Erziehungshilfe Nordfriesland

So holte sich eine verzweifelte Mutter Hilfe

So holte sich eine verzweifelte Mutter Hilfe

So holte sich eine verzweifelte Mutter Hilfe

Silke Schlüter/shz.de
Nordfriesland
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Verzweiflung und Überforderung: Verschiedene kostenlose Angebote in Nordfriesland geben Familien Hilfestellung. Foto: imago images/Symbolbild

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Vater hält sich raus, Mutter kommt allein nicht mehr klar: Eine Erziehungshelferin von "Familien im Mittelpunkt" half Karin Schmitt*.

Als Karin Schmitt* 2015 mit ihren damals 5-jährigen Zwillingen und der 2-jährigen Tochter eine Mutter-Kind-Kur machte, riet man ihr zu einer Erziehungsberatung: „Mein Sohn war zu der Zeit ziemlich fordernd. Ich war regelrecht verzweifelt und hatte das Gefühl, nicht mehr alles schaffen zu können“, erinnert sie sich und weiß auch noch, wie sehr sich all das auf die ganze Familie auswirkte.

Anfangs war mir nicht wohl bei dem Gedanken, das Jugendamt einzuschalten. Doch die Sorge war unbegründet.

Karin Schmitt*, Mutter von drei Kindern

Im Beratungs- und Behandlungszentrum (BBZ) des Diakonischen Werkes (DW) Südtondern riet man ihr dazu, eine Familienhilfe zu beantragen. „Anfangs war mir nicht wohl bei dem Gedanken, das Jugendamt einzuschalten. Doch die Sorge war unbegründet: Der Sachbearbeiter war supernett und hat mir unkompliziert weitergeholfen. Ich stellte einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung, der dann auch schnell bewilligt wurde“, erzählt Karin Schmitt.

Einen neutrale Person hinzu ziehen

Und so kam Petra Schuhmann vom DW Südtondern-Projekt „Familien im Mittelpunkt“ (FiM) in die Familie. Der gestressten Mutter tat es gut, von nun an all ihre Sorgen, Ängste und Nöte einer neutralen Person anvertrauen zu können. Alle Dinge, die sie ärgerten und die sie vor allem ändern wollte, kamen auf den Tisch. Dabei ging es vor allem darum, klare Regeln aufzustellen und bei Nichteinhaltung logische Konsequenzen zu ziehen.

Mir persönlich kam die Zeit gar nicht so lang vor. Ich war einfach nur froh über die ständige Begleitung.

Karin Schmitt*, Mutter von drei Kindern

„Das ist wahnsinnig schwierig, denn man soll ja nicht bestrafen“, sagt Karin Schmitt, die sich mit Petra Schuhmann oft auch ohne Kinder zusammengesetzt hat, um die Situationen zu reflektieren und über aktuelle Probleme zu sprechen. Drei Jahre dauerte es, bis sie das Gefühl hatte, alles soweit gut und entspannt im Griff zu haben. „Festgefahrene Situationen löst man nun mal nicht von heute auf morgen. Mir persönlich kam die Zeit gar nicht so lang vor. Ich war einfach nur froh über die ständige Begleitung“, so die Mutter.

Dann kam die Trennung der Eltern

Eine Zeitlang lief alles gut, die Familie kam super ohne Hilfe klar. Doch dann kam es zur Trennung der Eltern. „Durch den enormen Druck und Stress bin ich teilweise wieder in alte Verhaltensmuster gerutscht“, erkannte Karin Schmitt selbstkritisch. Ihre Tochter rief die Familienhelferin an und vertraute sich ihr an. In der Erkenntnis, dass es nötig ist, für neue Situationen andere Strukturen und Tagesabläufe zu entwickeln, stellte die Mutter erneut einen Antrag auf Familienhilfe.

Letztendlich ging es um Fragen wie: Wo kann ich Verantwortung abgeben? Wo bekomme ich meine Ruhepausen? Was ist wichtig, was eher nicht?

Karin Schmitt*, Mutter von drei Kindern

Diesmal brauchte sie allerdings nur Denkanstöße, um sich an die bereits erlernten Verhaltensweisen und Muster zu erinnern. „Letztendlich ging es um Fragen wie: Wo kann ich Verantwortung abgeben? Wo bekomme ich meine Ruhepausen? Was ist wichtig, was eher nicht?“, sagt Karin Schmitt, die sich selbst ein Ziel gesetzt hatte: Sie wollte auch in brenzligen Situationen mit den Kindern cool bleiben können.

Zusammen mit Kindern ein Plan entwickeln

Momentan ist sie dabei, zusammen mit den Kindern „Verstärkerpläne“ zu erstellen, auf denen klar formuliert ist, was sie noch lernen und verinnerlichen sollen. Als Belohnung gibt es Sammelpunkte, die später gegen einen kleinen Gutschein oder „Zeit mit Mama allein“ eingetauscht werden können.

Gemeinsam den Knoten zum Platzen bringen: Karin Schmitt und ihre Kinder haben es zusammen mit der Familienhilfe geschafft. Foto: Privat

Das klappt: „Die Kinder sind mit Feuereifer dabei, um möglichst viel zu schaffen“, so Karin Schmitt. „Ich bin froh, dass ich den Mut hatte, die Familienhilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt sie heute mit Blick darauf, dass sich in ihrer Familie vieles zum Positiven geändert hat, auch in ihrer eigenen Einstellung den Kindern gegenüber. „Endlich können wir wieder ein harmonisches und glückliches Familienleben mit all seinen täglichen Herausforderungen führen.“

So funktioniert die Familienhilfe

Familienhilfe, Elternschule, Erziehungsberatung Wie Petra Schuhmann vom FiM Regionalteam erklärt, kommen bei einem Antrag auf Familienhilfe auch andere Maßnahmen in Frage: die Elternschule, eine Erziehungsberatung oder andere Sozialraumressourcen. „Wir arbeiten mit der Familie an Zielen, die sie selbst benannt haben. Es geht nicht darum, was andere denken, was für die Familie gut wäre“, betont sie.

Wir betrachten immer das ganze Familiensystem, denn wenn einer etwas an seinem Verhalten verändert, verändert sich automatisch auch das der anderen.

Petra Schuhmann, Sozialpädagogin bei Familien im Mittelpunkt

Dabei spielen auch die Großeltern, gute Freunde oder der Sportverein der Kinder eine Rolle. „Wir betrachten immer das ganze Familiensystem, denn wenn einer etwas an seinem Verhalten verändert, verändert sich automatisch auch das der anderen“, sagt Petra Schuhmann. Nach einem Beispiel gefragt, erklärt sie: „Wenn sich ein Kind unangemessen, aggressiv, störend verhält und dafür viel Beachtung bekommt, wird es dieses Verhalten immer weiter zeigen. Das zu drehen ist harte Arbeit, die den Eltern abverlangt wird. Wir üben mit ihnen, positives Verhalten zu loben und nicht mehr auf das unerwünschte Verhalten anzuspringen, sondern klare Ansagen zu machen und auch gleich die Konsequenz zu benennen, die sich auf das Verhalten bezieht. Das ist fast immer der schwierigste Teil. Viele sind gewohnt zu strafen. Aber was helfen 14 Tage Hausarrest für ein nicht aufgeräumtes Zimmer? Da bestrafen sich die Eltern nur selbst“, sagt sie und stellt klar: „Letztendlich sind die Eltern immer noch die besten Experten für ihre Kinder. Wir begleiten sie nur auf ihrem Weg.“

*Name von der Redaktion geändert

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