Sexueller Missbrauch

Mädchen am Smartphone in Falle gelockt und erpresst

Mädchen am Smartphone in Falle gelockt und erpresst

Mädchen am Smartphone in Falle gelockt und erpresst

Johana Suhr/shz.de
Rendsburg/Eckernförde
Zuletzt aktualisiert um:
Schnell konnte sich der Täter das Vertrauen des jungen Mädchens erschleichen. (Symbolbild) Foto: Imago Images/Panthermedia

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Eine Mutter aus dem Kreisgebiet musste erfahren, wie schnell die eigenen Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch werden können. Den Kontakt hatte sich der Täter über Social Media und einen Messenger erschlichen.

Fast jedes Kind besitzt heute ein Smartphone. Über Social Media und verschiedene Messenger wird gechattet, teilweise auch mit Unbekannten. So können sich Täter den Minderjährigen ohne das Wissen der Eltern nähern, fordern Nacktbilder von den Kindern – und erpressen damit im Anschluss die Opfer. Die Experten sprechen von Cybergrooming. 

Ein Fremder schreibt über Snapchat 

Plötzlich war sie selbst betroffen: Sarah W. (Name von der Redaktion geändert), Mutter von zwei Mädchen im Alter von zehn und zwölf Jahren, musste am eigenen Leib erfahren, wie schnell sexueller Missbrauch im eigenen Heim präsent ist. Es war ein Sonntagabend, als ihre jüngste Tochter Elina (Name von der Redaktion geändert) tränenüberströmt ins Wohnzimmer stürzte. „Er will immer mehr“, waren die Worte, die der Mutter das Blut in den Adern gefrieren ließ. Nach und nach fanden sie und ihr Mann im Gespräch mit den Kindern heraus, was passiert war.

 

 

Ihre ältere Tochter Marie (Name von der Redaktion geändert) wurde über das Chatprogramm „Snapchat“ von einem Fremden kontaktiert. Er schrieb ihr freundlich und es entwickelte sich ein ganz normaler Chat über Belanglosigkeiten. Auch die Frage nach ihrer Familie, speziell ob sie Geschwister habe, ließ die Zwölfjährige nicht aufhorchen. So schrieb sie dem Fremden, dass sie eine kleine Schwester habe, die der Mann dann über das Programm „addete“. Auch mit ihr begann er einen Smalltalk übers Handy. Auf seine Nachfrage hin, ob das Mädchen auch „Whatsapp“ habe, bejahte sie dies. Der Fremde schickte ihr seine Handynummer, über die das Mädchen ihn dann kontaktierte und für die weitere Kommunikation zu diesem Chatprogramm wechselte, das ohne Altersbeschränkung genutzt werden darf. 

Weitere Bilder werden erpresst 

Innerhalb weniger Stunden forderte er immer mehr Bilder, schließlich auch Nacktfotos des Kindes. Der Täter wusste genau, was er tat: So wies er die Minderjährige an, den Chatverlauf zu löschen, um seine Spuren zu verwischen und damit ihre Eltern nichts merkten. Das Mädchen befolgte die Anweisungen und wurde schließlich erpresst mit den Worten: „Ich sag alles deinen Eltern.“ Damit wurde das junge Mädchen zur Herausgabe weiterer Fotos gezwungen. 

Nach zwei Tagen konnte Elina schließlich nicht mehr und vertraute sich ihren Eltern an. Mutter Sarah W. war sprachlos über das Geschehene: „Normalerweise kontrollieren wir die Handys der Kinder regelmäßig. Jetzt haben wir es einen Tag lang nicht getan und schon passiert sowas.“ 

Täter konnte schnell ermittelt werden 

Die Familie erstattete Anzeige, die Kinder wurden noch am selben Abend von der Kriminalpolizei vernommen. Die Kripo handelte schnell, wertete die Handydaten aus und ermittelte als Täter einen 19-Jährigen. Er wird in Kürze dem Haftrichter vorgeführt mit der Anklage wegen sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen. Sarah W. ist es wichtig, andere zu warnen und die Kinder aufzuklären: „Jedes Kind kennt den Satz: Geh nicht mit Fremden mit. Aber was ist, wenn der Fremde sich digital deinem Kind nähert?", sagt sie. 

 

Oft werden die Kinder durch die Eltern nicht informiert, was sie in die sozialen Medien reinstellen dürfen und was nicht.

Sönke Petersen, Pressesprecher der Polizeidirektion Neumünster

 

Sönke Petersen, Pressesprecher der Polizeidirektion Neumünster, erklärt: „Oft werden die Kinder durch die Eltern nicht informiert, was sie in die sozialen Medien reinstellen dürfen und was nicht. Mittlerweile bekommen Kinder im Alter von acht bis neun Jahren ein Handy. Aufklärung ist sicher ein sinnvoller Schritt. Auch sollten sich Eltern über die Nutzungsbedingungen der Messangerdienste informieren vor dem Hintergrund, ab welchem Alter diese Dienste genutzt werden dürfen.“ 

Mutter fordert Aufklärung über Gefahren bereits in der Grundschule 

Der Schreck sitzt bei allen betroffenen Familienmitgliedern tief. Was wirklich geschehen ist, wurde der Familie auch noch einmal dadurch bewusst, dass die Mädchen bei der Polizei aussagen mussten. „Das gab nochmal einen oben drauf, dass die Sache echt nicht lustig ist“, verdeutlichte Sarah W. Zukünftig werden nur die nötigsten Apps auf den Handys ihrer Kinder installiert und abends müssen die Telefone bei den Eltern abgegeben werden. Außerdem hält die Mutter es für wichtig, dass das Thema „Umgang mit sozialen Medien und die Gefahren“ bereits in den Grundschulen thematisiert wird.

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