Umweltschutz

Gespaltene Meinungen zu Insektenschutzplänen des Bundes

Gespaltene Meinungen zu Insektenschutzplänen des Bundes

Gespaltene Meinungen zu Insektenschutzplänen des Bundes

Henning Baethge/shz.de
Kiel/Berlin
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Das Versprühen von Pflanzenschutzmitteln soll künftig stärker eingeschränkt werden. Foto: Patrick Pleul

Schleswig-Holsteins grüner Agrarminister Jan Philipp Albrecht begrüßt Berliner Beschlüsse – CDU und FDP üben Kritik.

Die Pläne der großen Koalition für einen besseren Schutz von Insekten haben in Schleswig-Holsteins Jamaika-Regierung sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während der grüne Umwelt- und Agrarminister Jan Philipp Albrecht das Gesetzespaket von SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze und CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner begrüßte, kam aus den Landtagsfraktionen von CDU und FDP deutliche Kritik.

Das umstrittene Glyphosat wird ab Anfang 2024 verboten

Schulze und Klöckner hatten zuvor die Reformen vorgestellt, auf die sich das Kabinett in Berlin nach langem Ringen geeinigt hat. So beschloss die Bundesregierung eine Änderung des Naturschutzgesetzes und eine neue Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, in der unter anderem das Verbot des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ab Anfang 2024 endgültig festgeschrieben wird. An Gewässern sollen künftig zudem keine Pflanzenschutzmittel in einem Abstand von zehn Metern und weniger eingesetzt werden dürfen. Wird die Abstandsfläche dauerhaft begrünt ist, reichen auch fünf Meter Abstand. Und: Landwirte sollen für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel belohnt werden.

Außerdem sind noch weitere Maßnahmen geplant. So sollen typische Lebensräume für Insekten wie artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern künftig als Biotope geschützt und gefördert werden. Die Lichtverschmutzung soll verringert werden – also etwa Straßenlampen, die die Orientierung von nachtaktiven Insekten oder Vögeln stören, schrittweise durch naturfreundlichere Leuchtmittel ersetzt werden.

Es ist gut, dass die Bundesregierung nach langer Hängepartie nun endlich Planungssicherheit beim Insektenschutz geschaffen hat.

Jan Philipp Albrecht, Umwelt- und Agrarminister in Schleswig-Holstein

Der Kieler Agrarminister Albrecht zeigte sich grundsätzlich einverstanden mit den Plänen. „Es ist gut, dass die Bundesregierung nach langer Hängepartie nun endlich Planungssicherheit hinsichtlich der neuen Anforderungen beim Insektenschutz geschaffen hat“, sagte der Grünen-Politiker unserer Zeitung.

Dagegen nannte CDU-Agrarpolitiker Heiner Rickers die Beschlüsse aus Berlin „kontraproduktiv für die Natur“, weil sie „nachhaltig das Vertrauen der Bauern in eine verlässliche Politik zerstören“ würden. Die Änderungen seien daher „noch nicht das letzte Wort“. FDP-Agrarpolitiker Oliver Kumbartzky nannte das Reformwerk einen „faulen Kompromiss“ und bemängelte, dass „die Bundesregierung der Landwirtschaft den Schwarzen Peter zuschiebt, ohne zu definieren, was genau durch das wissenschaftlich nicht fundierte Gesetzespaket erreicht werden soll“. Auch aus der Landwirtschaft kam harte Kritik. Die Pläne aus Berlin würden „die Existenzgrundlage vieler Bauernfamilien gefährden“, warnte der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied.

Die beschlossenen Änderungen sind noch nicht das letzte Wort.

Heiner Rickers, CDU-Landtagsabgeordneter und Agrarexperte

Die neuen Regelungen müssen noch durch Bundestag und Bundesrat und sind in der Länderkammer teils zustimmungspflichtig. Sowohl Schulze als auch Klöckner zeigten sich trotz der Kritik zuversichtlich, dass das bis zur Sommerpause und damit rechtzeitig vor der Bundestagswahl im September gelingt. Der Bund sei den Ländern „sehr entgegengekommen“, sagte Schulze. Klöckner ergänzte, dass bereits geltende Ländervorschriften durch die neuen Regeln nicht in Frage gestellt würden.

Albrecht will auch Ordnungsgelder verschärfen

Wie Schleswig-Holstein sich im Bundesrat verhalten wird, ließ Minister Albrecht offen. Er machte aber deutlich, dass er die Gelegenheit nutzen will, um das Naturschutzgesetz noch in einem weiteren Punkt zu ändern: Er will Ordnungsgelder bei illegalen Eingriffen in die Natur deutlich erhöhen und künftig an der Umsatzhöhe von verantwortlichen Unternehmen bemessen können. Im Hinterkopf hat Albrecht dabei den Fall Möbel Höffner: Die Firma hat auf ihrem Baugelände in Kiel viel mehr Bäume und Gehölze zerstören lassen als erlaubt – doch die Strafe dafür ist bisher auf maximal 50000 Euro gedeckelt.

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