Flensburg

Geschäftsleute und Dänische Minderheit verärgert über Poller-Lösung

Geschäftsleute und Dänische Minderheit verärgert über Poller-Lösung

Poller: Geschäftsleute und Dänische Minderheit verärgert

Julian Heldt, shz.de
Flensburg
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Die Zahl der öffentlichen Parkplätze in der Norderstraße soll reduziert werden. Foto: SHZ-Archiv

Der Planungsausschuss hat am Dienstagabend eine weitreichende Verkehrsberuhigung der Norderstraße beschlossen.

Die Entscheidung ist gefallen: Mit einem Versenkpoller wird die Norderstraße außerhalb der Geschäftszeiten gesperrt. „Wir wollen für die Abend- und Nachtstunden die Zufahrtsbeschränkung auch baulich regeln“, erklärte Grünen-Ratsherr Pelle Hansen. Seine Fraktion hatte sich im Planungsausschuss gemeinsam mit CDU, SPD und Linken für eine Pollerlösung stark gemacht. Gleichzeitig machte Hansen jedoch deutlich, dass sich diese Maßnahme vor allem gegen den Durchgangsverkehr richte.

Alle, die ein berechtigtes Anliegen haben, sollen reinfahren können.

Grünen-Ratsherr Pelle Hansen

Die Ursprungsvorlage der Verwaltung hatte vorgesehen, den Durchgangsverkehr zunächst durch einfache Beschilderung zu verhindern. Durch die Pollerlösung wollen die vier Ratsfraktionen die personell schlecht ausgestattete Ordnungsbehörde der Stadt Flensburg entlasten. „Die Poller sind eine Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass die Gehwege in den Abendstunden nicht zugeparkt werden“, so Hansen.

Nur noch ein Viertel an Parkplätzen

Tagsüber sollen die 55.000 Euro teuren Poller im Kreuzungsbereich zur Toosbüystraße runtergefahren sein. Neben dem Durchfahrtverbot wird die Zahl der öffentlichen Parkplätze auf 15 bis 20 reduziert – nur noch ein Viertel des heutigen Bestands.

Kritik für die Pollerlösung kam im Planungsausschuss insbesondere von der SSW-Fraktion. „Nach 18 Uhr will man in der Norderstraße die Nachtruhe einführen, das kann es nicht sein. Wir bekommen hier eine Spielstraße“, ärgerte sich sich SSW-Ratsherr Glenn Dierking.

Er kritisierte, dass man in den Planungen unter anderem die Interessen der Dänischen Zentralbibliothek und des Aktivitetshuset missachtet habe. Hier würden die Veranstaltungen meist erst in den Abendstunden stattfinden. Ältere oder gehbehinderte Besucher könnten sich dann nicht mit dem Auto vorfahren lassen, so Dierking.

Jens M. Henriksen, Chef der Dänischen Zentralbibliothek, erwartet durch die Pollerlösung einen deutlichen Besucherrückgang.

Es scheint rücksichtslos gegenüber den Organisationen der Minderheit, die hier seit ganz vielen Jahren ansässig sind. Wir werden diese Angelegenheit in Kiel vorbringen.

Jens M. Henriksen, Chef der Dänischen Zentralbibliothek

Henriksen spricht in diesem Zusammenhang von einer „Entwertung der Verhältnisse der Minderheit“. Durch den Wegfall der meisten Parkplätze würden auch viele dänische Touristen gehindert, die Norderstraße zu besuchen. Für die Institutionen und Geschäftsbetriebe sei dies „tödlich“, findet auch Dierking.

Wirtschaft von der CDU enttäuscht

Bei der IG Norderstraße – Interessensvertretung von mehr als 50 Betrieben und Institutionen – ist man vor allem über die CDU-Fraktion enttäuscht. Diese hatte sich noch vor einem Monat gegen eine Pollerlösung ausgesprochen.

„Ehrlich von der CDU-Fraktion wäre gewesen, uns gleich abblitzen zu lassen“, ärgerte sich IG-Sprecher Peter Litau nach der Ausschusssitzung. „Wir sind weiter für unsere Kunden erreichbar, aber uns erfüllt mit Sorge, wie mit viel Steuergeld Straßenzugänge beschränkt werden. Ob eine Sperrung, die nachts errichtet werden soll, nicht auch tagsüber bestehen bleibt, bleibt jetzt abzuwarten. Ein verlässliches Signal für die Stärkung der über 350 Arbeitsplätze in der Norderstraße hätte uns in dieser wirtschaftlich unvorhersehbaren Zeit geholfen“, erklärte er.

Keiner der Vorschläge der IG zur Verkehrsberuhigung der Norderstraße sei ernsthaft berücksichtigt worden. Die Geschäftsleute hatten sich unter anderem für Tempo 10 und Kurzzeitparkplätze in ihrer Straße stark gemacht. Ein Einfahrtsverbot durch Poller lehnen sie ab.

CDU: Es ist ein Kompromiss

„Wir Selbstständigen sind bereits durch den ersten Lockdown schwer getroffen. Die Bitte an die Politiker und die Stadt Flensburg: Bereiten Sie uns nicht einen zweiten Lockdown, von dem wir uns nicht erholen werden“, so ein weiteres Mitglied der IG Norderstraße.

CDU-Chef Arne Rüstemeier machte derweil im Planungsausschuss deutlich, dass es sich bei der gefundenen Lösung um einen Kompromiss der Fraktionen handele. „Ich glaube, dass es unter dem Strich die beste umsetzbare Lösung ist.“ Auf Antrag von SPD-Fraktionschef Helmut Trost soll die genaue Abstimmung der Pollerlösung zwischen der Verwaltung und den Anliegern erfolgen. Nach einem Jahr erfolgt eine Evaluation des Verkehrsprojektes.

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