Plakate in SH

Wie viel Wahlwerbung darf aufgehängt werden?

Wie viel Wahlwerbung darf aufgehängt werden?

Wie viel Wahlwerbung darf aufgehängt werden?

Kay Müller/shz.de
Kiel
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wer Wahlplakate aufhängen will, braucht eine Genehmigung der Kommune. Foto: Revierfoto via www.imago-images.de

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Die Landtagsfraktionen wollen Wahlwerbung in Kommunen erleichtern – doch die fürchten Wildwuchs im Ortsbild.

Es ist nur ein kleiner Passus im Straßen- und Wegegesetz, aber er stört die Landtagsabgeordneten von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW. Und zwar so sehr, dass sie im Innen- und Rechtsausschuss eine Änderung des Gesetzes debattieren wollen. Denn bislang können Kommunen es im Norden relativ leicht verhindern, dass Parteien im Wahlkampf die Straßen mit Plakaten zupflastern: Die politischen Organisationen benötigen eine Sondernutzungserlaubnis, wenn sie im öffentlichen Raum plakatieren wollen. Und die müsse eine Gemeinde eben nicht erteilen, wenn dadurch das Ortsbild beeinträchtigt werde, heißt es gleich aus mehreren Fraktionen. Denn sie befürchten, dass durch weniger Wahlwerbung die Wahlbeteiligung sinken könnte. 

Schon heute gibt es Gerichtsentscheidungen darüber, dass Wahlwerbung nur unter strengen Voraussetzungen eingeschränkt werden darf. Allerdings halten sich einige Kommunen nicht daran und beschränken Wahlwerbung pauschal in ihrer Sondernutzungssatzung.

Jan Marcus Rossa, FDP-Landtagsabgeordneter

„Manche Kommunen fürchteten eine Verschandelung des Ortes durch Plakate und haben das sehr restriktiv gehandhabt“, sagt der Grünen-Abgeordnete Burkhard Peters. Das führe dazu, dass in manchen Gemeinden gar nicht mehr oder nur noch in Randbereichen plakatiert werden könne, klagt der SSW-Chef im Landtag, Lars Harms. „Schon heute gibt es Gerichtsentscheidungen darüber, dass Wahlwerbung nur unter strengen Voraussetzungen eingeschränkt werden darf. Allerdings halten sich einige Kommunen nicht daran und beschränken Wahlwerbung pauschal in ihrer Sondernutzungssatzung“, sagt der FDP-Abgeordnete Jan Marcus Rossa. „Deshalb werden wir das Wahlrecht in Schleswig-Holstein ändern, damit eine pauschale Beschränkung von Wahlwerbung künftig unzulässig ist.“ 

Ist gegen pauschale Werbeverbote für Parteien: Lars Harms (SSW). Foto: Carsten Rehder/dpa

Sechs Wochen vor bis zwei Wochen nach der Wahl, ist die Werbung grundsätzlich zulässig. Bei der CDU verweist man auf den gemeinsamen Antrag, in dem es heißt: „Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Wahlwerbung für die Durchführung von Wahlen muss das öffentliche Interesse am Schutz des Straßen- und Ortsbildes zurückstehen. Die Kommunen dürfen Wahlwerbung im öffentlichen Straßenraum daher nur noch aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs, zum Schutz von Orten von städtebaulich, denkmalpflegerisch, kulturell oder historisch herausragender überregionaler Bedeutung sowie aus naturschutzfachlichen Gründen einschränken.“ Mit anderen Worten: Es muss eine genauere Begründung her.

„Wahlwerbung wird immer zentraler organisiert werden. Daher sind einheitliche Regelungen sinnvoll, da örtliche Regelungen nicht immer bekannt sind und für Parteien und Wählergemeinschaften nur schwer zu handhaben sind“, sagt Thomas Rother (SPD), der den Antrag ebenfalls unterstützt.

Die Kommunen halten die Neuregelung schlicht für überflüssig. „Die jetzt geplante Änderung des Straßen- und Wegegesetzes zur Genehmigung der Wahlplakate wiederholt im wesentlichen die bestehenden Regelungen zur Genehmigungspflicht, komprimiert in einem Paragrafen“, meint Marc Ziertmann, Geschäftsführer des Städteverbands Schleswig-Holstein.

Wir halten es für nicht ausgeschlossen, dass eine unkoordinierte Plakatierung viele potenzielle Wähler abschreckt und letztendlich das Gegenteil von dem mit dem Gesetzentwurf angestrebten Ziel erreicht.

Jörg Bülow, Gemeindetag

„Mir ist nicht bekannt, dass viele Gemeinden restriktiv Wahlwerbung komplett untersagen“, sagt der Geschäftsführer des Gemeindetages, Jörg Bülow. Auf der anderen Seite müsse eine Gemeinde verhindern können, dass es einen Wildwuchs beim Aufhängen der Plakate gebe. Deswegen sagt Bülow: „Wir halten es nicht für erforderlich, über die bereits bestehenden Reglementierungen hinaus den gemeindlichen Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Sondernutzungen weiter zu beschränken.“ Die Gemeinden müssten vor Ort selbst entscheiden dürfen, wie viele Plakate wo aufgehängt werden. Parteien und Wählergemeinschaften müssten sich zeigen dürfen, sagt Bülow. Aber: „Wir halten es für nicht ausgeschlossen, dass eine unkoordinierte Plakatierung viele potenzielle Wähler abschreckt und letztendlich das Gegenteil von dem mit dem Gesetzentwurf angestrebten Ziel erreicht.“

Burkhard Peters hofft dennoch auf eine Einigung bis zu den Bundestagswahlen. Aber eines sei auch klar: „Das bleibt ein Zankapfel mit den Kommunen.“

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