Kriminalität

Erstochener Jugendlicher: Ermittlungen wegen Totschlags

Erstochener Jugendlicher: Ermittlungen wegen Totschlags

Erstochener Jugendlicher: Ermittlungen wegen Totschlags

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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An einer Aussichtsplattform wurde der 16-jährige Jonas getötet. Blumen und Kerzen stehen am Tatort; jemand hat den Todestag des Jugendlichen an die Wand geschrieben. Foto: Karsten Sörensen/ Privat

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Trauer um den 16-jährigen Jonas: Er starb nach einem Messerstich in den Kopfbereich.

Blumen und Kerzen stehen vor der besprühten Mauer an der Aussichtsplattform mit Blick über Stadt und Förde. Ein handschriftlicher Brief in einer Klarsichthülle wurde am Montagmorgen von einer dünnen Schneeschicht zugedeckt. Zu lesen sind noch die Worte: „Es ist nie alles gesagt, es ist immer zu früh!!!“ In Flensburg herrschen Bestürzung und Fassungslosigkeit nach dem Tod des 16-jährigen Jonas, der am Freitagabend gegen 18.15 Uhr vor der Duborg Skolen erstochen wurde.

Es war offenbar das Ende eines Streits unter Jugendlichen, die sich gekannt haben sollen. Der genaue Auslöser ist unklar. Gerüchte, dass sich Jonas und der mutmaßliche Täter über den Aufenthalt an der Plattform gestritten haben, bestätigte die Staatsanwaltschaft am Montag aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.

Jonas Familie möchte, dass man den Jugendlichen in Erinnerung behält: Sein Onkel postete ein Foto von ihm bei Facebook. Foto: Privat

Messerstich in den Kopf

Fest steht, dass ein Messerstich in den Kopfbereich die Todesursache war. Das ergab die Obduktion am Samstag. Der Tatverdächtige soll nach Informationen von shz.de das Messer mit sich geführt haben. Unklar bleibt aber, ob der Beschuldigte die Tatwaffe vorsätzlich mitnahm. Er soll einem Augenzeugen zufolge den Jugendlichen an die Mauer gedrückt und schließlich zugestochen haben. Er und mindestens eine weitere Person rannten demnach schnell davon. „Scheiße“, soll jemand gerufen haben. „Weg, weg!“

Jonas brach blutend am Tatort zusammen. Ein Ersthelfer rief den Notruf und kümmerte sich um den Schwerverletzten. Doch der Jugendliche konnte nicht mehr gerettet werden, er erlag wenig später im Krankenhaus seiner Verletzung.

19-Jähriger in Untersuchungshaft

Es soll relativ lange gedauert haben, bis die Polizei am Einsatzort war. Mindestens zehn Minuten, eher mehr. Dennoch: Der tatverdächtige 19-Jährige wurde gefasst. Die Gegend wurde nach der Tatwaffe abgesucht. Am Samstagnachmittag wurde der Beschuldigte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Flensburg einem Haftrichter vorgeführt. Dieser ordnete die Untersuchungshaft an – die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen Totschlags.

Falschmeldungen im Internet

Ein bitterer Beigeschmack mischt sich in die Trauer um den Jugendlichen. Offenbar wird Jonas tragischer Tod genutzt, um ihn für rechtspopulistische Propaganda zu missbrauchen. So kam es in sozialen Medien sowie auf dem populistischen Portal „PI-News“ nach der Tat zu Spekulationen und Vorverurteilungen über die Herkunft des Täters – einziger Anhaltspunkt dafür: Es wurde keine Nationalität in der Polizeimeldung genannt.

Ohne nähere Erkenntnisse zu haben, wurden diverse Falschmeldungen verbreitet: „Es gibt mindestens eine seelisch kaputte Bevölkerungsgruppe in unserem Lande, die durch eine gewaltaffine Religion und deren sozialpsychologische Ausprägungen sozialisiert wurde und weiter wird“, urteilt PI-News. „Jeder weiß, dass hier nicht Dänen, Irländer oder Vietnamesen gemeint sind.“ Ohne dies ausdrücklich zu benennen, wird hier Hass gegen muslimische Menschen geschürt. Ohne jeglichen Realitätsbezug: Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen Deutschen ohne Migrationshintergrund. Bei der Aufklärung der Tat helfen die Falschmeldungen nicht.

Angehörige posten Foto bei Facebook

Die Angehörigen von Jonas veröffentlichten kurz nach der Tat seinen Namen und ein Foto von ihm auf Facebook. „Jeder darf seinen Namen in den Mund nehmen und auch Bilder von ihm posten, dass er uns allen immer in Erinnerung bleibt“, postete sein Onkel Thorsten. Der Beitrag wurde inzwischen unzählige Male geteilt. „Jonas war ein ganz toller und liebevoller Mensch“, beschreibt ihn sein Onkel. „Wir konnten immer scherzen und haben immer zusammen gelacht.“

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