BETRUGSPROZESS

Richterin hält Notlage des Angeklagten für ein Märchen

Richterin hält Notlage des Angeklagten für ein Märchen

Richterin hält Notlage des Angeklagten für ein Märchen

Arndt Prenzel/shz
Niebüll
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Kommt auch hierzulande immer wieder vor: Betrug auf Verkaufsplattformen wie Ebay. Foto: Inga Kjer

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Beinahe schon ein Klassiker bei kriminellen Machenschaften im Online-Handel: arglosen Interessenten Dinge andrehen, die man gar nicht besitzt. Nicht der erste Fall hierzulande.

Auch wenn das Leben jahrelang auf der schiefen Bahn verlief, kann es einen Neuanfang geben. Zu diesem Befund kamen Staatsanwältin, Richterin und Verteidiger fast einmütig, als es um die Strafzumessung für einen 45-jährigen Serienbetrüger ging. 

Kassiert, aber nicht geliefert 

Der Mann hatte im Jahr 2020 bei Ebay gewerbsmäßig Gegenstände verkauft, die er gar nicht besaß und demzufolge auch nicht auslieferte. 

 

 

 

Der Täter, der inzwischen einer festen Arbeit nachgeht, bereute seinen Taten, und versicherte glaubhaft, den Schaden wieder gutzumachen. 

Urteil rechtskräftig 

Es wurde wegen schweren Betrugs in vier Fällen eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten, bei einer dreimonatigen Bewährungszeit, ausgesprochen. Das Urteil wurde sofort akzeptiert und ist somit rechtskräftig. 

Kriminelle Karriere 

Im Mittelpunkt der Verhandlung stand das kriminelle Verhalten des Mannes in den vergangenen Jahrzehnten. Schon mit Anfang 20 hatte der Nordfriese wegen Betruges in der Justizvollzugsanstalt Neumünster eingesessen. 

Die Zeit hatte er für eine Ausbildung genutzt, jedoch musste weniger Jahre später wieder ins Gefängnis. 

Strafregister 

Richterin Anna Maaß ersparte es sich, alle 13 Einträge zu verlesen. Immer wieder ging es um Betrug oder das Erschleichen von Leistungen. Zumeist war der Angeklagte mit Geldstrafen davongekommen. 

Als Begründung für seine jüngsten Taten in der Abfolge von wenigen Monaten gab der Mann an, aus Not gehandelt zu haben. 

Geldnot 

Er habe schlichtweg kein Geld gehabt, um Fahrkarten zu bezahlen oder seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zahlungen vom Sozialamt hätten sich verzögert, seine zweite Ehefrau habe ihm nichts gegeben. 

 

Diese Schilderung erschien der Richterin als nicht glaubhaft. Es gebe immer Möglichkeiten gebe, sich finanzielle Mittel zu besorgen. Zudem habe es die Ankündigung einer Zahlung vom Amt gegeben. „Es gab keine echte Not.“ 

Verteidiger stellt es anders dar 

Der Verteidiger verwies an dieser Stelle darauf, dass sein Mandant dazu nicht in der Lage sei. Dieser sei wenig durchsetzungsfähig, ziehe sich bei Auseinandersetzungen eher zurück. 

Der Rückfall in kriminelles Verhalten habe aufgehört, nachdem die Zahlung vom Amt kam und später eine feste Arbeit in Aussicht stand. 

Zugunsten des Angeklagten 

Dem Angeklagten wurde neben dem vollumfänglichen Geständnis positiv angerechnet, dass er sich zuvor zehn Jahre lang nichts hatte zuschulden kommen lassen. 

Ein positives Arbeitszeugnis untermauerte die guten Absichten des Mannes, der nun die Beziehungen zu seinen Kindern aus der ersten Ehe wieder aufbauen will. 

 

Ein fester Arbeitsplatz und ein geregeltes Gehalt sollen der Garant dafür sein, dass der Angeklagte den finanziellen Schaden selbst wieder gutmacht. 

Damit dies klappt, hat Richterin Anna Maaß dem Verurteilten einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Schließlich müssten noch weitere Schulden zurückgezahlt werden.

 

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