Naturschutz

Naturschützer fordern mehr Grenzen für Wassersport

Naturschützer fordern mehr Grenzen für Wassersport

Naturschützer fordern mehr Grenzen für Wassersport

Frank Jung/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Immer mehr Einheimische und Touristen begeistern sich für die Trendsportart Standup-Paddling. Foto: Helmuth Möller

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Corona-Zeit lässt Standup-Paddling & Co saisonunabhängig boomen – zum Nachteil von Vögeln.

Der Naturschutzbund (Nabu) fordert Einschränkungen für den Individualsport auf Flüssen, Seen und vor Teilen der Küste. Als Anlass nennt Geschäftsführer Ingo Ludwichowski, „dass die Freizeitnutzung der Gewässer massiv zugenommen hat“. Es gebe kaum mehr eine Winterpause, beobachten Ludwichowski und Mitglieder seines Vereins. „Das ist besonders kritisch. Die vielen Zugvögel, die aus Skandinavien und Russland zum Überwintern zu uns kommen, und auch die Arten, die ganzjährig hier bleiben, werden aufgescheucht und können sich dann nirgendwo verstecken.“

Ruf nach Einschränkungen für 46 EU-Vogelschutzgebiete

Insbesondere einen Boom des Standup-Paddling (SUP) machen die Kritiker aus, nehmen aber auch saisonunabhängig stärkeres Kanufahren, Surfen und Kitesurfen wahr. Als Ursache für den Drang aufs Wasser sieht Ludwichowski die Pandemie. Individualsport biete die Chance, sich kontaktlos zu bewegen. „So kommen auch Leute in die Natur, denen die Erfahrung damit fehlt“, sagt Ludwichowski. Mindestens für die Wasserflächen der 46 EU-Vogelschutzgebiete im Land verlangt er deshalb ein Befahrensverbot von Mitte Oktober bis Ende März. Für andere Jahreszeiten sollten die Behörden prüfen, ob an besonders belasteten Orten die Bewegungsfreiheit teilweise beschränkt werden müsse. EU-Vogelschutzgebiete sind zum Beispiel die komplette Schlei, die Eider-Treene-Sorge-Niederung, Teile des Westensees oder die Unterelbe bei Wedel.

Wer beim Wassersport gerne die Natur genießt, sollte auch ein besonderes Verständnis dafür haben, wie schützenswert sie ist und sich dementsprechend verhalten.

Jan Philipp Albrecht (Grüne), Umweltminister

Auch im Umweltministerium registriert man, „dass die Nutzung der Gewässer durch Wassersport nicht zuletzt im Zuge der Corona-Krise weiter zugenommen hat. „Dabei werden auch immer wieder Störungen von sensiblen Bereichen oder in sensiblen Zeiten, etwa zu Brutzeiten, festgestellt“, so ein Sprecher. Minister Jan Philipp Albrecht appelliert: „Wer beim Wassersport gerne die Natur genießt, sollte auch ein besonderes Verständnis dafür haben, wie schützenswert sie ist und sich dementsprechend verhalten.“ Ein pauschales Nutzungsverbot in Vogelschutzgebieten im Winterhalbjahr hält der Grünen-Politiker jedoch für „nicht angemessen und auch nicht notwendig“.

Kontakt-Problem zu unorganisierten Individualisten

Die Sprecherin des Landeskanuverbands, Angelika Martin, bestätigt die Zunahme von Wassersport im Winter und allemal im Sommerhalbjahr den Boom beim SUP. Auch aufblasbare Ausrüstung, die sich mit den Ausmaßen nur eines Rucksacks transportieren lasse, trage zu dem Aufschwung bei. Martin betont, „dass naturgerechtes Verhalten in unseren Vereinen einen hohen Stellenwert genießt“. Einschränkungen für organisierte Sportler lehnt sie deshalb ab. Das Haupt-Problem sei, dass die Masse der neuen Individualsportler unorganisiert und deshalb schwer aufzuklären sei – eine Sicht, die Albrecht und Ludwichowski teilen.

Indes ist der 2017 hart errungene Kitesurf-Kompromiss für den Nationalpark Wattenmeer noch immer nicht in Kraft.

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Kristian Pihl Lorentzen
„Hærvejsmotorvejen som grøn energi- og transportkorridor“