Modellregion

Insulaner und Gäste diskutieren Sylter Sonderweg

Insulaner und Gäste diskutieren Sylter Sonderweg

Insulaner und Gäste diskutieren Sylter Sonderweg

Lea Pischel/shz.de
Sylt
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Ab dem 19. April sollen auf Sylt schrittweise Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen erprobt werden. Die konkrete Umsetzung ist allerdings noch unklar. Foto: Axel Heimken

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Mit Luca-App und Testung: Am Freitag war bekannt geworden, dass auf Sylt bald schrittweise Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen erprobt werden sollen. Die Insel hatte sich mit einem eigenen Konzept beworben.

Die Wellen auf Sylt schlagen hoch. Und das, obwohl rein meteorologisch mit rund fünf Windstärken am Sonntag nur eine frische Brise auf der Insel wehte. Nur wenige Stunden nachdem am Freitag bekannt geworden war, dass Sylt vom Land Schleswig-Holstein zur sogenannten Tourismus-Modellregion erklärt wurde, ging das Thema in den sozialen Netzwerken viral.

Mehr als 300 Mal, innerhalb von nur 18 Stunden, wurde ein Post in einer geschlossenen Facebook-Gruppe kommentiert, der das Insel-Konzept für die Modellregion zeigte.

 

Werden alle als Versuchskaninchen missbraucht, es geht ums Geld nicht um den Schutz der Einheimischen egal ob Lübecker Bucht oder Sylt.

Ostra Risch, auf der Facebook-Seite der Sylter Rundschau

Auf Sylt sollen voraussichtlich ab dem 19. Aprilschrittweise Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen erprobt werden. Wie das Wirtschaftsministerium in Kiel am Freitag mitteilte, war auch die Bewerbung des Kreises Nordfriesland, ausgewählt worden. Hier startet die zunächst rund vierwöchige Modellphase allerdings erst am 1. Mai.

Die Insel Sylt hatte sich mit einem Sonder-Konzept beworben: Die Bewerbung der größten deutschen Nordseeinsel ist zwar in Gesamtbewerbung des Kreises eingebettet, schlägt aber trotzdem einen eigenen Weg ein. Unter anderem, weil die regionalen und infrastrukturellen Besonderheiten der Insel, wie Marschbahn und Insellage berücksichtigt wurden. Die Bewerbung für Sylt beruhe „in den Basispunkten auf unserem Konzept für den Kreis Nordfriesland“, es seien aber dennoch „zwei voneinander unabhängige Konzepte“, hatte eine Sprecherin des Kreises Mitte der Woche gesagt.

Kritik und Zuversicht auf Facebook

Auch auf öffentlichen Facebook-Seiten wurde heftig debattiert und kommentiert: „Werden alle als Versuchskaninchen missbraucht, es geht ums Geld nicht um den Schutz der Einheimischen egal ob Lübecker Bucht ,Sylt oder oder oder. An erster Stelle die Kohle“, schreibt Ostra Risch auf der Facebook-Seite der Sylter Rundschau.

„Ich finde es auf jeden Fall unmöglich, dass so etwas über die Köpfe der Bevölkerung (aller Testregionen) hinweg beschlossen (beantragt) wird. Wie passt das auch zusammen? Neumünster Lockdown und an der Küste wird geurlaubt. Natürlich freuen wir uns alle auf eine Rückkehr zur Normalität, aber so?“, kommentiert Sigrid Meyer-von Oesen auf Facebook.

Wenn alle mit Rücksicht miteinander umgehen, kann das ein Erfolgsprojekt werden.

Andreas Werth, auf der Facebook-Seite der Sylter Rundschau

Tosten Seib sieht die Zählung der Inzidenz als Problem: „Zudem werden alle positiv getesteten Menschen, egal wann diese ihr Ergebnis bekommen, immer nur in ihrem Heimatort gezählt. Was dies für Urlaubs-Regionen bedeutet die gerade auf ihre niedrigen Zahlen hinweisen muss ich nicht ausführen?“

Andere sehen im Modellprojekt eine Chance, unter ihnen Andreas Werth: „Wenn alle mit Rücksicht miteinander umgehen, kann das ein Erfolgsprojekt werden.“ Auch Iris Mueller ist zuversichtlich: „Freuen uns auf Juni bitte Daumen drücken das es klappt.“

Schärfere Regeln auf Sylt - auch für Insulaner

Die Eckpunkte des Konzepts der Insel sehen, im Unterschiede zum Konzept des Kreises, teilweise schärfere Regeln vor: Ebenso wie die Gäste und Zweitwohnungsbesitzer, sollen auch Einwohner und Pendler negative Covid19-Tests vorweise, die nicht älter als 48 Stunden sind, heißt es im Papier, das der Redaktion vorliegt. Ausgenommen von den Regelungen sind demnach Kinder bis zur Vollendung ihres sechsten Lebensjahres.

Als Nachweis über einen maximal 48 Stunden aktuellen negativen Corona-Schnelltest, der die Zugangsvoraussetzung für zahlreiche, im Folgenden aufgeführte Angebotsbereiche darstellt, wird ein sogenanntes Zweitagesticket ausgestellt.

