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Irre Idee: Dirk Ketelsen aus Reußenköge baut Schwimmbad im Windrad

Irre Idee: Dirk Ketelsen aus Reußenköge baut Schwimmbad im Windrad

Dirk Ketelsen aus Reußenköge baut Schwimmbad im Windrad

Katharina Wimmer/shz.de
Reussenköge
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Die Triathletinnen Ann-Christin Reißberg (v.l.) und Eike Duus beim Schwimmtraining im Windrad. Foto: Volkert Bandixen

Dirk Ketelsen baut sein firmeneigenes Schwimmbad in einem Windrad und bietet Sportlern besondere Trainingsstätte.

Hallenbäder sind wegen Corona seit November geschlossen. Freizeitschwimmer und Profisportler stellt dies vor eine große Herausforderung. Denn im Winter ist die Nordsee keine wirkliche Alternative für das Becken. Viele müssen daher aus der Not pausieren.

Eine Zwangsruhezeit gönnen sich die Triathletinnen Eike Duus (37) und Ann-Christin Reißberg (34) im Moment nicht. Die beiden sind mitten in den Vorbereitungen für den Ostseeman, der am 1. August in Glücksburg stattfinden soll.

Mit ihrer Staffel vom Team Dirkshof wollen sie ihren Titel von 2019 auf der Langdistanz verteidigen. Insgesamt 3,8 Kilometer müssen sie schwimmen, 180 Kilometer Fahrradfahren und einen Marathon laufen. Dafür müssen die Triathletinnen in Topform sein.

Das Triathlon-Training muss weitergehen

Alle Disziplinen werden gemäß eines Trainingsplans akribisch geübt. „Morgens fahre ich mit dem Rad zur Arbeit und an manchen Abenden kommen noch 60 bis 80 Kilometer Übungsstrecke hinzu“, erzählt Duus. Im Winter sei dies natürlich anders. So gebe es beispielsweise nur an drei Abenden die Woche zwischen 30 bis 60 Kilometer Fahrradfahren auf der Rolle. Neben regelmäßigem Lauftraining habe sie vor Corona die Schwimmtechnik und -ausdauer drei bis viermal die Woche in ihrem Sportverein „Fri Ööwingsflosse“ geübt. Seit neuestem geht sie zusammen mit ihrer Sportkollegin Duus in das firmeneigene Schwimmbad. So kann sie sich fit halten und weiter an ihrer Technik arbeiten.

Die beiden Triathletinnen Eike Duus (v.l.) und Ann-Christin Reißberg sind in ihrem Element. Foto: Volkert Bandixen

Ihr Vorgesetzter Dirk Ketelsen (68), Inhaber und Geschäftsführer des Dirkshofs und selbst passionierter Schwimmer, baute sich aus medizinischen Gründen diese Trainingsstätte. Schwer verletzt überlebte der Unternehmer 2016 einen schweren Flugzeugabsturz aus 700 Metern Flughöhe in den schottischen Highlands. „Ich war halb skalpiert. Ein Auge war offen, meine Füße waren beide gebrochen und mussten versteift werden“, erzählt Ketelsen. Lange Zeit saß er im Rollstuhl. Dank der Krankengymnastik wurde er wieder mobil. Schmerzen plagten ihn jedoch weiterhin. Nur das Schwimmen habe ihm eine Erleichterung gebracht. Und so entstand die Idee von einem eigenen Schwimmbad. Das Baumaterial und die Umsetzung blieben vorerst unklar. 

Denn ein Turm einer Windkraftanlage ist doch in seiner Form fast schon wie eine Schwimmbahn. Dirk Ketelsen, Inhaber und Geschäftsführer vom Dirkshof

Als im Bürgerwindpark Reußenköge eine Pioniermühle abgebaut wurde, war der Rohstoff gefunden. „Denn ein Turm einer Windkraftanlage ist doch in seiner Form fast schon wie eine Schwimmbahn. Und da ich 25 Prozent an der Mühle hielt, konnte ich den Turm zum Stahlpreis abkaufen“, erzählt Ketelsen. Seine Idee brachte er zu Papier und reichte die Handzeichnung beim Bauamt des Kreises Nordfriesland ein. Mit der Genehmigung kontaktierte der Unternehmer für erneuerbare Energien Baufirmen. „Mir dauerte das alles zu lange. Ich wollte schnell loslegen“, erzählt Ketelsen.

Ausrangiertes Windrad findet neue Nutzung

Schließlich fiel der Startschuss. Eine Wanne wurde gegraben, die das neue Schwimmbecken isoliert. Der Turm wurde mit der ursprünglichen Eingangstür nach oben in die Wanne gelassen. In die Tür kam ein Oberlicht, das die Schwimmbahn mit Tageslicht füllt. Daran angrenzend entstanden Aufenthaltsräume mit Duschen, Ruhesessel und Umkleiden sowie ein Technikraum unter anderem für die Lüftungsanlage. „Das Wasser wird mittels Erdwärme geheizt, sodass wir eine gleichbleibende Temperatur von 28 Grad haben“, sagt Ketelsen. Damit das Schwimmbad keimfrei bleibt, werden spezielle Salze hinzugefügt. Ein Roboter, ähnlich einem Rasenmäher-Roboter, sucht mit seinen Sensoren regelmäßig die gesamte Röhre nach Schmutz ab. Dabei wird auch gleich das Wasser umgewälzt. „Manchmal schwimmen wir mit ihm um die Wette. Das ist echt witzig“, erzählt Duus.

Eike Duus (v.r.) und Ann-Christin Reißberg sind trotz Lockdowns in ihrem Windrad-Schwimmbad. Foto: Volkert Bandixen

Nach acht Monaten war der Bau im Mai 2017 fertig und das Wasser konnte in das Schwimmbecken gelassen werden. 25 Meter lang und zwei Meter tief, liegt der einstige Turm nun in seiner neuen Nutzungsform auf nordfriesischem Grund. Eine halbe Million investierte der Unternehmer in sein Vorhaben auf dem eigenen Firmengelände. 

„Das Wasser wird mittels Erdwärme geheizt, sodass wir eine gleichbleibende Temperatur von 28 Grad haben“ Dirk Ketelsen, Inhaber und Geschäftsführer vom Dirkshof

Genau wie ihre Sportkollegin Reißberg ist auch Duus total begeistert. Fast täglich schwimmen sie 2,5 Kilometer. Das sind 100 Bahnen im Windrad. Doch an eines habe man beim Bau nicht gedacht: Das Ende einer Schwimmbahnlinie wird immer mit einer Auftauchmarkierung in Form eines Querstreifens und ausreichendem Abstand zur Stirnwand eines Beckens gekennzeichnet. Im Windrad habe der Maler allerdings den Abstand zur Turmwand nicht korrekt kalkuliert. So stoße man sich regelmäßig bei der Rollwende den Kopf. Nach ersten Beulen wissen die Sportlerinnen allerdings Bescheid und müssen heute sogar über diesen Fauxpas des Handwerkers lachen.

Ein absoluter Mehrwert für die Triathletinnen ist das neue Becken allemal. Denn das Schwimmen im Windrad fühle sich so an, als würde man im freien Meer schwimmen. Im Gegensatz zum Hallenbad brechen sich im Windrad die Wellen nicht an der Seite. „Das ist sehr unruhiges Wasser, aber für uns perfekt“, sagt Duus.

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