«Letzte Generation»

Scharfe Kritik an Klimaaktivisten nach Flughafen-Blockade

Scharfe Kritik an Klimaaktivisten nach Flughafen-Blockade

Scharfe Kritik an Klimaaktivisten nach Flughafen-Blockade

dpa
Berlin
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Ein Polizisten löst die Verklebung, mit der sich ein Klimaaktivist der Umweltschutzbewegung «Letzte Generation» geklebt hatte. Foto: Lennart Preiss/dpa/Symbolbild

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Die «Letzte Generation» hat mit der Aktion am BER Aufmerksamkeit erzeugt - wenige reden jedoch über den Kampf gegen den Klimawandel. Unterdessen kommen Klimaaktivisten in Bayern aus dem Polizeigewahrsam frei.

Auch zwei Tage nach der Blockade des Hauptstadtflughafens BER durch Klimaaktivisten reißt die Kritik an der Aktion nicht ab. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Samstag, dass er die Aktionen schlicht nicht nachvollziehen könne. «Sie sind nicht nur nicht verständlich, sondern auch hochgefährlich, wie man das zum Beispiel bei den Aktivitäten am BER hat genau sehen können», so der Kanzler beim Landesparteitag der SPD Brandenburg in Cottbus.

CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnete die Teilnehmer an der BER-Aktion als «kriminelle Straftäter». «Wir dürfen solche Vorkommnisse nicht bagatellisieren», sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) der «Märkischen Allgemeinen Zeitung». Der Rechtsstaat müsse und werde handeln - Details nannte er nicht. In München wurden alle Klimaaktivisten, die dort zuletzt noch in Gewahrsam waren, wieder auf freien Fuß gesetzt.

Aktivisten der Gruppe «Letzte Generation» hatten sich am Donnerstag Zugang zum Gelände des Hauptstadtflughafens BER verschafft und den Flugverkehr zeitweise lahmgelegt. Einige klebten sich auf dem Rollfeld fest. Das Landeskriminalamt Brandenburg ermittelt gegen sechs Aktivisten unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe sowie Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung.

Woidke sagte, spätestens mit der Aktion am BER sei eine Grenze überschritten worden. Die Aktivisten nähmen bewusst die Gefährdung von Menschen und Strukturen in Kauf, um Aufmerksamkeit für sich zu erzeugen. Damit werde dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes geschadet.

Merz: «Schwerste Straftaten»

Nach Ansicht von CDU-Chef Merz haben die Aktionen nichts mehr mit Demonstrationsrecht oder Meinungsfreiheit zu tun. «Das sind schwerste Straftaten, die das Ziel, wofür sie da angeblich auf den Flughafen gehen, diskreditieren», sagte er auf einem Parteitag der Berliner CDU. Die Gruppe, die zuletzt immer wieder auch Straßen blockiert hatte, erreiche das Gegenteil von dem, was sie eigentlich behaupte, erreichen zu wollen. Scholz sagte: «Ich habe auch nicht verstanden, was es dem Klima nutzt, wenn man Kunstwerke beschmiert. Insofern sollten sich die Beteiligten andere Aktivitäten überlegen als solche, die von fast niemandem in Deutschland akzeptiert werden.»

In Bayern wurden derweil 19 Aktivisten, die in München an Festklebeaktionen beteiligt waren, aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Man sei am Freitagnachmittag zu dem Schluss gekommen, «dass die Voraussetzungen für Gewahrsam nicht mehr vorliegen, sprich dass weitere Straftaten der in Gewahrsam Befindlichen zumindest aktuell nicht zu erwarten sind», sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums München. Die «Letzte Generation» hatte am Freitag angekündigt, zunächst auf weitere Aktionen in Berlin und München zu verzichten. Am Samstag teilte die Gruppe nun mit, dass der Protest am Montag, 5. Dezember, in München «mit mehr Menschen gegen das tödliche Weiter-so» wieder aufgenommen werde.

Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz können Bürger auf Grundlage einer richterlichen Entscheidung bis zu einen Monat lang festgehalten werden, um die Begehung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat zu verhindern. Dieser Zeitraum kann um maximal einen weiteren Monat verlängert werden.

Merz erinnerte daran, dass die Union im Bundestag Strafverschärfungen für derartige Aktionen vorgeschlagen habe, «auch unter Androhung von Gefängnisstrafen spätestens beim zweiten Mal». Er wisse, dass die meisten im Gefängnis nicht besser würden. «Aber die Zeit, in der sie da sitzen, ist draußen Ruhe.» Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft empfahl den von der Aktion am BER betroffenen Unternehmen und Passagieren, ihren Schaden gegenüber der Gruppe «im Wege von Schadensersatzforderungen geltend zu machen».

Weitere Reaktionen

Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (beide FDP) haben Klimaaktivisten nach der Blockade des Hauptstadtflughafens BER erneut kritisiert. «Wer gewaltsam einen Zaun zerschneidet, auf ein Flugfeld eindringt und dort den Flugverkehr behindert, macht sich in mehrfacher Hinsicht strafbar», sagte Buschmann der «Bild am Sonntag». «Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzungen hat in der Demokratie nichts verloren.»

Nach der Lahmlegung des Flughafens sei es «dreist» von den Aktivisten, vor neuen Protesten mit mehr Schlagkraft zu drohen, sagte Wissing dem Blatt. Er mahnte erneut eine Aufarbeitung des Vorfalls am Donnerstag an. «Es muss genau untersucht werden, wie die Aktivisten in den Sicherheitsbereich gelangen konnten.Linken-Chef Martin Schirdewan warb dafür, das Anliegen der Klimaaktivisten ernst zu nehmen. «Mir geht es darum, dass wir über das eigentliche Problem reden und das ist der Klimawandel, das ist, dass wir als Gesellschaft in die Klimakatastrophe marschieren», sagte er im Deutschlandfunk. Die Aktivistinnen und Aktivisten griffen zu «drastischen Mitteln», die ihn selbst teils nervten. Letztlich sei ziviler Ungehorsam aber «ein wichtiger Bestandteil tatsächlich auch der politischen Kultur, solange niemand zu Schaden kommt». Es brauche keine Verschärfung des Strafrechts.

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