Aus dem Sylter Modellregion-Konzept

PCR-Tests sollen dabei „ausschließlich in Verbindung mit einem Infektionsverdacht und zur Bestätigung eines positiven Antigen-Schnelltests“, verwendet werden, heißt es im Konzept. Grund dafür sei die fehlende Laborinfrastruktur auf Sylt, die einen regelmäßigen Einsatz der PCR-Testung nicht gewährleisten kann. Entsprechende Laborauswertungen werden auf dem Festland vorgenommen. Gäste und Sylter sollen sich demnach mit Antigen-Schnelltests sowie den sogenannten Selbsttests testen beziehungsweise testen lassen.

Dabei ist ein Zweitagesticket, als Zugang zu bestimmten Angebotsbereichen angedacht: „Als Nachweis über einen maximal 48 Stunden aktuellen negativen Corona-Schnelltest, der die Zugangsvoraussetzung für zahlreiche, im Folgenden aufgeführte Angebotsbereiche darstellt, wird ein sogenanntes Zweitagesticket ausgestellt.“

Regeln für die Marschbahn

Auch bei der Marschbahn sieht das Konzept bestimmte Regeln vor: „Das durch die touristische Öffnung erheblich steigende Fahrgastaufkommen würde ohne zusätzliche Regelungen eine drastische Erhöhung des Infektionsrisikos bedeuten und könnte somit den gesamten Modell-versuch gefährden und dessen Ergebnisse verzerren.“ Maximalkapazitäten seien demnach anhand von vorhandenen Sitzplätzen zu definieren und das Land wird im Konzept dazu aufgefordert zu prüfen, ob mehr Züge eingesetzt werden können.

 

Das durch die touristische Öffnung erheblich steigende Fahrgastaufkommen würde ohne zusätzliche Regelungen eine drastische Erhöhung des Infektionsrisikos bedeuten und könnte somit den gesamten Modell-versuch gefährden und dessen Ergebnisse verzerren.

Aus dem Sylter Modellregion-Konzept

In den Bussen der SVG sowie auf den Ausflugs-Schiffen der Adler-Reederei sollen demnach ein gültiges Zweitagestickets oder eine maximal 48 Stunden alte Negativtest-Bescheinigung verpflichtend sein. Auch die Luca-App Luca-App soll hier, wie auch als verbindliche digitale Lösung von Unternehmen und Einrichtungen, genutzt werden.

Zudem sieht das Konzept eine schrittweise Öffnung nach einem Phasenmodell vor: „Dabei wird zunächst in einer Phase 0 sichergestellt, dass die für die weiteren Phasen erforderliche Infrastruktur vorhanden ist und die damit zusammenhängenden Prozessabläufe funktionieren“, heißt es. Dementsprechend sei eine touristische Öffnung „in dieser Phase noch nicht vorgesehen und es erfolgt ein Testbetrieb mit Einwohnern, Zweitwohnungsbesitzern und Pendlern“. In Phase eins soll die touristische Öffnung mit einem ersten Set von Angeboten erfolgen, das in Phase zwei erweitert werden kann.

Dabei wird zunächst in einer Phase 0 sichergestellt, dass die für die weiteren Phasen erforderliche Infrastruktur vorhanden ist und die damit zusammenhängenden Prozessabläufe funktionieren.

Aus dem Sylter Modellregion-Konzept

In zuvor festgelegten Bereichen, soll in den einzelnen Gemeinden ein Mund-Nasen-Schutz Pflicht sein.

Bei der Umsetzung der Maßnahmen, setzten die Verantwortlichen auf Akzeptanz und Verständnis der Teilnehmer. Diese könne die „erfolgreiche Umsetzung des Modellkonzeptes erheblich“ erleichtern. Daher ist vorbereitend und begleitend eine Kommunikationskampagne geplant, „die allen Beteiligten die Regeln verständlich aber auch unterhaltsam und zeitgemäß näherbringen sol“l.

Lenkungsruppe stimmt sich am Montag ab

Die Entscheidung darüber, welche Bewerbungen zur Modellregion ausgewählt wurde, hatte das Land vorgezogen. Ursprünglich sollte diese erst am Montag bekannt gegeben werden.

Zunächst war am Wochenende allerdings unklar, welche der von einer speziellen Arbeitsgruppe auf der Insel zusammengestellten Punkte ab dem 19. April tatsächlich umgesetzt werden können und sollen. Ob also mit der Auswahl des Landes das komplette Konzept bewilligt wurde, oder eventuell nur einzelne Punkte, die im Zweifel nachgebessert werden müssen.

Unter anderem um über die konkrete Umsetzung der Eckpunkte - Testkapazitäten, Öffnung in Stufen, Sicherheits-Konzept bei der Marschbahn, Kommunikationskampagne sowie Information der Betriebe - zu sprechen, wollen die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe Modellregion am Montag, 12. April, zusammenkommen und planen, wie die einzelnen Punkte des zuvor eingereichten Bewerbung auf der Insel konkret umgesetzt werden. Zur Lenkungsgruppe, die das Antrags- und Bewerbungsverfahren auf Kreisebene unter Vorsitz von Landrat Florian Lorenzen ausarbeitet hatten, gehören unter anderen Peter Douven, Geschäftsführer des Insel Sylt Tourismus-Services (ISTS). Erarbeitet wurde das Konzept unter anderen von Moritz Luft, Geschäftsführer der Sylt Marketing-Gesellschaft (SMG) sowie Hennings Sieverts, Tourismusdirektor von Wenningstedt-Braderup, in inhaltlicher Abstimmung mit einer insularen Arbeitsgruppe, der unter anderen die Bürgermeister der Insel; der Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Sylt sowie der Verein Sylter Unternehmer (SU) angehören.

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