Corona in Flensburg

Corona-Infektionen häufig am Arbeitsplatz

Corona-Infektionen häufig am Arbeitsplatz

Corona-Infektionen häufig am Arbeitsplatz

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Herausforderung Homeoffice: Wo es möglich ist, müssen Arbeitgeber die Möglichkeit anbieten. Foto: Julian Stratenschulte

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Obwohl sich viele Flensburger am Arbeitsplatz mit Corona infizieren, gibt es keine weiteren Konsequenzen für Büros und Produktion.

Flensburg schottet sich ab, zumindest der Teil, der die Corona-Maßnahmen ernst nimmt. Für viele Flensburger sind Kolleginnen und Kollegen zuweilen die einzigen Menschen, die sie außerhalb der Familie noch persönlich sehen. Denn an den Arbeitsplätzen gibt es wesentlich weniger Kontakteinschränkungen als anderswo. Und das obwohl die zweitmeisten Neuinfektionen am Arbeitsplatz passieren.

In den vergangenen zwei Monaten steckten sich 424 Flensburger in der Familie oder WG an, mehr als 170 Neuinfektionen sind auf den Arbeitsplatz zurückzuführen und fast genauso viele Infektionswege sind unbekannt – bei 959 Corona-Fällen insgesamt. Dennoch betreffen die Verschärfungen der Corona-Regeln, die ab 1. April gelten, den Einzelhandel, Museen (jeweils keine bekannten Fälle) und Freundeskreise (37 Infektionen in zwei Monaten).

Dabei hätte die Stadtverwaltung die sogenannte Notbremse, die greift, wenn die Inzidenz mehrere Tage über 100 liegt, am liebsten überhaupt nicht gezogen. „Wir hätten uns das anders gewünscht“, sagt Flensburgs Stadtsprecher Christian Reimer. Schließlich sei die Inzidenz eher auf dem Weg nach unten, anders als in den Kreisen Segeberg und Pinneberg, wo die Zahlen hoch gehen. „Wir sind von oben gekommen, unter die 100 geschwungen und oszillieren jetzt um die Marke herum“, sagt Reimer. Das Land sei bei der Notbremse aber sehr konsequent.

Keine Schwerpunkte in Branchen

Weniger Konsequenzen hat das Land aber für die Arbeitswelt parat. Nach wie vor gilt zwar auch in Flensburg die bundesweite Anordnung, Arbeit im Homeoffice anzubieten, „wo es möglich ist.“ Kontrolliert wird dies aber nicht und auch die Regelungen sind eher „diffus“. So steht es steht jedem Arbeitnehmer frei, sich gegen das Homeoffice zu entscheiden. „Arbeitgeber sind verpflichtet, Homeoffice anzubieten, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten sind nicht verpflichtet, Homeoffice zu nutzen“, heißt es vom Bund.

Ob eine konsequente Einhaltung einer Homeoffice-Pflicht die Zahlen drücken könnte, ist unklar. Bei den Infektionen am Arbeitsplatz gebe es keine Konzentration auf bestimmte Branchen oder Betriebe, erklärt Reimer. Um belastbare Aussagen zu treffen, ob sich Arbeitnehmer beispielsweise eher im Großraumbüro anstecken oder in der Produktionskette, reichen die Daten nicht aus. So bleibt ein Teil des Ausbruchsgeschehens nicht weiter differenziert.

Auch bei der IHK Flensburg gibt es keine Übersicht über von Corona betroffene Branchen. IHK-Sprecherin Petra Vogt verweist darauf, dass die allermeisten Betriebe „sehr verantwortungsvoll“ mit der Lage umgehen und entsprechende Hygienekonzepte erstellt haben.

Schnelltests am Arbeitsplatz

Ein Angebot von Schnelltests müssen Hygienekonzepte aber nicht beinhalten. Anders als bei Grenzpendlern oder zeitweise bei Friseuren wird hier auf Freiwilligkeit gesetzt. „Es gibt Betriebe, die ihre Angestellten regelmäßig testen lassen“, sagt Stadtsprecher Reimer.

IHK-Sprecherin Petra Vogt verweist darauf, dass die neue Medizinprodukteverordnung erst seit 18. März gelte: „Vorher durften Unternehmen, die nicht ,kritische Infrastruktur' sind, gar keine Schnelltests in Anspruch nehmen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Testrate noch weiter steigt.“

41 Prozent der Unternehmen für Schnelltests

Eine landesweite IHK-Umfrage vom 22. März habe ergeben, dass in Schleswig-Holstein 41 Prozent der Unternehmen bereits testen oder betriebliche Tests planen. Bei weiteren 22 Prozent sind die Mitarbeitenden im Homeoffice und es werden deshalb keine Tests am Arbeitsplatz durchgeführt.

„Deutlich wurde aus den Antworten auch, dass die Tests besonders für kleine und mittlere Unternehmen eine zusätzliche Belastung darstellen. Deshalb lehnen wir eine Testpflicht ab und hat die IHK-Organisation auf die jetzt geltende ,Selbstverpflichtung der Wirtschaft“ hingewirkt“, so Vogt. Zu begrüßen wäre, dass der Staat die Unternehmen finanziell und organisatorisch unterstützt.

Der Stadtverwaltung bleibt unterdessen die Möglichkeit, eindringlich an die Einhaltung von Abständen, regelmäßiges Testen und der Nutzung vom Homeoffice zu appellieren. Weiter in die Pflicht nehmen könne man die Unternehmen nicht. Diese Regelungen müssten vom Land kommen, sagt Reimer. „Wir haben diesen Hebel nicht.“

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