Wildvögel

Im Corona-Lockdown entdecken viele die Natur vor der eigenen Haustür

Im Corona-Lockdown entdecken viele die Natur vor der eigenen Haustür

Im Corona-Lockdown entdecken viele die Natur vor der Haustür

Doris Smit/sb/shz.de
Kappeln
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Eine Kohlmeise und ein Grünfink, von denen es immer weniger Exemplare gibt. Foto: Pleul, dpa

Während der Corona-Pandemie hatten die Menschen mehr Zeit, um einem besonderen Hobby nachzugehen: Sie zählten Vögel.

„Das ist eine super Sache“, sagt Dagmar Struß, stellvertretende Vorsitzende des Nabu-Landesverbands. In der ersten Januarwoche hatte der Nabu zum Mitmachen an der Aktion „Stunde der Wintervögel“ auf gerufen. Jetzt freut man sich beim Nabu Schleswig-Holstein über eine Verdopplung der Teilnehmerzahlen zum Vorjahr. „Die Menschen haben in diesem Jahr viel Zeit“, vermutet Struß diesen Boom. In Schleswig-Holstein haben 13.514 Teilnehmer 327.121 Vögel aus 8938 Gärten und Parks gemeldet, im Vorjahr waren es nur 6758 Vogelfreunde.

So werden die Ergebnisse von Deutschlands größter wissenschaftlichen Mitmachaktion noch aussagekräftiger.

Ingo Ludwichowski, Nabu-Biologe

„Wir freuen uns über die anhaltend hohen Teilnehmerzahlen und das große Interesse an der heimischen Vogelwelt“, so Nabu-Biologe Ingo Ludwichowski. „So werden die Ergebnisse von Deutschlands größter wissenschaftlichen Mitmachaktion noch aussagekräftiger. Sicherlich hat auch der Corona-Lockdown dazu beigetragen, dass mehr Menschen ihr Interesse für die Natur vor der eigenen Haustür entdecken. Aber den Vögeln hilft es in jedem Fall, wenn sich immer mehr Menschen für die Natur vor ihrer Haustür engagieren.“

34,5 Vögel pro Garten

Nicht zugenommen haben allerdings die Vogelzahlen: „Die Gesamtzahl von 34,5 Vögeln pro Garten stellt den zweitniedrigsten Wert seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 dar, zwölf Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt“, so Nabu-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. „Nur im Januar 2017 waren die Zahlen noch etwas niedriger. Auch damals fehlten besonders die typischen Futterplatzbesucher, nämlich sämtliche Meisenarten, Kleiber, Gimpel und Kernbeißer – alles Arten deren Winterbestände auf den Zuzug von Artgenossen aus dem Norden angewiesen sind. Dieser ist im bis kurz vor der Zählung europaweit sehr milden Winter wohl teilweise ausgeblieben.“

Rekordwerte erreichten dagegen Standvogelarten wie Haussperling und Stadttaube sowie Arten, die grundsätzlich mildere Winter bevorzugen, wie Rotkehlchen und Ringeltaube. „Seit 2011 nehmen die Winterbestände von Vogelarten, die auf Zuzug aus dem Norden und Osten angewiesen sind, ab. Im Winter standorttreue Arten und solche, die teilweise von uns nach Süden ziehen, zeigen dagegen stabile oder gar wachsende Winterbestände“, so Lachmann. Dies sei Ausdruck einer Entwicklung, die mit einigen harten Wintern begann und zuletzt eine lange Reihe milder Winter aufwies. Je milder der Winter, desto geringer die Neigung der Vögel in wärmere Regionen im Süden und Westen auszuweichen.

Abwärtstrend beim Grünfink

Ein besorgniserregend schwaches Ergebnis, das nicht mit dem Wetter erklärt werden kann, liefert der Grünfink. Sein Abwärtstrend setzt sich unverändert fort. In diesem Jahrl wurden nur noch 0,9 Grünfinken pro Garten gemeldet. Damit gibt es heute nur noch ein Viertel der Grünlinge, die 2011 noch die Gärten bevölkerten. Als Ursache gelten vor allem Infektionen an sommerlichen Futterstellen.

Niedrige Zahlen bei der Blaumeise

Die fünf am häufigsten gemeldeten Arten waren Haussperling, Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. Die Amsel erholt sich weiter langsam von ihren Tiefstwerten nach der schweren Usutu-Epidemie des Sommers 2018. Besonders niedrig waren dagegen die gemeldeten Zahlen der Blaumeise, wobei unklar bleibt, ob fehlender Zuzug aus dem Norden oder die Folgen einer Bakterien-Epidemie im vergangenen Frühjahr die Hauptursache dafür ist.

Also gern auch an Pflanzen denken, die Insekten anlocken. Denn wenn Insekten da sind, geht es auch den Vögeln gut.

Dagmar Struß, Nabu Ostangeln

Die Blaumeise füttert ihre Jungen ausschließlich mit Insekten, darauf weist Dagmar Struß hin. Wer also nun bald plant, den Garten auf den Vorfrühling vorzubereiten, solle gern Vogelhäuschen aufhängen, aber dabei nicht vergessen, wie wichtig – auch für die Vögel – eine gute Insektenpopulation ist. „Also gern auch an Pflanzen denken, die Insekten anlocken. Denn wenn Insekten da sind, geht es auch den Vögeln gut.“ 

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