Corona-Jahr 2020

Zwei Schleswig-Holsteiner über ihr Berufsjahr 2020

Zwei Schleswig-Holsteiner über ihr Berufsjahr 2020

Zwei Schleswig-Holsteiner über ihr Berufsjahr 2020

Michael Kierstein/shz.de
Kiel
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Umschulung und Sozialleistung: Die Arbeitsagentur kann Menschen, die ihren Job verloren haben, helfen. Foto: Fabian Sommer

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Branchen liegen brach: Die Pandemie hat auch in Schleswig-Holstein zum Umdenken geführt.

Das Jahr 2020: Neben wirtschaftlichen Gewinnern stehen auch deutliche Verlierer. Dazu gehört ganz vorne die Eventbranche. Hier hat Hanna Poloczek gearbeitet. Andere wiederum drückten im Corona-Jahr die Berufsschulbank unter besonderen Bedingungen. So Jonas Panje. Hier erzählen beide von ihrem Jahr:

Hanna Poloczek

Die 25-jährige Hanna Poloczek ist ausgebildete Veranstaltungskauffrau. Anfang 2020 trat sie eine neue Stelle in Kiel an. Hier sollte sie für Großveranstaltungen verantwortlich sein. Wie üblich wurde eine mehrmonatige Probezeit vereinbart.

Hanna Poloczek studiert jetzt BWL. Foto: Karina Behrendt

„Als das Thema Corona dann aufkam, haben wir noch gelacht. Das hat niemand ernst genommen“, erinnert sie sich. Einige Zeit später erhielt sie jedoch die Kündigung. Die Eventbranche liegt seit einem Jahr brach. Es gibt keine Aufträge. Sogar für dieses Jahr wurden die großen Festivals abgesagt. „Die letzte Veranstaltung hatten wir im Februar 2020. Danach begannen die Krisensitzungen.“

Sie habe gespürt, dass es ernst wird. „Mein Chef war immer sehr transparent uns gegenüber und auch im Team war die Stimmung noch gut“, sagt sie. Die 25-Jährige war sich aber auch bewusst, dass sie zu den ersten gehören wird, die gehen müssen. „Ich war neu und in der Probezeit. In dieser Situation hätte ich an der Stelle meines Chefs genauso gehandelt“, sagt sie ein Jahr später.

Die Kündigung habe sie deshalb auch relativ leicht genommen. „Ich wurde sehr gut ausgebildet. Ich dachte, bis zum Herbst habe ich wieder einen Job“, sagt Hanna Poloczek. Ein Gespräch mit der Arbeitsagentur machte diese Hoffnung jedoch zunichte: In ihrer Branche gab es schlicht keine Jobs. Man konnte ihr aber anders helfen. „Ich habe offenbar Anrecht auf Arbeitslosengeld von der Arbeitsagentur. Das wusste ich bis dahin nicht“, sagt sie. Nichts machen wollte sie jedoch auch nicht. Deshalb schrieb sie sich an der Fachhochschule Kiel für einen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre ein.

„Ich möchte wirklich gerne zurück in die Branche. Deshalb sehe ich das Studium als Fortbildung“, erklärt sie. Und wenn sich nichts ändert? „Dann mache ich hinterher den Master“, sagt sie und schmunzelt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Jonas Panje

Den 30-jährigen Jonas Panje hat die Pandemie hingegen nicht so stark getroffen. Er drückte im vergangenen Jahr die Berufsschulbank. Der gelernte Pferdewirt musste eine Umschulung antreten.

Jonas Panje hat umgeschult. Foto: Privat

„Eigentlich wollte ich Profireiter werden. Ich war auf mehreren Turnieren von nationaler und internationaler Klasse“, sagt er. Doch mehrere Verletzungen an den Adduktoren sorgten dafür, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. „Da bin ich schon in ein Loch gefallen“, erinnert sich der 30-Jährige. Das Leben war auf diesen Beruf ausgelegt, der nun nicht mehr umzusetzen war.

Auch er wandte sich an die Arbeitsagentur. „Dort wurde ich an die Angestelltenakademie verwiesen für eine Umschulung“, blickt er zurück. Gleichzeitig erinnerte er sich an seiner Vergangenheit. Mit der Frau des Chefs von Rogge Holzbau in Klein Barkau hatte er mal zusammengearbeitet.

Er kontaktierte sie und schilderte seine Lage. „Mir war klar, dass ich einen Job brauche, der Abwechslung bietet und sich viel draußen abspielt“, sagt er. Sie vermittelte ihm ein Praktikum in der Firma. Der Job des Zimmerers gefiel ihm. Auch seine Kollegen waren zufrieden. So entschied er sich für die zweijährige Umschulung.

Ein Jahr lief auch alle glatt. Dann kam Corona. Digitaler Unterricht. „Das hat öfter mal nicht so gut geklappt mit der Verbindung“, sagt er. Eine Erfahrung, die im vergangenen Jahr viele im Homeoffice machen mussten. Zusammenbrechende Verbindungen, keine Präsenz und wenig Kontakte. Eins hatte er jedoch nicht: Große Zukunftssorgen. Zum 1. Februar dieses Jahres beendete er seine Umschulung und wurde übernommen.

Problem: Coronabedingt konnte er seine Prüfung erst am 24. Februar ablegen. Er sollte sich für die 24 Tage arbeitslos melden. Er entschied sich jedoch dafür, als Bauhelfer anzupacken. Seitdem ist er fest bei Rogge Holzbau angestellt und ist auf Baustellen im ganzen Land unterwegs. „Es ist wirklich ein schöner Beruf. Es hat zwar weh getan, meinen ursprünglichen Beruf aufzugeben, aber ich habe ja glücklicherweise schnell etwas gefunden“, sagt er.

Auch jetzt hilft er am Wochenende noch immer gern Freunden mit ihren Pferden. „Das ist eine eigene Welt und lässt einen nicht los“, schwärmt der 30-Jährige. Einen Weg zurück wird es aber nicht geben. Er möchte jetzt auf dem Bau viel lernen und vielleicht irgendwann seinen Meister machen. „Dafür braucht man viel Erfahrung. Die habe ich noch nicht. Mal sehen, was die Zukunft bringt“, sagt er.

Ob seine Freisprechung im Sommer stattfinden kann, weiß er noch nicht. Das wird die Politik entscheiden. Den traditionellen Tanz, den „Zimmermanns-Klatsch“ hat er allerdings nicht gelernt. Das ging im Corona-Jahr nicht. Und so hieß es für ihn: Nach bestandener Prüfung einen ausgeben und ab auf die Baustelle.

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