Modellregion Schlei

Große Nachfrage: Tourismus-Start läuft fast zu gut an

Große Nachfrage: Tourismus-Start läuft fast zu gut an

Große Nachfrage: Tourismus-Start läuft fast zu gut an

Stephan Schaar/shz.de
Schleswig
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Peter Kahnke und Stefanie Brandes aus Bad Bramstedt genießen den Kurzurlaub mit ihrem Oldtimer-Gespann auf dem Campingplatz Haithabu. Foto: Stephan Schaar

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Die kontrollierte Öffnung für Touristen wird sehr gut angenommen. Die Gastgeber kommen bei den Buchungen kaum hinterher.

Während andere Modellregionen ihren Urlaubs-Start wegen steigender Inzidenzen verschieben mussten, ballt sich die Nachfrage in den Unterkünften an der Schlei. „Das ist fast nicht zu schaffen, ich bereue es schon fast, dass wir teilnehmen“, sagt Birgit Rataiczak vom Campingplatz Haithabu. Der kleine Familienbetrieb direkt an der Schlei hat rund 80 Plätze für Gäste und wird seit vergangener Woche von Reservierungs-Anfragen geradezu überrollt. „Wir bekommen mehr als 100 Mails am Tag, uns raucht der Kopf“, sagt ihr Mann Werner Rataiczak.

Der Campingplatz wird nicht zu 100 Prozent belegt, um Abstände einhalten zu können. Auch deshalb übersteigt die Nachfrage das Angebot. Das kommende Wochenende war schnell ausgebucht, nur unter der Woche sind noch ein paar Plätze frei. „Wir sind ja nur zu zweit hier im Büro. Dass der Aufwand und die Nachfrage so groß sein würden, damit haben wir nicht gerechnet“, erklärt Birgit Rataiczak. „Das wächst uns gerade alles über den Kopf!“

Gäste sind oft schlecht informiert

Sie ist aber auch erstaunt, wie schlecht viele Gäste offenbar informiert sind und nach einer kurzen Reservierungs-Mail einfach losfahren, ohne die Bestätigung und die Informationen über die geltenden Regeln abzuwarten. „Als heute Morgen ein Wohnmobil-Fahrer einfach ohne Maske und ohne Reservierung bei mir im Büro stand, ist mir nur noch die Kinnlade runtergefallen“, erzählt Birgit Rataiczak kopfschüttelnd. „Offenbar denken einige Leute, jetzt ist alles auf und es läuft wie früher“, sagt sie.

Dabei gelten für den Modellversuch der Tourismusorganisation Ostseefjord Schlei (OFS) strenge Regeln, ohne die auch weiterhin keine touristische Beherbergung erlaubt ist. Dazu gehören neben einer bestätigten Reservierung auch das Vorweisen eines aktuellen negativen Antigen-Schnelltests oder PCR-Tests sowie die Nutzung der Luca-App, zur Nachverfolgung im Falle einer Infektion.

Offenbar denken einige Leute, jetzt ist alles auf und es läuft wie früher.

Birgit Rataiczak, Campingplatz Haithabu

Die ersten Gäste sind bereits am Morgen angereist und haben sich die besten Plätze gesichert. Die Freude über die Chance auf einen kleinen Urlaub ist groß, ebenso das Verständnis für die strengen Auflagen. „Es nützt ja nichts, wir müssen da alle mitmachen“, sagt Claudia Wolter ganz pragmatisch. Sie ist aus dem Altenburger Land in Thüringen für acht Tage angereist und besucht das erste Mal die Schleiregion. „Wir hatten zufällig gerade jetzt Urlaub und hier war die einzige Möglichkeit, einen Platz zu buchen“, erklärt Claudia Wolter.

Auflagen sind für Camper kein Problem

Das Ehepaar Spintig aus Hildesheim wollte sich eigentlich in Dänemark mit Freunden zum Campen treffen. Als das nicht möglich war, sind sie nach Schleswig ausgewichen. „Wir waren vorher schon einmal hier und es hat uns gut gefallen. Als wir im Internet von dem Modellprojekt erfuhren, haben wir gleich reserviert“, sagt Michaela Spintig. Auch sie finden das Konzept mit den Auflagen gut und auch das regelmäßige Testen ist für sie kein Problem. „Das können wir doch einfach mit einer Fahrradtour verbinden“, sagt Borck Spintig.

Sonst sind wir im Urlaub nie so lange an einem Ort.

Peter Kahnke, Camper

Bereits im letzten Jahr haben Peter Kahnke und Stefanie Brandes aus Bad Bramstedt den kleinen Campingplatz an der Schlei für sich entdeckt und vergangene Woche einfach mal im Internet geguckt, ob er geöffnet hat. Erst dadurch haben sie überhaupt von dem Modellprojekt erfahren und gleich für eine Woche reserviert. „Sonst sind wir im Urlaub nie so lange an einem Ort, aber wir sind ja schon froh, dass wir überhaupt irgendwo hin dürfen“, sagt Kahnke. Die beiden sind mit ihrem Oldtimer-Gespann auf Jungfernfahrt und genießen es einfach, etwas in der Sonne zu entspannen.

Das Konzept finden sie sehr sinnvoll. Sie wollen sich auch im Urlaub mit Kontakten möglichst zurückhalten und hoffen, dass sich auch alle anderen vernünftig verhalten. „Schade finde ich, dass das nur mit Smartphone und Internet, QR-Code und App funktioniert. Da werden Ältere doch total ausgegrenzt“, sagt Peter Kahnke.

Nur ein Hotel nimmt am Modellversuch teil

Heda Silbernagel vom Hotel F.Ritz hofft sehr, dass sich alle vernünftig verhalten und der Modellversuch nicht scheitert. Foto: Stephan Schaar

Bei Heda Silbernagel vom Hotel F.Ritz im Friedrichsberg laufen bereits seit einer Woche die Telefone heiß und ihre Appartements und Zimmer sind für die nächsten zwei Wochen schon fast ausgebucht. „Schon am ersten Tag hatten wir über 30 Buchungen, besonders Appartements sind sehr gefragt“, sagt Silbernagel. Die Gäste kommen aus ganz Deutschland, von Thüringen bis Baden-Würtemberg, und haben überwiegend für mehrere Tage reserviert. „Wir hatten sogar eine Anfrage aus Moskau, aber da habe ich auf die Quarantäne-Regeln hinweisen müssen. Ich glaube nicht, dass sie kommen werden“, erklärt die Hotelchefin. Auch wenn der Mehraufwand groß ist und sie ihr Team fast verdoppeln musste, freut sie sich, dass wieder Gäste kommen dürfen.

„Ich finde das alles mega-spannend und hoffe sehr, dass sich alle Touristen verantwortlich verhalten“, sagt sie und zitiert Max Triphaus von der OFS: „Wir dürfen das nicht vergeigen!“ Nach den Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr sei ihr kein Aufwand zu groß, um das Haus am Laufen zu halten. So einen Lockdown wie zu Beginn der Pandemie möchte sie nicht noch einmal erleben. „Es war schlimm, mein Herzensstück leer stehen zu sehen“, sagt Heda Silbernagel. Sie und ihr Mann sind eigentlich Architekten und betreiben das Hotel seit 14 Jahren neben ihrem Architekturbüro mit viel Leidenschaft.

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