Öko-Strom

Massiver Nachschlag für die Windkraft

Massiver Nachschlag für die Windkraft

Massiver Nachschlag für die Windkraft

Frank Jung/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Marcus Alwes

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Erneuerbare-Energien-Branche fordert, die Stromproduktion aus Wind in SH bis 2030 mehr als zu verdoppeln - mit Folgen für die Fläche.

Eigentlich hat das Land nach mehr als fünfjährigem Ringen gerade erst die Planung abgeschlossen, wo künftig in Schleswig-Holstein Windkraftanlagen stehen dürfen. Das soll reichen für das Ziel der Jamaika-Koalition, ab 2025 pro Jahr zehn Gigawatt Strom aus grünen Quellen zu decken. Doch bereits jetzt fordert die Erneuerbare Energien-Branche über die bisherigen Beschlüsse hinaus einen weiteren massiven Ausbau der Erzeugung von Strom aus Wind, Sonne und Biomasse. 

Es ist der Zeitpunkt gekommen, die Ausbauziele bis 2030 zu definieren.

Marcus Hrach, Bundesverband Windenergie

„Es ist der Zeitpunkt gekommen, die Ausbauziele bis 2030 zu definieren“, sagte Marcus Hrach, Landesgeschäftsstellen-Leiter des Bundesverbands Windenergie (BWE), im Vorfeld des virtuellen Jahresempfangs seiner Branche am Abend. 270 Gäste hatten sich für die digitale Begegnung zusammengeschaltet.

Windkraft-Leistung bis 2030 mehr als verdoppeln

Hach hält es für nötig, dass Schleswig-Holstein in zehn Jahren eine Windkraft-Leistung von 28 Terrawatt-Stunden aufbietet. Das wären mehr als doppelt so viel wie derzeit mit rund zwölf Terrawatt-Stunden. Anders lasse sich die für den Klimaschutz nötige Dekarbonisierung weiter Lebensbereiche nicht erreichen. Der BWE-Vertreter leitet die Größenordnung ab aus einem Gutachten des Fraunhofer-Instituts im Auftrag des Kieler Energiewendeministeriums. Das Papier wiederum orientiert sich an dem Klimaziel, bis 2050 einen So-Gut-Wie-Komplett-Verzicht auf CO2-haltige Energieträger und Atom zu erreichen.

Fabian Faller, Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien, setzte auf der selben Grundlage eine andere Zielmarke in die Welt: Zu 1,2 Gigawatt Zubau pro Jahr für Öko-Energien gleich für 30 Jahre solle sich die Landespolitik verpflichten. Für das Jahr 2030 stellt er sich eine Verteilung von 15 Gigawatt auf Windkraft, zwölf auf Photovoltaik und ein Gigawatt auf Biogas vor. Faller argumentiert:

Je länger wir mit dem Ausbau warten, desto stärker müssen die Zahlen angehoben werden, um schon heute entstehende Klimaschäden zu kompensieren.“

Fabian Faller, Landesverband Erneuerbare Energien

„Je länger wir mit dem Ausbau warten, desto stärker müssen die Zahlen angehoben werden, um schon heute entstehende Klimaschäden zu kompensieren.“

Beide Experten tun sich schwer damit, den Platzbedarf ihrer Forderungen zu beziffern. Dies hänge stark vom technologischen Fortschritt ab. Etwa von der durchschnittliche Leistung von Rotoren in der Zukunft und von Einschränkungen des Betriebs durch Naturschutz, Schallschutz und Netzmanagement. All das wirke sich erheblich darauf aus, wie viele Terrawatt-Stunden Strom man aus einem Gigawatt installierter Leistung erzeugen könne.

Vorsichtig geschätzt: Ein Viertel mehr Fläche als bis jetzt beschlossen

Hrach geht vorsichtig geschätzt davon aus, dass für die von ihm verlangten 28 Terrawatt-Stunden 2,55 Prozent der Landesfläche benötigt würden. Derzeit hat die Landesregierung zwei Prozent der Landesfläche für Rotoren vorgesehen. Hrach erläutert: Ausgangspunkt sei die Einschätzung des Landes, dass es gelingt, nach der aktuellen Regionalplanung auf zwei Prozent der Landesfläche zehn Gigawatt installierte Leistung und damit 22Terrawatt-Stunden zu erreichen.

Zwar rechnet der BWE-Repräsentant auch künftig mit Widerstand gegen neue Windkraftanlagen „im konkreten Einzelfall“. Jedoch glaubt er, dass „das Risiko von Kritik immer geringer wird“. Er begründet das damit, „dass die Klimakrise immer anfassbarer wird“. Hrach sieht es auch als Job seiner Branche, die Menschen beim weiteren Ausbau kommunikativ und transparent mitzunehmen. Vor allem aber sei es „eine politische Aufgabe, den Menschen die Notwendigkeit zu erklären“. Schließlich handle es sich beim Ausstieg aus Kohle und Atomkraft um „ein gesellschaftlich weitgehend einhelliges Ziel“.

Zustimmung vom grünen Energiewendeminister

Auch für Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) ist klar: „Für 2030 und 2040 müssen in jedem Fall weitergehende Ausbauziele festgelegt werden.“ Das gelte für die Landes- wie für die Bundesebene. „Schon jetzt ist klar, dass es zur Dekarbonisierung aller Sektoren deutlich mehr Erneuerbare Energien erfordern wird, als bislang vorgesehen.“ Jedoch: „Damit solche Ziele denkbar werden, braucht es aber eine Anpassung des Rechtsrahmens und der Finanzierung für die Erneuerbaren Energien auf Bundesebene.“

Mehr lesen