Sterup oder Gorleben

Atommüll-Endlager-Suche: Die Verunsicherung in Angeln wächst

Atommüll-Endlager-Suche: Die Verunsicherung in Angeln wächst

Atommüll-Endlager-Suche: Die Verunsicherung in Angeln wächst

Gero Trittmaack/shz.de
Schleswig-Holstein
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Wohin mit dem Atom-Müll? Hier ein Foto des Endlagers für schwach- und mittelradioaktives Material in Morsfeld (Sachsen-Anhalt), das im Jahr 2000 geschlossen wurde. Foto: dpa

Manche meinen, Sterup sei besser geeignet als Gorleben. Bis 2031 soll ein Vorschlag für einen Standort stehen.

Zu Beginn der Woche hat das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit eine Veränderungssperre für Orte angekündigt, die als Atommüll-Endlager in Frage kommen. In Schleswig-Holstein sind neun Gebiete genannt worden - darunter auch Sterup. Hintergrund ist die Suche des Bundes nach einem zentralen Endlager für den Atommüll – und die wird jetzt konkret. Erster Schritt ist die Sperre. Die soll verhindern, dass an geeigneten Standorten in mehr als 100 Metern Tiefe gebohrt und dadurch die Einrichtung eines Endlagers erschwert wird.

In Sterup wird den meisten Menschen erst jetzt langsam bewusst, was die Entscheidung für ihren schönen Ort bedeuten könnte. Es ist zwar schon einige Jahre her, doch Mitte der 1990er-Jahre war der Salzstock unter Sterup schon einmal auf seine Tauglichkeit geprüft – und für gut befunden worden. Der Tüv Hannover hatte sogar festgestellt, dass Sterup sogar geeigneter sei als Gorleben. „Damals“, so sagte Sterups Bürgermeister Wolfgang Rupp auf Nachfrage, „haben wir davon nicht viel mitbekommen. Das wurde alles schön unter der Decke gehalten.“ Heute ist schon nach wenigen Tagen Nervosität und Verunsicherung spürbar. „Die Leute wollen eine Einwohnerversammlung, um mehr zu erfahren. Aber ich weiß doch auch nichts. Was soll ich denen denn erzählen?“, fragte Rupp. Eines weiß er dennoch sicher: „Sollte die Gefahr konkreter werden, dass Sterup als Standpunkt für ein Atommüll-Endlager ausgewählt werden könnte, wird der Widerstand massiv.“

So geht es jetzt weiter

Zuständig für die Auswahl ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung. „Die Suche soll in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren erfolgen. Zu jeder Zeit ist eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen“, heißt es auf deren Homepage. Dort wird auch die Art des Vorgehens erklärt. Zunächst schlägt die Gesellschaft Standorte vor, die in Frage kommen. Welche näher erkundet werden, beschließt der Bundestag. Das Verfahren mündet nach wissenschaftlichen Untersuchungen über und unter der Erde schließlich in einem Vorschlag über einen Standort, über den der Bundestag in einem Gesetz entscheidet. Das soll nach den bisherigen Plänen 2031 geschehen.

Dass der Fortlauf der Untersuchungen auch diesmal „unter der Decke“ gehalten wird, sollte zumindest nach den Veröffentlichungen des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit ausgeschlossen sein.

„Bürgerinnen und Bürger haben künftig vielfältige Möglichkeiten, sich an der Standortsuche zu beteiligen. Dies kann in einem regionalen Rahmen geschehen oder auch überregional“, heißt es auf der Internetseite der Behörde. Diese Konferenzen sollen aus einzelnen Bürgern, aus Vertretern organisierter Interessen und aus Mitgliedern regionaler Körperschaften bestehen.“ Und sie sollen offenbar von dem Bundesamt organisiert werden: „Sie werden eingerichtet, wenn bestimmte Etappen im Standortauswahlverfahren erreicht sind“, heißt es dazu wörtlich.

So lange aber will die Bürgerinitiative „Angeliter bohren nach“ nicht warten. „Wir haben uns in der Vergangenheit erfolgreich gegen die Ölbohrungen in Angeln gewehrt. Jetzt werden wir alle Kraft aufwenden, um zu verhindern, dass unter unseren Füßen Atommüll eingelagert wird“, erklärte Pressesprecherin Ingrid Lohstöter.

Umweltminister Robert Habeck kann selbst nichts entscheiden

Das Schleswig-Holsteinische Umweltministerium ist am gesamten Verfahren nur am Rande beteiligt. „Das Ministerium hat voraussichtlich geologische Daten zuzuliefern. Es kann sein, dass wir bei der Beratung einzelner Vorschriften im Rahmen der Bund-Länder-Zusammenarbeit (z.B. Sicherheitsanforderungen) einbezogen werden. Am eigentlichen Standortauswahlverfahren sind die Länder nicht beteiligt; das gesamte Verfahren obliegt dem Bund“, heißt es auf Nachfrage. Dennoch hat Minister Robert Habeck eine Meinung zur Standortsuche nach einem Endlager für den Atommüll.

„Die Endlagersuche wird konkreter und betrifft das gesamte Bundesgebiet. Das ist nach vielen Jahrzehnten der Konflikte auch richtig. Wir können nicht mehr auf Zeit spielen. Es ist die Aufgabe unserer politischen Generation, die Verantwortung tatsächlich zu übernehmen und ein Endlager zu finden, das so sicher wie irgend möglich ist. Auch wenn es für das Bundesland oder den Standort, den es am Ende trifft, besondere Härten bedeutet, können wir uns dieser Verantwortung nicht entziehen. Hier ist die Solidarität und die Verantwortungsbereitschaft gefragt.“

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