Radarsäulen auf der A7

Keine Strafen für viele Raser auf der Rader Hochbrücke

Keine Strafen für viele Raser auf der Rader Hochbrücke

Keine Strafen für viele Raser auf der Rader Hochbrücke

Eckard Gehm, shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Rader Hochbrücke
Vor der Rader Hochbrücke. Foto: dpa

Zahlreiche Autofahrer legen Einspruch gegen den Blitzerbescheid ein. Dies führt zu einem hohen Verwaltungsrückstau, sodass die Polizei die Verstöße von Autofahrern nicht mehr ahndet.

Seit September 2015 stehen vier Radarsäulen auf der Rader Hochbrücke im Zuge der A7. Über 177.000 Fahrzeuge sind seitdem geblitzt worden. Doch seit drei Wochen bearbeitet die Polizei keine Verstöße von Autofahrern mehr. Das hat das Verkehrsministerium am Freitag bestätigt. „Grund ist die Flut von Einsprüchen“, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. „Ihre Bearbeitung hat zu einem enormen Rückstau geführt. Nun liegen alle Vergehen erst einmal auf Eis.“

Das Tempolimit auf der Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal ist unbestritten sinnvoll: Zu schnelle Sattelzüge verursachen Schwingungen, die das ohnehin marode Bauwerk weiter schädigen. Um die Statik zu schonen, müssen Lkw über 7,5 Tonnen deshalb Tempo 60 fahren. Allerdings dürfen auch Autos lediglich 60 bis maximal 100 Stundenkilometer schnell sein, je nach Windgeschwindigkeit.

Anwälte argumentieren mit nicht zertifiziertem System

Leuchtschilder zeigen das aktuelle Tempolimit an. Und genau diese variable Anzeige nutzten findige Rechtsanwälte aus. Haase: „Die Radaranlage greift zwar auf die aktuelle elektronische Geschwindigkeitsanzeige zu und schaltet sich entsprechend scharf, doch die Anwälte argumentieren, das System sei nicht zertifiziert.“ Sie bitten daher darum, zu beweisen, dass genau im Augenblick des Blitzes auch wirklich nur Tempo 60 oder 80 galt. „Das bedeutet, die Polizei muss in jedem Einzelfall Zahlenkolonnen durchforsten und die entsprechenden Daten zusammentragen.“

Deswegen soll es hinter den Kulissen bereits heftig geknallt haben. Die Polizei, die über fehlende Arbeit nicht klagen kann, forderte vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, der die Geräte vom Typ „TraffiStar“ für 250.000 Euro angeschafft hat, man möge doch bitte eine „Beweisführung per Knopfdruck“ ermöglichen. Doch der Landesbetrieb soll abgewunken haben. Das Landespolizeiamt soll daraufhin entschieden haben, die Beweisführung vorerst einzustellen – zumal die Pkw ohnehin nur als Beifang gelten und der Schutz der 45 Jahre alten Brücke vor schweren Lastern als primäres Ziel der Anlage gesehen wird.

Fakt ist allerdings: Dem Kreis Rendsburg-Eckernförde entgehen durch die Entscheidung des Landespolizeiamts Bußgelder, die seit 2015 reichlich flossen. Wie geht es weiter? Ministeriumssprecher Haase: „Bis zum Jahresende soll eine technische Lösung gefunden werden. Es wird weiter geblitzt, eine Garantie für Raser, nicht doch zur Kasse gebeten zu werden, gibt es nicht.“ Ob die alten Fälle aufgearbeitet werden, ist unklar. Die Verjährungsfrist für die Bußgeldbescheide beträgt drei Monate.

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