Gegen Raser

SPD will Streckenradar in Schleswig-Holstein

SPD will Streckenradar in Schleswig-Holstein

SPD will Streckenradar in Schleswig-Holstein

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
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Der bundesweit erste Streckenradar steht an der B6 im niedersächsischen Laatzen. Foto: dpa

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Die SPD-Fraktion will eine „gerechtere Geschwindigkeitsüberwachung“. Erster möglicher Standort: Die Rader Hochbrücke.

Wo Blitzer stehen, wissen Autofahrer in der Regel sich zu helfen – ob informiert durchs Radio, eine Radarwarn-App oder schlicht das geschulte Auge: Kurz vorher runter vom Gas, danach das Pedal wieder kräftig durchtreten.

Nun gibt es eine innovative aber teure Technik, die solche Tricksereien durchschauen kann: Das Streckenradar („Section Control“). Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf vorbereitet, der diese Überwachungsmethode in Schleswig-Holstein erlauben soll.

SPD: Gerechter als punktuelle Blitzer

Die polizeipolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kathrin Bockey, sagt: „Die Abschnittskontrolle bedeutet, dass die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs nicht mehr nur an einem Punkt gemessen wird, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit über eine längere Strecke ermittelt wird.“ Dies sei beispielsweise in Autobahnbaustellen gerechter als punktuelle Blitzer.

Der Verkehrsgerichtstag hatte sich bereits 2009 mit knapper Mehrheit für den Einsatz von „Section Control“ ausgesprochen. Bedingung: Innerhalb von drei Jahren muss es drei Unfälle mit getöteten oder schwerverletzten Personen auf einem Streckenkilometer gegeben haben.

Foto: dpa Infografik GmbH

Bislang gibt es Deutschlandweit nur ein einziges Streckenradar: Auf einem zwei Kilometer langen Abschnitt der B6 bei Laatzen in der Region Hannover. Die Anlage war juristisch zunächst umstritten. Am 12. März 2019 hatte das Verwaltungsgericht Hannover den Probebetrieb gestoppt, weil nach Ansicht der Richter die gesetzliche Grundlage für eine Datenerfassung ohne Anfangsverdacht fehlt. Ein Anwalt aus Hannover hatte geklagt, weil er einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sah. Doch bereits kurz darauf urteilte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, durch das geänderte niedersächsische Polizeigesetz sei die notwendige Eingriffsermächtigung geschaffen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung durch Nichtzulassung der Revision.

Kathrin Bockey fordert: „Auch das Land Schleswig-Holstein sollte seine Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Abschnittskontrollen nutzen, um Autofahrer besser zu schützen.“

ADAC sieht keinen Handlungsbedarf

Gegenwind kommt vom ADAC. Sprecher Ulf Evert: „Für eine Einführung dieses neuen Messverfahrens auf weiten Teilen des Straßennetzes besteht aus unserer Sicht kein Handlungsbedarf, da für eine effektive Geschwindigkeitsüberwachung bereits bewährte Messverfahren zur Verfügung stehen.“ Auf jeden Fall sollte das Streckenradar auch in Zukunft eine Ausnahme bleiben, zumal die Anlagen deutlich teurer als die üblichen Überwachungsgeräte seien.

Tatsächlich hat die Anlage an der B6 den Steuerzahler bislang 505.000 Euro gekostet. Über die „Erfolge“ gibt es nur Angaben von November 2019 bis Ende November 2020. Demnach wurden mehr als 1750 Geschwindigkeitsüberschreitungen geahndet, davon 85 Prozent mit einem Verwarnungsgeld (Fahrer war maximal 20 Stundenkilometer zu schnell).

Die SPD ist überzeugt, dass es sinnvoll ist, Geschwindigkeitsüberschreitungen gerechter zu ahnden.

Das würde die Akzeptanz für Geschwindigkeitskontrollen bei den Bürgern auf der einen Seite erhöhen, gleichzeitig haben sie auch einen hohen präventiven und damit gefahrenabwehrenden Charakter.

Kathrin Bockey

Rader Hochbrücke als erster Standort?

Einen ersten ganz konkreten Standort hat die SPD auch schon im Auge: Die Rader Hochbrücke. Fraktionssprecher Heimo Zwischenberger: „Aktuell befinden sich jeweils zu Beginn und am Ende der Brücke dort Blitzer. Das führt dazu, dass Verkehrsteilnehmer dort kurz vor der Geschwindigkeitskontrolle abbremsen, um danach wieder zu beschleunigen.“

Kosten oder mögliche Erträge seien zweitrangig zu bewerten, so Zwischenberger: „Wie schon der zuletzt vorgestellte Verkehrssicherheitsbericht gezeigt hat, ist zu schnelles Fahren Hauptursache für Unfälle. Jedes Leben, das wir durch geeignetere Maßnahmen retten können, zählt.“ So sei es auf der Strecke in Niedersachsen, anders als zuvor, zu keinen Verkehrsunfällen mit Verletzten oder Toten mehr gekommen.

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