-Lorenzen-Gemeinschaftsschule erhielten ein anonymes Schreiben. Foto: oje/shz.de

Gemeinschaftsschule in Schleswig: Erst behelligten Leugner von Corona-Gefahren nur Schulleiter – jetzt greifen sie anonym ganze Kollegien an.

Die Briefe sehen eher aus wie eine private Einladung: Eine zierliche Frauenhandschrift hat Adressatenname und Anschrift per Füller auf den Umschlägen vermerkt. Doch nach dem Öffnen macht schon der Titel über dem zweiseitigen Text aus dem Drucker deutlich, dass es unfreundlich wird: „Aufforderung“ steht da. Der weitere Tenor: Wenn der Empfänger nicht sofort Unterricht ohne Masken erlaube, werde es ihm schlecht ergehen.

Die 66 Lehrkräfte der Bruno-Lorenzen-Gemeinschaftsschule in Schleswig staunten nicht schlecht, als jede einzelne von ihnen die gleichlautende anonyme Zuschrift im Fach hatte. Per Post waren sie im Sekretariat eingetroffen.

In kruden Wendungen zieht der Text zunächst angebliche gesundheitliche Spätfolgen des Masketragens an den Haaren herbei. Es folgen unterschwellige persönliche Drohungen.

Und: „Sollte ich erfahren, dass Resignation die vorherrschende Geisteshaltung ist, wird vereint mit allen Kräften gegen diese Handhabung Ihrerseits vorgegangen, um unsere Kinder zu schützen.“ Eine Unterschrift fehlt.

Das Kollegium ist empört

Die Empörung im Kollegium ist groß. „Es wäre eine schlaue Reaktion gewesen, diesen Umschlag ohne Absender in den Papierkorb zu tun – aber ich war zu neugierig“, sagt Deutsch- und Weltkundelehrerin Heike Hecht.

Sie fasst die Stimmung so zusammen: „Einige Kollegen empfinden das Schreiben als Frechheit oder Dummheit, einige haben ein mulmiges Gefühl.“ Hecht selbst nennt es „vor allem feige, mich mit solchen Vorwürfen zu konfrontieren ohne Möglichkeit, reagieren zu können“.

Für Schulleiter Bernd Nissen ist „die ganze Diktion des Schreibens schwach“. Er hat intern die Losung ausgegeben: „Wir sollten den Brief zwar ernst nehmen, aber nicht jede Formulierung auf die Goldwaage legen.“

„Ohnehin sind wir die falschen Adressaten“, betont Nissen. „Es ist doch klar, dass wir als Beamte Dienstanweisungen aus Kiel zur Maskenpflicht umsetzen.“

Rätselraten über Absender

Über die Absender herrscht Rätselraten. Nissen hat gar keine Tendenz, Hecht tippt eher auf Aktivisten ohne Verbindung zur Bruno-Lorenzen-Schule. Ausschließen könne sie aber auch nicht, dass es sich um Eltern der Schule handele, „in Kenntnis dessen, dass wir da auch Corona-Leugner haben.“ Auf der Schul-Homepage sind sämtliche Lehrernamen einsehbar.

An der Schleswiger Schule weiß man durch private Kontakte von gleichen Drohbriefen mindestens auch an mehreren anderen Schulen im Kreis Schleswig-Flensburg und um Kreis Pinneberg. Wie groß die Empfängerzahl wirklich ist, lässt sich weder übers Bildungsministerium noch die Lehrerverbände erhärten.

Philologenverband: „Ziemlich makaber“

Bisher hätten hauptsächlich Schulleitungen solche Droh-Post erhalten, heißt es dort.

„Dass auch normale Lehrer, noch dazu alle einer Schule angegangen werden, habe ich so noch nicht gehört“, sagt etwa der Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft, Bernd Schauer. „Das zeigt eine Verrohung der Sitten.“

„Ziemlich makaber“ findet Jens Finger, Chef des Philologenverbands, die Methode. Das Bildungsministerium rät, derartige Schreiben ohne Absender zu ignorieren. Bewusst werde auch nicht amtlich erfasst, wo solche Drohungen eingehen, erklärt ein Ministeriumssprecher.

„Täte man das, hätten die Absender nur ihr Ziel erreicht: dass sie einen beschäftigen, ohne dass es einen Grund dafür gibt.“

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