Fall Puigdemont

Mithäftlinge über Puigdemont: „Der gehört doch eigentlich gar nicht hierher“

Mithäftlinge über Puigdemont: „Der gehört doch eigentlich gar nicht hierher“

Mithäftlinge über Puigdemont: „Der gehört doch eigentlich gar nicht hierher“

André Klohn und Matthias Hoenig/shz.de, dpa
Neumünster
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Carles Puigdemont Foto: dpa

Der katalanische Ex-Regierungschef Puigdemont wartet weiter im Gefängnis auf eine Entscheidung der deutschen Justiz.

Lammbraten oder auch Stockfisch – das kommt in Katalonien zu Ostern auf den Tisch. Doch darauf muss Carles Puigdemont in diesem Jahr verzichten. Im Gefängnis in Neumünster steht Milchreis mit Zucker und Zimt am Samstag, Pfefferhacksteak mit Bohnen und Kartoffeln am Sonntag und Rinderragout mit Nudeln am Montag auf dem Speiseplan. „Normalkost“ für die Insassen der JVA in Schleswig-Holstein. „Weil Herr Puigdemont ja keine Sonderbehandlung erfährt, ist er ganz normal im Untersuchungshaft-Gebäude untergebracht“, sagt Anstaltsleiterin Yvonne Radetzki.

Seit Sonntag befindet sich der frühere katalanische Regionalpräsident in Gewahrsam. Spanien wirft ihm Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor, gegen den 55-Jährigen liegt ein europäischer Haftbefehl vor. Nun ist die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein am Zug. Sie muss entscheiden, ob sie einen Antrag auf Auslieferungshaft beim Oberlandesgericht stellt. Das will sie aber frühestens in der Woche nach Ostern tun.

Mindestens bis dahin bleibt der Politiker in der JVA Neumünster. „Am Anfang haben wir natürlich erstmal ein bisschen geschaut, ob wir Herrn Puigdemont direkt am Alltag teilnehmen lassen können. Aber nicht so sehr, weil Herr Puigdemont auffällig wäre“, sagt Radetzki.

 

Mithäftlinge sind fürsorglich

Die Sorge darüber, wie andere Gefangene auf den prominenten Gast reagieren könnten, stellte sich aber rasch als unbegründet heraus. „Die machen sich eher Sorgen, kümmern sich um ihn, ob er denn genug Kaffee hat, und sagen eben auch: ,Mensch, der ist doch gar nicht wie wir, der gehört doch eigentlich gar nicht hierher'.“ Seit Tagen gibt es vor dem Gefängnis einen internationalen Medienauftrieb. Insbesondere spanische TV-Reporter berichten über den Fall des Politikers. Er ist untergebracht in einem normalen Haftraum im Untersuchungshaftgebäude.

Weniger als zehn Quadratmeter ist seine Zelle groß, ausgestattet „mit dem Üblichen“, sagt Anstaltsleiterin Radetzki. Bett, Waschtisch, Kleiderschrank, Schrank, Fernseher. „Herr Puigdemont ist sehr angenehm im Umgang, relativ zurückhaltend und fügt sich hier gut ein“, sagt die 48-Jährige. Seit rund vier Jahren leitet sie das Gefängnis. „Man könnte ja annehmen, weil er Politiker ist und einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, dass er dann hier auch so auftritt. Aber das ist überhaupt nicht so.“ Er gebe sich im Gegenteil sehr bescheiden. Sonderwünsche habe er nicht gestellt.

Kein Internet, telefonieren mit Einschränkungen

Der Separatistenführer sei „ganz normal in den Haftalltag integriert wie jeder andere Gefangene auch“, berichtet Radetzki. Das bedeutet aber auch: Puigdemont stehen nur zwei Stunden Besuchszeit im Monat zu, wobei Rechtsanwälte und Parlamentarier davon ausgenommen sind. „Das wäre sonst ja auch unfair, wir wollen hier alle Gefangenen gleich behandeln“, sagt Radetzki. Wann sich Puigdemonts Frau und die beiden kleinen Töchter auf den Weg nach Norddeutschland machen, ist noch unklar.

Die Anstaltsleiterin geht davon aus, dass der Politiker auch keine Ausnahme von den strengen Regeln für Gefangene für sich beansprucht. „Ich glaube schon, dass er im ersten Moment immer schluckt, weil jemand mit so einem Background nicht unbedingt weiß, wie es in so einer Anstalt funktioniert.“ Natürlich müsse er sich damit erstmal arrangieren. So kann der 55-Jährige zwar telefonieren, selbst aber nicht angerufen werden. Das Internet dürfen Gefangene nicht nutzen. Lediglich Skypen nach Vermittlung durch JVA-Personal ist erlaubt.

Auch an Ostern ändert sich an den Abläufen in der JVA kaum etwas. Es gibt dann aber einen Gottesdienst in der Gefängniskirche, zu dem sich die Gefangenen anmelden können. Von Puigdemont ist Anstaltsleiterin Radetzki das allerdings nicht bekannt. „Ich kann es nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber ich glaube nicht.“ Puigdemonts Anwälte versuchen derweil, die Bundesregierung in den Fall mit einzubinden: Sie solle eine Auslieferung ihres Mandanten nach Spanien verhindern. Man erwarte von der Regierung, dass sie von ihrer „im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen wird, die Auslieferung von Carles Puigdemont nicht zu bewilligen“, hieß es in einer Erklärung der Anwälte Wolfgang Schomburg und Sören Schomburg.

Die Ostertage als für ihn nervenzehrende Geduldsprobe kann sich der katalanische Separatistenführer zumindest ein wenig versüßen. Außer der Reihe gibt es in Neumünster an Ostern immerhin eine Tafel Schokolade für die Gefangenen und Eiscreme.

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