Landgericht Flensburg

Falscher Polizist muss für sechs Jahre in Haft: So funktionierte seine Masche

Falscher Polizist muss für sechs Jahre in Haft: So funktionierte seine Masche

Falscher Polizist muss für sechs Jahre in Haft

Wolfgang Blumenthal/shz.de
Flensburg/Itzehoe
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Justitia
Justitia, römische Göttin der Gerechtigkeit Foto: Pixabay

Der 23-Jährige wird als Abholer verurteilt. Er ist das wichtigste Glied einer organisierten Betrügerbande.

Er ist das letzte Glied einer organisierten Bande von falschen Polizisten: der sogenannte Abholer. Er ist derjenige, der bei den Opfern das vermeintlich bedrohte Vermögen – ob Geld oder Münzen – abholt. „Der Abholer ist für die Bande wichtig, es ist eine Schlüsselposition“, sagt der Vorsitzende Richter der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Flensburg. Die Kammer kommt zu dem Schluss: Chris M. war Abholer – mehrfach.

Mittwoch, 12 Uhr: Das Gericht schickt den heute 23-Jährigen aus Itzehoe vor allem deshalb für sechs Jahre hinter Gitter. Die Kammer legt Chris M. drei Taten des gewerblichen, bandenmäßigen Betrugs zur Last. Aber auch räuberische Erpressung mit Körperverletzung und Beleidigungen gegenüber Polizisten und gegenüber einer Ermittlungsrichterin.

 

Ein 24-jähriger Mitangeklagter aus Henstedt-Ulzburg wird hingegen freigesprochen. Eine von insgesamt vier Taten, bei der er in Glinde (Kreis Stormarn) mit dabei gewesen sein soll, ließ sich nicht nachweisen – für ihn nicht, und auch nicht für den Verurteilten. Doch wegen der drei anderen Taten muss sich M. verantworten.

So funktioniert die gängige Masche

Die Masche der organisierten falschen Polizisten erläutert der Richter so: Aus einem Callcenter in der Türkei wird einem vornehmlich betagten Opfer am Telefon Angst eingejagt. „Eine rumänische Einbrecherbande ist unterwegs, ihre Ersparnisse sind gefährdet.“ So geschehen bei dem ersten am Mittwoch geschilderten Fall, bei dem eine alte Dame in Hamburg um ihr Geld gebracht wird.

Noch während das Anrufopfer an der Leitung gehalten wird, beauftragt ein Mittelsmann in Deutschland – ein sogenannter Logistiker – den Abholer. In diesem Fall war das Chris M., er holte nach Überzeugung des Gerichts die 15.000 Euro ab.

Noch schlimmer der dritte angeklagte Fall

Anfang 2019 wird einer alten Dame in Husum am Telefon die Horror-Geschichte erzählt, dass ihre Bank mit einer Rumänen-Bande gemeinsame Sache mache. Ihre Krügerrand-Münzen seien im Schließfach nicht mehr sicher. Heftig überredet, holt die Rentnerin ihre 42 Goldmünzen ab, übergibt diese dem Abholer – Chris M.. Vermögensverlust für die 85-Jährige: rund 48.000 Euro.

Glimpflich ging nur die zweite zur Last gelegte Tat aus: Eine Hamburgerin wurde im allerletzten Moment misstrauisch, machte die Tür vor der Nase von M. zu, schloss ab.

„Ihre Opfer sind besonders schutzwürdige Menschen“, ergänzte der Richter. Zudem zögen solche Taten den nachhaltigen Vertrauensverlust gegenüber der echten Polizei nach sich.

Revision angekündigt

Die Staatsanwältin hatte für M. acht Jahre Haft beantragt, für den Mitangeklagten drei Jahre und zehn Monate. Der Verteidiger des 24-Jährigen sah hingegen keine „ausreichenden Beweismittel“, hatte Freispruch gefordert.

Und M.’s Verteidigung hatte zuvor plädiert, das Geständnis und die Entschuldigung des 23-Jährigen zu berücksichtigen. Der Richter indes macht M., der am Mittwoch mehrfach von einem seiner beiden Verteidiger von Unmutsäußerungen zurückgehalten werden muss, klar: „Es handelte sich nicht um ein strafbegründendes Geständnis. Und es war eine formale Entschuldigung, eine Reue war nicht zu erkennen.“

M.’s Verteidigung erklärt hinterher: „Wir werden formal Revision einlegen.“

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